10.09.2019

Lauterkeitskommission

Sexismus, Fake-Testberichte und Influencer

Die Lauterkeitskommission beurteilte 19 Beschwerden. Etwa stoppen Stopp-Werbung-Kleber nicht immer Werbung.
Lauterkeitskommission: Sexismus, Fake-Testberichte und Influencer
Stopp-Werbung-Kleber schützen nicht in jedem Fall vor Werbung. (Bild: KEYSTONE/Patrick B. Kraemer)

«Ostern? Eier lecken! Wenn rasiert…» prangte als Schriftzug auf einem Plakat des Solothurner Saunaclubs Olymp in Schüpfen BE, wie 20 Minuten Anfang April berichtete. Nachdem Beschwerde bei der Lauterkeitskommission eingereicht wurde, hat sie diese nun gut geheissen.

Dies, obwohl der verlangte sachliche Zusammenhang zwischen der beworbenen Dienstleistung und der Art seiner Bewerbung gegeben war, wie die Lauterkeitskommission in einer Medienmitteilung schreibt. An der Darstellung sei auch nichts auszusetzten. Nur den Claim befand die Kommission für unangemessen. Von solch detaillierten Schilderungen von erotischen Dienstleistungen sei im öffentlichen Raum abzusehen.

Mediaagentur ist nicht verantwortlich für Inhalt

Abgewiesen wurde hingegen die gleiche Beschwerde gegen die Mediaagentur, die die Plakatstelle gebucht habe. Die Beschwerdeführerin monierte, dass der Standort unangebracht sei, da das Plakat direkt beim Ortseingang der Gemeinde platziert worden ist. Das suggeriere den falschen Eindruck, dass sich der Erotikclub in Schüpfen befinde. Gemäss Geschäftsreglement der SLK sei eine Beschwerde stets gegen das werbetreibende Unternehmen zu richten.

Stopp-Werbung-Kleber schützt nicht in jedem Fall vor Werbung

Die beliebten Kleber, die in der Schweiz an vielen Briefkästen zu finden sind, haben ihre Grenzen. Eine Beschwerde gegen ein Online-Versandhaus wurde abgelehnt. Jenes Unternehmen hatte zu einer vom Beschwerdeführer bestellten Ware, von der Empfängerin ungewollte Werbeprospekte beigelegt.

Die Lauterkeitskommission entschied, gestützt auf BV und OR, dass ein Unternehmen frei entscheiden kann, wie es sein Angebot ausgestalten will. Wenn die Zusendung der Kaufgegenstände an die damit verbundene Zusendung von Werbematerial gebunden sei, so sei es die freie Entscheidung des Beschwerdeführers, ob er mit der Beschwerdegegnerin weiter Kaufverträge abschliessen will.

Testberichte müssen unabhängig sein

In einem weiteren Fall hiess die SLK eine Beschwerde zum Thema Online-Testberichte gut. Eine Onlineplattform für Finanzdienstleistung veröffentliche einen Testbericht zu fünf Anbietern von Geldwechseldienstleistungen. Der Beschwerdeführer, ein direkter Mitbewerber, monierte, dass die Plattform nicht kenntlich machte, dass es sich beim Autor um einen eigenen Mitarbeiter handelte.

Die Richtlinien der SLK stellen hohe Ansprüche an Tests und verlangen unter anderem, dass der Tester neutral sein muss. Das bedeutet, dass keinerlei Kooperation zwischen Tester und Getesteten bestehen darf.

Erste Entscheide im Influencer-Marketing

Im Juni hatte die Stiftung für Konsumentenschutz bei der Lauterkeitskommission gegen Roger Federer, Xenia Tchoumitcheva, Michelle Hunziker, Jolanda Neff und Iouri Podladtchikov Beschwerde eingereicht, weil sie in ihren Instagram-Accounts gegen die Trennungspflicht von Inhalt und Werbung verstossen haben sollen (persoenlich.com berichtete). Nun hat die Dritte Kammer der Lauterkeitskommission drei der fünf Fälle beurteilt.

Wie persönlich bereits berichtet hatte, wurde die Beschwerde gegen die beiden Sportler Podlatchikov und Neff gemäss Angaben des SRF bereits Mitte Juli gutgeheissen. Konkret geht es um je einen kommerziellen Post der beiden Sportler, die nicht als Werbung gekennzeichnet waren. Snowboarder Podladtchikov liess sich im Eingang eines Kleidergeschäftes ablichten. Radrennfahrerin Neff verbreitete einen Beitrag einer Kreditkartenfirma (persoenlich.com berichtete).

SLK kommentiert die Kennzeichnungs-Vorschläge von Neff nicht

Nun bestätigt die SLK offiziell die Rüge von Podlatchikov. Der Fall der Mountainbikerin Jolanda Neff will die Kommission jedoch nicht «materiell» beurteilen, da die Sportlerin bereits im Vorfeld glaubwürdig versicherte, künftig das Trennungsgebot von Inhalten und Werbung einzuhalten und ihre Posts entsprechend zu kennzeichnen. Aus diesem Grund äussere sich die SLK auch nicht zu den Vorschlägen der Sportlerin, wie sie künftig die Werbung kennzeichnen werde. 

Beim Post der TV-Moderatorin und Musikerin Michelle Hunziker, in dem sie der Crew, mit der sie ihren neuen Musikvideos gedreht hatte, für ihre Mitarbeit dankte, fand die Lauterkeitskommission jedoch keine Anzeichen von unlauterer Werbung. Am Ende der Liste von 15 entsprechenden Hashtags verlinkte sie eine Bar, ein Einkaufszentrum und ein Modelabel, was ihr von der Beschwerdeführerin als Werbung ausgelegt wurde. Die SLK war anderer Meinung, da die drei fraglichen Hashtags nicht speziell herausgehoben worden seien und keine werblichen Aussagen machten; zudem sei es bei der Produktion eines solchen Videos üblich, die Beteiligten zu verdanken. (pd/lol)



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