02.08.2021

#SecondoAugust

«Unser Klient wurde Opfer einer Intrige»

Unternehmer Benard Duzhmani wehrt sich in einem ganzseitigen Inserat gegen einen Artikel im Beobachter. Die Kampagne stammt von der Agentur Rod Kommunikation. Gründungspartner David Schärer erklärt, was die am Nationalfeiertag lancierte Aktion bezwecken will.
#SecondoAugust: «Unser Klient wurde Opfer einer Intrige»
«Der ‹Secondo August› ist grösser als der Fall Benard Duzhmani», sagt David Schärer, Gründungspartner von Rod Kommunikation. Er hat das Inserat in der NZZ am Sonntag (kleines Bild) organisiert. (Bilder: zVg)
von Christian Beck

Herr Schärer, sind Kampagnen in juristischen Verfahren der neuste Schrei?
Zunächst muss ich klarstellen: Unser Klient ist wegen der Anschuldigungen, die gegen ihn im Artikel erhoben werden, nicht in einem juristischen Verfahren. Er ist nicht angeklagt und es gibt weder einen Verdacht noch einen Schuldspruch. Man kann es so sagen: Eine Verurteilung im «court of law» gibt es in seinem Falle nicht, eine Verurteilung im «court of public opinion» hingegen schon, mit gravierenden Konsequenzen. Benard Duzhmani ist es, der juristische Schritte eingeleitet hat, und zwar wegen einer ehrverletzenden Berichterstattung, die ihm strafbares Verhalten vorwirft.

In der NZZ am Sonntag ist ein Inserat erschienen, in dem sich Benard Duzhmani gegen eine Berichterstattung im Beobachter wehrt (persoenlich.com berichtete). Das ist sehr ungewöhnlich …
Als ich Benard Duzhmani kennenlernte, habe ich zwei Dinge festgestellt. Einerseits muss er mit der Geschichte abschliessen können. Dazu gehört, dass er nach aussen seinen Standpunkt vermitteln kann. Das Zweite ist, dass ihn die Berichterstattung beruflich und persönlich empfindlich getroffen hat. Hier hat er ein Interesse, seinen guten Ruf wieder herzustellen. Er gehörte zu den Besten in der Branche und hat deshalb ein Interesse, dass er seine beschädigte Integrität wieder herstellen kann. Man kann auch sagen, er dreht den Spiess um, und zwar mit derselben Öffentlichkeit, die der Artikel auch hergestellt hat.

Ganz kurz zusammengefasst: Was lief denn schief?
Die Berichterstattung vermittelt den Eindruck, seine Firma würde die Mitarbeitenden zu strafbaren Handlungen anleiten. Der Artikel bezieht sich dabei auf Filmaufnahmen, welche Unterschriftenfälschungen auf Vertragsabschlüssen zeigen würden. Benard Duzhmani hingegen sagt, dass er in seinem Unternehmen keine strafbaren Handlungen duldet, er in einem System arbeitet, in dem strafbare Handlungen bemerkt und umgehend angezeigt würden und dass die massiven Vorwürfe, die gegen ihn erhoben werden, unwahr sind. Es gilt in der Schweiz die Unschuldsvermutung, die bei Benard Duzhmani empfindlich missachtet worden ist.

«Wir haben uns gefragt, ob es bei diesem Einzelfall nicht noch eine übergeordnete Ebene gibt»

Der umstrittene Beobachter-Artikel ist acht Monate alt. Nun, genau am Nationalfeiertag, wehrt sich Benard Duzhmani. Das kann kein Zufall sein …
Die Frage ist, ob sich am Narrativ im Artikel etwas geändert hätte, wenn die Reizworte «Illegal», «Anrufe aus dem Kosovo» und «Callcenter» weggelassen worden wären. Wir haben uns gefragt, ob es bei diesem Einzelfall nicht noch eine übergeordnete Ebene gibt. Die Frage nämlich, warum man als Migrant oder als Migrantin einem latenten Misstrauen ausgesetzt ist und wann man in der Schweiz angekommen ist, wann man vollständig dazugehört und wann Integration vollständig vollzogen ist. Das ist etwas, was ich persönlich mit meinem eidgenössischen Stammbaum nur schwer nachempfinden kann. Der Artikel bedient mit den Stichwörtern einen Reflex, der mit dem Herkunftsland von Benard Duzhmani verbunden ist. Den 1. August – beziehungsweise den «Secondo August» – sehen wir als Gelegenheit, darüber nachzudenken, wie wir mit Stereotypen und Vorurteilen gegenüber einem sehr grossen Teil der Bevölkerung in der Schweiz umgehen.

