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Ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk

Manchmal ist früher Weihnachten, als man denkt: für Ringier, die SRG und die Swisscom. Der Entscheid der Wettbewerbskommission Weko, die umstrittene Werbeallianz zwischen den beiden staatsnahen Betrieben SRG und Swisscom sowie dem privaten Verlagshaus Ringier zuzulassen, lässt bei den drei Unternehmen die Champagnerkorken knallen. Dass der Entscheid anders ausfallen würde, hat eigentlich niemand so richtig erwartet, trotz der geballten medialen Offensive der Gegner an diesem Wochenende vornehmlich in den Tamedia-Titeln. Dass er aber noch vor Weihnachten gefällt wird, ist umso überraschender.

Die Werbeallianz hatte mit Bundesrätin Doris Leuthard von Anfang an eine starke Befürworterin. Die Medienministerin war es auch, die der Swisscom und der SRG vorgeschlagen hatte, einen dritten Verlagspartner zu suchen. Dabei wurde man bei Ringier fündig. Ob und wann auch andere Verlagshäuser angefragt worden waren, darüber gehen die Versionen der verschiedenen Interessengruppen auseinander. Jedenfalls hat Ringier-CEO Marc Walder die Werbeallianz zu seinem Thema gemacht und ist mit seinem Verlag vor einigen Wochen unter Getöse aus der Branchenorganisation Schweizer Medien ausgetreten.

Doch nun zum heutigen Entscheid: Die Fronten für die Zukunft sind klar, die Sieger und Verlierer auch. Zukünftig werden nun auf einer Seite die neu genehmigte Werbeallianz, auf der andern die privaten Verlage den immer enger werdenden Werbemarkt beackern. Ob die Werbeallianz mit den drei unterschiedlichen Partnern und den drei Kulturen wirklich funktioniert, steht auf einem anderen Papier und kann den Mitbewerbern eigentlich auch egal sein. Ob die viel diskutierten Swisscom-Daten wirklich so wertvoll sind? Darüber streiten sich die Geister. Stossend ist höchstens, dass dank der staatlichen Mehrheit bei der Swisscom und den Gebühren der SRG ein Scheitern, wie es beispielsweise die Publigroupe erleben musste, ausgeschlossen ist. Darin liegt die eigentliche "Wettbewerbsverzerrung". Vielleicht wäre es nach dem heutigen Entscheid ehrlicher, wenn der Bund langfristig bei der Swisscom auf seine Mehrheit verzichten würde und die SRG auf einen Teil ihrer Gebühren. Doch dies wird – und da bin ich Realist – nicht geschehen.

Verlierer des heutigen Entscheides sind ganz klar die Tamedia mit ihrem Verwaltungspräsidenten Pietro Supino sowie der Verband Schweizer Medien, die sich ganz klar gegen die Werbeallianz gestellt haben. Nicht einmal die Argumentation des ehemaligen Weko-Vizechefs Patrick Krauskopf in der "Sonntagszeitung",  wonach ein solches Konstrukt in keinem anderen Land möglich wäre, hat zu überzeugen vermocht. Das ist zumindest bemerkenswert. Das Argument wonach diese Werbeallianz ein Zeichen gegen Google und Facebook setzt, war – und das zeigt der heutige Entscheid – weitaus griffiger.

Die Paradoxie der Geschichte: Die halbstaatliche Vermarktungsfirma wirkt innovativer und zukunftsgerichteter als der Rest der Branche, die sich Erträge im freien Markt und auf eigenes Risiko erwirtschaften müssen. Zumindest in dieser Beziehung geht die Schweiz einen Sonderweg. Nichtsdestotrotz: Sollte aufgrund der neuen Firma zusätzliche Bewegung und Inspiration in den Werbemarkt kommen, hätte der Zweck die Mittel geheiligt.

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