Israel hat den Eurovision Song Contest gewonnen. Unsere Nachbarländer Österreich, Deutschland und Italien landeten in den Top Five. Und haben der Schweiz vorgemacht, wie es wirklich geht.
Es ist jedes Jahr dasselbe Lied. Die SRG schickt eine ganze Delegation zum Song Contest. Mit Interpreten, die chancenlos im Halbfinal ausscheiden. Diesmal reihte sich ein Aargauer Geschwisterpaar (Zibbz) bei den Verlierern ein (persoenlich.com berichtete). Gut möglich, dass die beiden der Schweiz damit am Samstag die Letztplatz-Schmach erspart haben. Vor dem Wettbewerb wurden in den Schweizer Medien über die Auserwählten auch heuer Zehntausende Zeichen sowie viele Fernsehstunden verschenkt. Und unrealistische Hoffnungen geweckt. Europa will die Schweiz nicht hören.
Kurt Aeschbacher durfte für eine Auftaktsendung auch diesmal mit einer Equipe ins Austragungsland (Portugal) reisen und an der Atlantikküste ein paar harmlose Geschichten einsammeln. Und selbstverständlich war auch «Glanz & Gloria» in Lissabon.
Die SRG will angeblich einen dreistelligen Millionenbetrag einsparen. Falls es ihr damit wirklich ernst ist, steigt sie nun aus und verzichtet künftig auf die teure ESC-Teilnahme. Nichts spricht dagegen, die Finalsendung jeweils dennoch zu übertragen. Der grösste Musikwettbewerb der Welt wird ohne die Schweiz überleben, auch wenn diese für das gigantische Spektakel ein willkommenes Geldgeberland ist.
Schrill, feurig, klassisch, exzentrisch – der ESC war erneut eine farbenfrohe Veranstaltung. Ob Anti-Kriegshymnen oder Schmuseballaden: Zu hören war starker Gesang, aber auch Interpreten, die mit dünner Stimme dick ins Geschäft kommen wollen. Die Songs, die nach Darmverschluss oder erkälteten Bachstelzen tönten, waren in den beiden Halbfinals ausgeschieden.
Die Israelin Netta (25), ein erfrischend verrücktes Huhn mit knallpinkem Outfit, war zusammen mit der zweitplatzierten Zypern-Kandidatin (von Kommentator Sven Epiney favorisiert) haushohe Favoritin. Netta polarisierte – und gewann überlegen mit dem gellenden Song «Toy». Dieser ist im Kontext der #MeToo-Bewegung zu verstehen («Ich bin nicht dein Spielzeug, du dummer Junge»). Schauerlich: Während des Auftritts der Britin SuRie («Storm») stürmte ein Flitzer auf die Showbühne. Er wollte der Sängerin das Mikrofon entreissen und brüllte rein.
Es war das zweite Mal seit 2015, dass vier Frauen den Wettbewerb mit rund 200 Millionen Zuschauern moderierten. Viele weitere Millionen Betrachter fehlten. In China konnte der ESC-Final diesmal nämlich nicht gesehen werden. Grund: Wegen Zensur hat der europäische Senderverbund EBU die Zusammenarbeit mit dem chinesischen Streamingdienst Mango TV per sofort beendet. Dieser hatte im ersten Halbfinal den irischen Beitrag nicht gezeigt, weil zwei Männer auf der Bühne tanzten und Händchen hielten. Solche TV-Bilder gleichgeschlechtlicher Liebe sind im Reich der Mitte verboten.
Zum Schluss noch dies: Sollte die Schweiz trotz Niederlagen am laufenden Band auch 2019 beim ESC antreten wollen, könnte sie es in Jerusalem mit ein paar singenden GC-Spielern versuchen. Diese verlieren zwar auch regelmässig, würden aber wenigstens 38 Punkte mitbringen.
TV-Kritik
Steigt endlich aus beim Song Contest!