Benard Duzhmani exponiert sich mit dem Inserat stark. Was hat ihn dazu bewogen, diesen Weg zu gehen? Man hätte auch an den Presserat gelangen können.
Benard Duzhmani ist kein politischer Mensch, sondern exakt das, was man sich gemeinhin unter einem mittelständischen Unternehmer vorstellt. Er suchte nie die Öffentlichkeit. Die Vorwürfe haben aber dazu geführt, dass er sich auch kommunikativ wehren muss. Der Presserat würde in diesem Fall nicht helfen, weil der juristische Teil des Falls für den Presserat nicht geeignet ist: Der Presserat kennt kein Beweisverfahren.

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Wäre es nicht besser, in so einem Falle ruhig zu bleiben?
Die Konsequenzen, die der Artikel für ihn beruflich und persönlich hatten, sind enorm. Benard Duzhmani ist es ein Anliegen, dass sein Standpunkt auch öffentlich in diesem Fall eingebracht wird. Nicht zuletzt auch, weil er gerade gegenüber seinen Geschäftspartnern, alles namhafte Versicherungsgesellschaften, die Vorwürfe widerlegen möchte.

«Benard Duzhmani spricht selbstverständlich nur für sich und nicht für alle Menschen, die Migrationshintergrund haben»

Das Inserat trägt den Titel «Secondo August». Was ist die Idee dahinter?
Ich wusste bisher nicht, dass «Secondo» beziehungsweise «Seconda» eine Wortschöpfung ist, die vom Schweizer Filmemacher Samir geprägt wurde. Der Begriff ist so gesehen sehr schweizerisch. Benard Duzhmani spricht selbstverständlich nur für sich und nicht für alle Menschen, die Migrationshintergrund haben. Der «Secondo August» zum Nationalfeiertag ist in erster Linie ein Angebot an alle Menschen, mit oder ohne Migrationshintergrund, ihre Erfahrungen mit Vorurteilen zu teilen und eine Diskussion darüber zu führen.

Und woher holten Sie sich die Inspiration für diese Kampagne?
Irgendwann kam die Idee auf, den 1. August zu nutzen und daraus einen «Secondo August» zu machen. Die Idee dazu hatte mein GL-Kollege Marco Meroni, ebenfalls ein eingebürgerter Schweizer. Unser Ansatz war, die Geschichte von Benard Duzhmani aufzuschreiben und mit dieser Erfahrung die Grundsatzfrage zu stellen, wie wir als Gesellschaft mit Migration umgehen.

Sie wollten das Inserat auch im Beobachter schalten. Das wurde jedoch zurückgewiesen. Mit welcher Begründung?
Es lag auf der Hand, die Initiative in diesem Magazin zu starten, wo die Berichterstattung ihren Anfang nahm. In unserem Team war niemand überrascht, dass die Anzeige abgelehnt wurde. Ich selber, vielleicht etwas blauäugig, sah durchaus Chancen, weil der kommerzielle Teil ja vom redaktionellen getrennt ist. Der Bescheid war, dass wir gegen die Insertionsbedingungen verstossen würden und der Anzeigenplatz nicht dazu da sei, um Auseinandersetzungen zu führen.

Wie kamen Sie überhaupt mit Benard Duzhmani in Kontakt?
Er kam auf Empfehlung seiner juristischen Vertretung zu uns. Und zwar, weil sie in allen Verhandlungen, die bisher liefen, genau diese Erfahrung von einem latenten Misstrauen spürte, die mit seiner Herkunft verbunden ist. Die öffentliche Stigmatisierung von Benard Duzhmani hatte zur Folge, dass er auch kommunikativ unterstützt werden musste, um das Stigma abzulegen. Dazu kommt, dass Benard Duzhmani ein Zeichen setzen will mit seinem Fall: Er hat die Möglichkeiten und die Mittel, sich zu wehren. Ganz im Gegensatz zu vielen anderen Menschen mit Migrationshintergrund.

