TV-Kritik

Urs Gredig, übernehmen Sie!

Den SRF-«Club» hatte ich in den letzten Jahren grossräumig umzappt. Wie einer Grippe ging ich ihm aus dem Weg. Freiwillig verzichten ist übrigens auch beim Fernsehkonsum gesund und genussvoll. Ausserdem sind jene Zuschauer die glücklichsten, die viele Sendungen entbehren können.

Seit einer Weile kann sich die Sendung vereinzelt wieder lohnen. Wenn Franz Fischlin den «Medienclub» moderiert. Oder wenn Urs Gredig neuerdings Leiterin Karin Frei vertritt. Unter dem Titel «Weltpolitik ohne Kompass» lieferte Gredig am 13. Juni eine ergiebige Sendung ab. Unter den hochkarätigen Gästen: Moritz Leuenberger, Roger Köppel, Claude Longchamp, David Bossart (CEO Gottlieb Duttweiler Institut) sowie Stefanie Walter (Professorin für internationale Beziehungen Uni Zürich). Blitzgescheite Köpfe, gewiefte Diskussionsleitung und zufriedene Zuschauer, weil sie etliches erfahren haben.

Eine Woche später, am 20. Juni, war Karin Frei wieder dran. Ihr Thema: «Private Helfer, des Flüchtlings Glück?». Als TV-Kritiker muss man sich gelegentlich Sendungen antun, auf die man selbst bei Bettlägerigkeit und nur einem einzigen Programm im Angebot verzichten würde. Dies erst noch an einem herrlichen Sommerabend mit 27 Grad vor Mitternacht. Und im Gehör fröhliche Menschen, die fünfzig Meter entfernt eine Grillparty ausklingen lassen. So muss Gefängnis sein.

Frei liebt Betroffenheits-Fernsehen und himmelt Bedenkenträger an. Dazu Gutmensch-Themen wie obiges. Damit glasklar ist: Ich habe grossen Respekt vor Menschen, die freiwillig echten Flüchtlingen helfen! Der Schaffhauser Berufsschul-Rektor Ernst Schläpfer (ja, der Schwingerkönig) musste im «Club» eine geschlagene halbe Stunde ausharren, bis er mehr als drei Sätze sagen durfte. Er war spürbar genervt und gelangweilt. Und meinte irgendwann: «Wir müssen aufräumen in dieser Runde!» Ich mochte ihn schon immer, diesen offenen, geerdeten und klugen Mann. Auch Integrationsexperte Thomas Kessler gefiel mir in der Sendung.

Die Gesprächsleiterin änderte und kapierte nichts. Als Schläpfer von seinem Sportunterricht für Flüchtlinge (unter anderem Schwingen) berichtete, hatte sie nur ein müdes Lächeln übrig. Wenn es in der Diskussion mal um Geld und Kosten ging, blockte Frei sofort ab. Martina Bircher, Sozialvorsteherin von Aarburg, schilderte, dass eine vierköpfige Flüchtlingsfamilie in ihrer Gemeinde Monat für Monat 6000 Franken erhalte. Darum sei es so schwierig, viele von ihnen für einen Job zu motivieren. Auch das interessierte die Moderatorin des Höchstgebühren-Senders spürbar nicht. Aarburg hat übrigens die höchste Sozialhilfequote im Kanton Aargau.

Ich hatte es an dieser Stelle schon einmal geschrieben: Karin Frei kann es einfach nicht. Manche SRF-Journalistinnen und Journalisten bestätigen dies ohne vorgehaltene Hand. Und ich vermute mal, dass die Luzernerin als intelligente Frau selber von ihrem Unvermögen weiss.

Also, TV-Chefs: Lasst Urs Gredig ran und bietet Karin Frei intern einen anderen Job an. Vorschlag: Co-Moderatorin von Barbara Bürer in der «Nachtwach» nach Mitternacht (5000 bis 9000 Zuschauer). Frei müsste dabei nicht einmal den Sendetag wechseln.


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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KOMMENTARE

Andy Waldis
22.06.2017 13:29 Uhr
100% Touché, insbesondere was die Sendungsleiterin/Moderatorin betrifft.
Armin Keusch-Walter
22.06.2017 11:08 Uhr
Was ist an Köppel "hochkarätig"? Ich sehe kein Gold an ihm!
Nico Herger
22.06.2017 09:28 Uhr
Gab es das je bei SRF, dass jemand wegen Inkompetenz gehen musste? Es gibt dort nur zwei Szenarien: Man geht freiwillig, meistens direkt in Rente, oder man wird befördert.
Dieter Widmer
22.06.2017 07:59 Uhr
Ich gebe René Hildbrand recht. Karin Frei moderiert langweilig und führt die Diskussion nicht. Ich hatte ihre Stimme als angenehm empfunden, als sie auf SRF 1 die Morgensendung moderierte. Da liegt ihre Stärke, aber bestimmt nicht Diskussionen führen.
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