von Christian Beck
Bevor Eric Tholomé 2007 seinen Job bei Google in Zürich antrat, orientierte er sich bei der Autoanreise mit einem Navi. Doch ausgerechnet kurz vor Zürich streikte die Technik. Tholomé kaufte sich an einer Autobahnraststätte eine Landkarte aus Papier. «Die Jungen unter euch mögen sich gar nicht mehr daran erinnern. Aber das war das Leben», so der Senior Director Product Management von Google an einer Medienpräsentation vom Donnerstag.
Heute benutzt kaum noch jemand eine Papierkarte. Vor 15 Jahren ging Google Maps online und wurde seither stetig weiterentwickelt – zentrale Funktionen wurden in Zürich entwickelt. Am Donnerstag, zum 15-Jahr-Jubiläum, gab es ein weiteres App-Update. Tholomé verkündete an der Europaallee in Zürich ein «One more thing»: Dank einer Zusammenarbeit mit der SBB stehen ab sofort für alle Schweizer Städte Verkehrsinformationen in Echtzeit zur Verfügung. Möglich macht dies die Open-Data-Plattform «ÖV Schweiz», welche die SBB im Auftrag des Bundesamts für Verkehr für sämtliche konzessionierte Transportunternehmen der Schweiz betreibt.
Doch das ist nicht alles. Die Google-Maps-App erscheint seit Donnerstag in komplett neuem Gewand. Unterteilt ist die App nun in fünf Tabs: «Entdecken», «Gemerkt», «Beitragen», «Aktuell» und «Pendeln». Der Tab «Pendeln» ist jener, der in der Schweiz um die Echtzeit-Informationen für den ÖV angereichert wurde. Unter «Entdecken» gibt es Informationen und Bewertungen von mittlerweile mehr als 200 Millionen Orten weltweit – von Restaurants bis zu Sehenswürdigkeiten. Weit mehr Orte finden sich im Tab «Gemerkt». Bis heute wurden auf Google Maps mehr als 6,5 Milliarden Orte gespeichert. In «Gemerkt» können solche Spots organisiert und mit Freunden geteilt werden. Unter «Beitragen» finden sich Infos der Community. Hier kann jeder selber sein Wissen über Orte teilen. Hunderte Millionen Nutzer machen dies bereits. Und schliesslich der Tab «Aktuell», der die User mit Informationen über angesagte neue Plätze und Trends versorgt.
Zudem schenkt sich Google Maps zum Geburtstag ein neues Icon. Es basiert wie bisher auf dem Pin, nur dass dieser nun farbig wird. Im März sollen weitere neue Funktionen folgen.
Kritik am Datenschutz
Google Maps hat mehr als eine Milliarde Nutzer weltweit, die Navigation ist in über 240 Ländern und Regionen verfügbar. Dafür braucht es eine grosse Menge an Daten. «Wir schützen unsere Daten mit der besten Technologie. Niemand kommt an diese Daten ran», sagte Tholomé gegenüber der SRF-Sendung «10vor10». Google passe sich der jeweiligen Rechtssituation eines Landes an.
Der Zürcher Datenschützer Bruno Baeriswyl ist jedoch skeptisch: «Google Maps schafft nicht die notwendige Transparenz, wie das vom europäischen oder Schweizer Datenschutzrecht verlangt wird.» Eine solche Anwendung sei deshalb datenschutzrechtswidrig.
Und Bernhard Hämmerli, Professor für Informatik an der Hochschule Luzern, hat Bedenken, was das Bewegungsprofil betrifft: «Solche Aufzeichnungen sind sehr lange abgespeichert. Wir wissen nicht, welches politische System wir in 20 oder 30 Jahren haben. Wenn junge Menschen solche Daten bekanntgeben, sind sie zu 100 Prozent rückverfolgbar und identifizierbar.» Das führe dazu, dass im Falle eines Systemwechsels Menschen nachträglich belangt werden könnten für etwas, dass sie in einem ganz anderen Rechtsrahmen getan hätten.
Kommentare
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Bösch Ruedi, 07.02.2020 09:57 Uhr
Da scheint jemandem entgangen zu sein, dass die Echtzeitinformationen zum ÖV (und sehr viel mehr!) auf dem Kartenviewer des Bundes seit einiger Zeit verfügbar sind -- und dies ohne Werbung und ohne dass bei der Nutzung der Karten ein Bewegungsprofil aufgezeichnet wird: https://s.geo.admin.ch/8749d6ac56 -
Victor Brunner, 07.02.2020 08:23 Uhr
Echtzeitinformationen dank Zusammenarbeit mit der SBB, dürfte isch eher um einen frommen Wunsch handeln.