«Auch ich kann für mich selber nicht ausschliessen, dass ich vielleicht von Stereotypen geprägt bin»

Als Sie zum ersten Mal vom Fall gehört haben, was ging Ihnen durch den Kopf?
Ich habe das Anliegen sofort verstanden. Ich glaube auch, dass grundsätzlich jeder und jede das Recht haben sollte, sein oder ihr Argument in der Öffentlichkeit bestmöglich darzustellen. Wo man für sich persönlich die Linie zieht, ist eine andere Frage. Auch ich kann für mich selber nicht ausschliessen, dass ich vielleicht von Stereotypen geprägt bin. Polemische Slogans wie «Kosovaren schlitzen Schweizer auf» haben sich tief in die Gesellschaft eingeschrieben.

Hatten sie nicht ein schlechtes Gefühl? Die Vorwürfe sind happig und die Branche der Versicherungsberater hat tatsächlich nicht den besten Ruf, wage ich jetzt mal zu behaupten.
Das stimmt, und die Branche hat wohl einiges zu diesem Ruf beigetragen. Dabei ist eine Versicherung etwas durch und durch Solidarisches. Wir haben viel mit Benard Duzhmani gesprochen und er hat uns aufgezeigt, was er besser macht als seine Mitbewerber. Er hat für seine Kunden in zehn Jahren zirka 70 Millionen Franken Prämienvolumen eingespart, davon für viele Menschen, die keine Landessprache sprechen und sozioökonomisch nicht auf der Gewinnerseite stehen. Das ist etwas Positives. Seine Firma hat eine Software entwickelt, die jeden Lead, jede Transaktion und jeden Antrag lückenlos dokumentiert und nachvollziehbar macht. Im Prozess ist auch eine Qualitätskontrolle, die überdurchschnittlich ist. Das ist für mich plausibel. Benard Duzhmani hat uns nach Pristina eingeladen, weil es ihm ein Anliegen war, dass wir alles genau verstehen.

Der Beobachter wirft Duzhmanis Firma Swiss Home Finance Unterschriftenfälschung vor. Was macht Sie so sicher, dass Duzhmani eine reine Weste hat? Die Unschuldsvermutung?
Ich habe keinen Grund, an seiner Unschuld zu zweifeln. Benard Duzhmani darf rein juristisch nicht in die Situation gebracht werden, seine Unschuld beweisen zu müssen. Sicher macht mich aber auch unser Besuch im Kosovo, wo wir Einblick in den softwaregestützten Prozess bekamen, der jeden Lead lückenlos dokumentiert. Dieser Prozess ist dazu da, um Missbrauch eben gerade zu verhindern. Darüber hinaus ist er ein toller, beeindruckender Typ, den man gerne um sich hat und der leider in eine üble Geschichte geraten ist. Über die Gründe will ich nicht spekulieren, das Offensichtliche aber ist, dass er Opfer einer Intrige wurde.

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Sie erwähnten eingangs, dass juristische Schritte eingeleitet wurden. Wo steht das Verfahren jetzt?
Das Schlichtungsverfahren ist durchlaufen. Anfang August reicht seine Verteidigung Klage beim zuständigen Gericht wegen Verletzung von Persönlichkeitsrechten und Verletzung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ein.

Wie geht es nun weiter mit «Secondo August»?
Hoffentlich wird es Menschen geben, die mit dem Hashtag #SecondoAugust ihre Erfahrungen teilen werden. Wir schauen erst mal, was passieren wird.

Was erhoffen Sie sich?
Der «Secondo August» ist grösser als der Fall Benard Duzhmani. Wir erhoffen uns, dass es gelingt, die Angelegenheit über diesen Einzelfall hinaus zu thematisieren und eine Diskussion zu lancieren.



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Kommentare

  • Victor Brunner, 02.08.2021 09:23 Uhr
    David Schärer als "eingebetteter Journalist?" von Benard Duzhmani. Ein gefährlicher Weg den der Rod Mann da beschreitet! Sollte Duzhmani tatsächlich Klage eingereicht haben wird sic weisen wer was missbraucht hat!
  • Peter Simmen, 01.08.2021 22:27 Uhr
    Auf der Basis, was ich bis jtzt (1.8.21, 10.25h) über de Fall gelesen habe masse ich mir kein Urteil an. Aber alles lest sich wie ein „déja vue“. Wann lernen wir endlich Vorurteile zu unterlassen.
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