Die Wogen gehen momentan hoch. Am Montag hat die CVP Schweiz eine gross angelegte Onlinekampagne gestartet. Wer auf Google nach bestimmten Kandidierenden der nationalen Wahlen sucht, dem wird als erstes Suchresultat kandidaten2019.ch angezeigt – eine auf den ersten Blick harmlose Seite:
Beim Klick auf die Anzeige erscheint die Website in der jeweiligen Farbe der Partei des gesuchten Kandidaten – beispielsweise bei Christian Wasserfallen in FDP-blau, bei Roger Köppel in SVP-grün. Nach einigen Argumenten kommt der Hinweis «Zeigt mir lieber echte Lösungen». Die Seite entpuppt sich als CVP-Wahlkampagne.
Politiker nerven sich in den sozialen Medien über die CVP-Onlinekampagne – diese wird als «Schmutzkampagne» oder «Hetzkampagne» betitelt:
Verzweifelt, verzweifelter, CVP.
— Christian Wasserfallen (@cwasi) September 17, 2019
Die Hetzkampagne der @CVP_PDC ist wohl der letzte Strohhalm bevor sie von den Grünen überholt wird. Auch in der #Klimapolitik gilt: Lösungen statt Empörung: https://t.co/UJE3ZULcpj pic.twitter.com/5wwP1KsQTj
Die @CVP_PDC überzieht die Schweiz einer orchestrierten Social Media Schmutzkampagne. Die @CVP öffnet den Giftschrank und packt das Senfgas aus. Negative Evolution - unschweizerisch - So nicht! Anstand bleibt! @FDP_Liberalen @SVPch @Jungfreisinnige
— Marcel Dobler (@Marcel_Dobler) September 17, 2019
Wow! Die #cvp bricht neue Dämme mit Schmutzkampagne. SP-Kandis via Google-ads "beschuldigt" für höhere #Prämienverbilligung für Familien zu sein. Uii. Sie wollen uns damit schaden. Aber wisst ihr was? Bevor euch die Versicherungen kauften, habt ihr euch für Familien interessiert.
— David Roth (@DaRoth) September 16, 2019
Auch der Politikberater Mark Balsiger hat sich in die Diskussion eingeschaltet. Die CVP riskiere, dass mit der Kampagne eigene Leute demobilisiert werden, schreibt er auf Twitter:
Hoppla, #CVP greift in den verschiedensten Kantonen Kandis von anderen Parteien an - mit #GoogleAds. #negativecampaigning ist effektiv, wenn Anwürfe stimmen, sonst verpuffen die Attacken. CVP riskiert, dass damit eigene Leute demobilisiert werden. #Boomerang #WahlCH19 pic.twitter.com/2rZLiCfbD7
— Mark Balsiger (@Mark_Balsiger) September 17, 2019
Auch Politikwissenschafter Olivier Dolder bezeichnet das «wohl grösste digitale Negative Campaigning, das Schweizer Wahlen je gesehen haben» als «eine Hochrisikostrategie»:
Die @CVP_PDC lanciert das wohl grösste digitale Negative Campaigning, das Schweizer Wahlen je gesehen haben – und sie schiessen gegen alle. Eine Hochrisikostrategie. #wahlCH19 pic.twitter.com/a0O9VfnnMN
— Olivier Dolder (@odolder) September 17, 2019
CVP-Parteipräsident Gerhard Pfister wehrt sich gegen die Vorwürfe, eine Negativ-Wahlkampagne zu betreiben. «Wir machen eine Vergleichskampagne», sagt er zu «Watson». «Wir zielen nicht auf die Person, sondern zeigen den Wählerinnen und Wählern lediglich, für welche Positionen die anderen Parteien stehen.» Die Wähler seien reif genug, die einzelnen Parteipositionen abzuwägen, so Pfister in der SRF-«Tagesschau»-Hauptausgabe vom Dienstagabend.
Hinter der Aktion steht laut «Die Ostschweiz» die Agentur Enigma aus Bern. Die Firma sei spezialisiert auf das Zusammenspiel zwischen Strategie, Targeting und Automatisierung.
«Die Datenspezialisten mit Büro an der Berner Effingerstrasse wollen mit Cambridge-Methoden die CVP bei den kommenden nationalen Wahlen 2019 wieder zu mehr Wählerstimmen verhelfen», schrieb «Der Bund» bereits im April letzten Jahres.
Budget vorübergehend aufgebraucht
Am Dienstag waren die Google Ads vorübergehend nicht mehr sichtbar. Gestoppt, wie von einigen Twitterern vermutet, wurde die Kampagne jedoch nicht. «Wir haben lediglich das für heute vorgesehene Budget bereits ausgeschöpft», sagte CVP-Generalsekretärin Gianna Luzio gegenüber den CH-Media-Zeitungen. Die Partei hat gleichentags nachgelegt. (cbe)