10.12.2010

Cyberwar

Bundesrat will Cyberspace besser gegen Angriffe schützen

Kurt Nydegger wird Projektleiter für Cyber Defence.

Der Bundesrat will die Schweiz besser gegen Angriffe aus dem Cyberspace schützen. Er hat am Freitag Divisionär Kurt Nydegger zum Projektleiter für "Cyber Defence" ernannt. Bis Ende 2011 soll eine Strategie vorliegen. "Cyberwar" sei der Begriff der Stunde, sagte Verteidigungsminister Ueli Maurer am Freitag vor den Medien in Bern. Doch niemand wisse genau, was alles passieren könnte. "Da tappen wir im Dunkeln." Die Folgen von Wikileaks hätte vor einem halben Jahr auch niemand für möglich gehalten.

Nydegger soll nun mit einer Expertengruppe klären, wo die Bedrohungen liegen und wie die Schweiz sich gegen Angriffe schützen kann. Dabei geht es nicht nur um die Frage, mit welchen technischen Massnahmen das Eindringen in Computer- Systeme zu verhindern ist. Die Verteidigung gegen solche Angriffe wirft auch rechtlich heikle Fragen auf: Zu klären gilt es, wie weit die Verteidigung gehen darf.

Neutralität gilt auch im Cyberspace

Ein Gutachten des Bundesamtes für Justiz kam laut Maurer zum Schluss, dass die Grenzen eng sind. Die Verfassung lässt demnach einen Angriff von Seiten der Schweiz nur in Kriegszeiten zu - auch dann, wenn der Angriff im Cyberspace stattfindet. Eine Verfassungsänderung halte er nicht für realistisch, sagte Maurer. Es gebe jedoch in dieser Sache nicht nur schwarz und weiss, sondern eine Grauzone, gab der Verteidigungsminister zu bedenken. Offen ist demnach, ab wann "aktive Aufklärung" als Angriff zu werten ist. Der Bundesrat möchte klare rechtliche Grundlagen.

Grundsätzlich hält der Bundesrat das heutige Schutzdispositiv des Bundes für gut und effizient. Es bestehe aber Optimierungsbedarf, insbesondere bei der Koordination über die Departemente hinweg. Zurzeit werden Fragen rund um Internetkriminalität und Cyberwar von zwölf verschiedenen Amtsstellen bearbeitet. Projektleiter Kurt Nydegger soll eine Auslegeordnung vornehmen und beurteilen, ob die dezentrale Organisation der Bedrohungslage noch gerecht wird. Dann gilt es zu entscheiden, welche Ziele der Bund erreichen will, welche Investitionen nötig sind und was diese kosten.

Ausloten soll Nydeggers Expertengruppe auch die Schnittstellen zur Wirtschaft. Die Zusammenarbeit mit anderen Staaten sei ebenfalls wichtig, sagte Maurer auf eine entsprechende Frage. Zwischen den Nachrichtendiensten finde sie jedoch bereits statt. Den 59-jährigen Divisionär Kurt Nydegger hält der Bundesrat für "sehr geeignet". Der Elektroingenieur leitete unter anderem die elektronische Aufklärung und Kriegsführung der Armee. Zuletzt war er Chef der Führungsunterstützungsbasis. Nydegger habe die technische Entwicklung der letzten 30 Jahre eng mitverfolgt, sagte Maurer.

Mit der Einsetzung einer Expertengruppe reagiert der Bundesrat nicht zuletzt auf Vorstösse aus dem Parlament zum Thema "Cyberwar". Die Bedrohung durch digitale Angriffe sei heute tatsächlich real und vielfältig, hält das Verteidigungsdepartement fest, die Möglichkeiten seien fast unbegrenzt. Hochentwickelte Länder wie die Schweiz seien besonders verletzlich, da sie von digitalen Datennetzen stark abhängig seien. Angriffe könnte gravierende Konsequenzen für das Funktionieren von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft haben, wie die jüngste Vergangenheit gezeigt habe. "Die Zeit der Amateure im Cyberspace ist vorbei", sagte Maurer. (sda)



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