24.09.2013

MID-Informatik

Mehr Tempo für alle

Internetleitungen werden immer schneller.

Egal ob man per Telefonkabel, Fernsehkabel oder Glasfaser mit dem Internet verbunden ist: In den nächsten Monaten erhöhen sich für die meisten Konsumenten die Surfgeschwindigkeiten. Mit neuer Technik wird selbst aus alten Leitungen mehr Leistung herausgekitzelt.
 
Das Internet steigert sein Tempo rasant. Bis zur Jahrtausendwende musste man sich entscheiden, ob man telefonieren oder mit einem Schneckentempo von 56 Kilobits pro Sekunde surfen wollte. Denn die Quietschgeräusche für die Internetverbindung belegten die Telefonleitung vollkommen. Allfällige Anrufer hörten während des Surfens nur das Besetzt-Zeichen.
 
Im Herbst 2000 wurde dann die digitale Technik ADSL eingeführt. Mit 256 Kilobits pro Sekunde fühlten sich die Surfer im Temporausch, ferner war die Telefonleitung nicht mehr für Gespräche blockiert.

 
Seither hat sich das Surftempo via Telefonkabel kontinuierlich gesteigert. Jeweils um den Faktor 1000 steigt das Tempo zwischen dem alten Kilobit, zum heute üblichen Megabit und dem künftigen Gigabit. Oder anders formuliert: Ein heutiger Glasfaseranschluss schaufelt eine Million mehr Daten pro Sekunde als die ersten Modems in den 1980er-Jahren.
 
Modem passt sich an
Sogar bei herkömmlichen Telefonkabeln wird das Tempo dieses Jahr nochmals auf 0,1 Gigabit pro Sekunde (100 Megabit pro Sekunde) gesteigert. Diese Verbesserung verdankt das teils Jahrzehnte alte Kupferkabel vielen technischen Tricks. Im Analogzeitalter wurden beispielsweise Daten einfach mit der höchstmöglichen Datenraten geschickt. Kamen sie nicht korrekt an, wurde das Tempo reduziert.
 
In der modernen DSL-Technik misst das Modem nach dem Einschalten das Telefonkabel automatisch mit Dutzenden Testübertragungen auf verschiedenen Frequenzen detailliert aus, Darauf passt es sich den physikalischen Verhältnissen wie Kabellänge, Signalabschwächung und Störungen perfekt an.
 
Dies ist der Grund, warum ein DSL-Modem nach dem Einschalten erst einige Zeit benötigt, bevor die Verbindung aufgebaut ist. Die neuste Technik namens Vectoring bügelt nun sogar Störungen aus, die durch die im Kabelkanal dicht nebeneinanderliegenden Kabel hervorgerufen werden.
 
Ein Tempozuwachs hat aber auch daraus resultiert, dass das Telefongespräch nicht mehr analog mitübertragen wird, sondern ebenfalls platzsparend mit Bits im Datenstrom transportiert wird. Dank dieser IP-Telefonie kann man nun an einer Telefondose Dutzende von parallelen Nummern betreiben und parallel plaudern.
 
Wer braucht es?
Der Hauptvorteil der besseren Technik könnte mit der Buchstabenfolge wWW zusammengefasst werden, wobei die drei W für "weniger Warten im Web" stehen. Die Technologie kann als Reaktion auf die Entwicklung im Internet angesehen werden, wo die Inhalte einst hauptsächlich aus Texten bestand, die später dann mit Bildern ergänzt wurden. Nun spielen Videos eine immer grössere Bedeutung.
 
Vor allem die ruckelfreie Übertragung von mehreren Videoströmen und Fernsehkanälen bedingt hohe Datenraten. Ein Fernsehsender oder Mietvideo in HD-Auflösung "schluckt" beispielsweise rund 5 Megabit pro Sekunde. Die kommende Fernsehtechnik Ultra-HD, bei der die Bilder mit einer Auflösung von 3840 × 2160 Bildpunkten kaum mehr von der Realität unterschieden werden können, benötigt mit heutiger Technik 20 Megabit pro Sekunde.
 
Erst wenn die übernächste Generation der Fernsehgeräte die neue Kompressionstechnik HEVC (High Efficiency Video Coding) beherrscht, lässt sich die Datenmenge von UHD wieder auf 10 Megabit pro Sekunde eindampfen.
 
Glasfaserkabel mit viel Temporeserve
Auf den schnelleren Leitungen müssen die Provider auch mehr Leistung bereitstellen. Glasfaseranschlüsse sind zwar in Städten bereits verfügbar, viele Internetanbieter liefern darauf aber bisher nur 30 bis 300 Megabit pro Sekunde.
 
Die Glasfaser ist allerdings auch bei einem Gigabit pro Sekunde nicht ausgereizt. 100 Gbt lassen sich einfach erreichen, in Labors wurden bereits 26 Terabits pro Sekunde (entspricht 26'000 Gigabit pro Sekunde) mittels verschiedenfarbiger Laserimpulse auf einer Glasfaser übertragen.
 
Im Temporennen gut aufgestellt sind auch die ehemals nur füFernsehübertragungen genutzten Koaxialkabel der Kabelfernsehanbieter. UPC Cablecom bietet praktisch allen Kunden Anschlüsse mit 150 Megabit pro Sekunde an, noch in diesem Jahr will man in Bern die ersten Anschlüsse mit 500 Megabit pro Sekunde freischalten. Das Ende der technischen Möglichkeiten liegt bei Koax-Kabeln derzeit bei mehreren Gigabit pro Sekunde.

Wer wissen will, welches Surftempo an seinem Wohnort zur Verfügung steht, kann den Breitbandatlas des Bakom konsultieren. (sda)


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