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Trimedial – völlig egal

Der Begriff «Crossmedial» begleitet mich seit meiner Zeit im Journalismus – also bereits seit mehr als der Hälfte meines Lebens. Er beschreibt das Konzept, zusammenhängende Informationen auf verschiedenen Kanälen zu veröffentlichen. Bei der Verknüpfung von drei Kanälen spricht man von Trimedialität – ein Ziel, dem viele Medien nachstreben. Doch CH Media Entertainment scheint sich von diesem Konzept zu verabschieden.

Ein Blick zurück: Ich fragte einst Roger Elsener, damals Radio- und Fernsehchef, ob es nicht sinnvoller sei, TeleZüri und Radio 24 an einem Standort zu vereinen. «Gib mir eine grüne Wiese, und ich baue sofort ein Zürcher Medienhaus», antwortete er. 2022 war es dann so weit: In Zürich-Nord entstand ein Entertainment-Hub mit Radio, TV und der neuen Online-Plattform ZüriToday. Zwar nicht auf einer grünen Wiese – aber immerhin unter einem Dach.

Barbara Lanz wurde zur ersten trimedialen Chefredaktorin ernannt, die am Standort Zürich die Redaktionen von Radio 24, TeleZüri und ZüriToday verantwortete. Und sie ist vorerst auch die Letzte. Während ihres Mutterschaftsurlaubs wurde die Organisation von CH Media Entertainment – einmal mehr – grundlegend verändert. Die gemeinsamen Chefredaktionen von Lokalradios, Regionalfernsehen und Today-Portalen wurden abgeschafft. Adieu Barbara Lanz. Adieu trimediale Konvergenz.

Lanz ist nur ein Beispiel. Auch in anderen Regionen übernehmen die Chefredaktorinnen und Chefredaktoren entweder die Leitung eines der drei Vektoren oder verlassen das Unternehmen. Und Oliver Steffen, Chefredaktor Regionale Elektronische Medien und damit Chef aller Trimedial-Chefinnen und -Chefs, wird ab 1. Mai wieder Chefredaktor TV Regional (persoenlich.com berichtete).

Die dritte Generation der Familie Wanner hat das Ruder übernommen. Sie steht vor Sparzwängen. Doch sie spart an der falschen Stelle: an der Trimedialität. Klar: Auch fortan werden im Entertainment-Hub in Zürich-Nord – und an allen anderen Standorten – weiterhin TV- und Radiostudios betrieben, und Online-Medienschaffende werden weiterhin Berichte veröffentlichen. Doch eine Koordination, eine trimediale Denk- und Herangehensweise, wird künftig kaum mehr stattfinden. Wie auch? Hier wird leichtfertig verspielt, was mit Millionen von Schweizer Franken aufgebaut wurde.

Selbst die hauseigene CH Media Academy verkommt zur Farce. «Die trimediale Welt der Zukunft», preist man das Ausbildungsprogramm von CH Media in den Bereichen TV, Radio und Online an. Doch ausgerechnet dort, wo die Zukunft des Journalismus geformt werden soll, hat echte Trimedialität künftig keinen Platz mehr.



Christian Beck ist Redaktor von persoenlich.com.

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