TV-Kritik

Sonntagabend gehört «Deville»

Michael Elsener war mit «Late Update» im Januar ganz ordentlich gestartet. Ich sah für ihn gute Chancen, am Sonntagabend nach dem «Tatort» abdrücken zu können. Im Frühjahr durfte dann auch Dominic Deville ins erste Programm. Seine (zu) verrückte Show am späten Freitagabend auf SRF 2 gefiel mir wenig. Doch Deville und sein Team hatten auf ihrem «Übungsplatz» viel gelernt. Und massiv zugelegt.

«Late Update» mit Parodist und Dauergrinser Elsener wurde in den letzten Wochen immer schwungloser, verkaufte oft schlechten Geschmack als Humor. Oder agierte mit stumpfem Dolch. Wie Late Night in der Schweiz funktionieren kann, zeigte Dominic Deville am Sonntag beim Start seiner neuen Staffel. Der Luzerner ist flinkzüngiger, neckischer, sprühender und weniger hämisch als der Zuger Elsener. Heisst: Deville ist humoriger – und der bessere Entertainer. Er streichelt Opfer und Zuschauer mit einem Säbel, versucht aber nicht, diese mit seinem Galgenhumor zu erdrosseln. Ein Glücksfall für die Comedy-Show: Sidekick Patrick Karpiczenko.

Satire darf alles, aber sie muss lustig sein. Amüsant der Auftritt von Poetry-Slammerin und Kabarettistin Lisa Eckhart. Die Österreicherin: «Ich bin gegen Abschiebungen, weil jeder abgeschobene Flüchtling bei einem Flug nach Aleppo eine Tonne CO2 bedeutet. Wenn Abschiebung, dann umweltfreundlich – zu Fuss und ohne Proviant.» Ulkig: Bundesrat Guy Parmelin mit Bondage-Maulkorb. Ebenso der Einspieler mit einer jungen Frau, die sich vor ihren Eltern als «bürosexuell» offenbart.

Als Gesprächsgast lud Deville seinen deutschen Kumpel Jan Böhmermann ein, der mit seinem «Neo Magazin Royale» auf ZDFneo in den letzten sechs Jahren in ganz Europa zum Star wurde (Staatsaffäre um Erdogan). Ab Januar darf er sich im Hauptprogramm des Mainzer Senders austoben. Böhmermann (Deville: «Die Helene Fischer der Politsatire») musste im neuen, bunteren Studio auf der unförmigen Talk-Couch Platz nehmen. Deville bezeichnet diese als «Schawinski-Gedenksofa». Er versuchte, den begnadeten TV-Satiriker zu «überreden», als SP-Präsident zu kandidieren. Böhmermann: «Schweizer finanzierten die AfD, die NZZ sorgt dafür, dass der richtige politische Spin in Deutschland ankommt. Da ist es doch nur fair, dass ich als Deutscher mich auch in die Schweizer Politik einmische.»

Schlussfolgerung: «Deville» ist um Längen besser, lustiger und viral tausendfach erfolgreicher als «Late Update». Auch für den Sender ein Trumpf. Wie früher mit «Giacobbo/Müller» braucht SRF nur eine Late-Night-Show. Sie kann nur «Deville» heissen.


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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Kommentare

  • Werner Gubser, 16.02.2020 22:02 Uhr
    ...und das soll lustig sein? Was Herr Deville am 16. Februar im SRF1 aufgeführt hat, war nur noch peinlich. Ich hatte Erbarmen mit ihm.
  • Edi Walther, 15.12.2019 23:46 Uhr
    säüte so glachet, oberguet
  • Benno Gasser, 19.11.2019 13:53 Uhr
    Deville ist witzig und schnell. Das gefällt. Deville ist Böhmermanns Bruder im Geiste.
  • Maja Schoch, 18.11.2019 15:54 Uhr
    Mehr noch, ich finde Deville sogar lustiger, frecher und unterhaltender, als es Giacobbo/Müller war. Deville ist ein Glücksfall für das Fernsehen SRF, für mich schon jetzt Kult. Die andere Sendung (Late Update) habe ich hingegen genau einmal geschaut, und dann nie mehr, weil zu langweilig, humor- und niveaulos. Kann man ersatzlos streichen, meiner Meinung nach.
  • Fibo Deutsch, 18.11.2019 11:23 Uhr
    Einverstanden!
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