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Gigant unter Beschuss

Militärisch gesprochen ist es ein Zangenangriff. Von zwei Parteien, die unterschiedlicher nicht sein können. Die Schweizer Armee, verkündete Verteidigungsminister Parmelin letzten Montag im «Tages-Anzeiger», benötige dringend 100 neue Cyberkrieger. Doch leider würden diese bereits im Vorfeld von Google abgeworben. Woraus folgt: Google gefährdet die Schweizer Sicherheit.

Am gleichen Tag wurde im Berner Nobelhotel Bellevue das «Jahrbuch Qualität der Medien 2017» vorgestellt (persoenlich.com berichtete). Der Befund überraschend: die Qualität der hiesigen Publikationen sei gar nicht so schlecht, wie befürchtet. Ausnahme: die digitalen Medien. Da ein Grossteil der Schweizer Werbegelder bei Google und Facebook investiert würden, fehle das Geld für gute Redaktionen. Woraus folgt, Google ist für den Niedergang des Qualitätsjournalismus mitverantwortlich.

Solch harsche Kritik ist ungewöhnlich. Spricht man hierzulande von «Mediengiganten», so denkt man fast schon instinktiv an die SRG oder Tamedia. Doch im Gegensatz zu Google sind dies Körner in der Sandwüste. Zudem überwiegt der Stolz, dass das grösste Google-Center ausserhalb der USA in Zürich liegt. Zwar diente der Abfluss der Werbemillionen bereits als Rechtfertigung für die Gründung der Werbeplattform Admeira. Doch dies wurde fälschlicherweise als PR abgetan.  In Wahrheit fliessen bereits jetzt schon geschätzte 700 bis 800 Millionen Schweizer Werbefranken jährlich zu den amerikanischen Technologiemulties Google und Facebook. Dies entspricht fast dem dreifachen Werbeetat von Coop, 2016 immerhin grösster Werbeauftraggeber des Landes. Tendenz steigend. Eine Badewanne, deren Loch immer grösser wird. Doch davon spricht niemand.

Trotzdem: Ohne Google würden die Attacken des Schweizer Verteidigungsministers und der Qualitäts-Journalismus-Forscher im Nichts verpuffen. Dort sind sie auf ewig abrufbar.                

 

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