Herr Schwede, kürzlich ging der letzte Workshop zu Ende. Sogar TeleZüri berichtete über die Aktion. Wie wars?
Die Teilnehmenden waren sehr interessiert, dankbar und fit. Sie konnten die Inputs direkt verarbeiten und werden wohl einiges umsetzen. Das fand ich sehr bereichernd. Ich habe bemerkt, dass es ein Business ist, wie jedes andere. Da gelten die gleichen Prinzipien für Content-Strategie, Branding und so weiter.
Woher kam die Idee für diese Workshops?
Unsere Agentur befindet sich im Zürcher Kreis 3 – da gehört das Sexgewerbe einfach dazu. Ich selber wohne in Biel auch direkt neben solchen Clubs und habe mitbekommen, dass die Frauen nichts zu tun hatten. Bei den Bundesratsinfos kam dieses Gewerbe nie vor und so dachten wir, wenn schon alle – auch wir – gratis Digital-Marketing-Seminare für KMU anbieten, dann sollten wir das auch für die Gewerbe machen, die man gerne mal vergisst und wo man auch Berührungsängste hat.
Wie viele Leute kamen insgesamt?
Wir haben ein grosses Echo ausgelöst und Wartelisten erstellt. Wir haben inzwischen fünf Workshops durchgeführt. Weitere folgen. Teilweise haben wir auch solche mit Zoom durchgeführt.
«Manchmal gibt man einfach etwas, ohne etwas zu erwarten»
Hat Sie das Vorwissen der Workshop-Teilnehmer überrascht oder mussten Sie quasi bei Null anfangen?
Nein. Dieses Gewerbe ist per se innovativ, da sie keine Lobby in Bern hat, die sie schützt. Sie müssen sogar extrem innovativ sein. Dies sieht man auch am Beispiel Pornhub und ähnlichen Websiten, die mit Content sehr früh Geld verdienen konnten – schlicht weil sie mussten. Gerade die Clubbetreiberinnen aus dem ersten Workshop, die auch selber aktive selbstständige Masseurinnen sind, waren sehr affin. Instagram wird – wenn auch unsystematisch – genutzt. Nur LinkedIn kannten Sie noch nicht.
Welche Frage wurde Ihnen von den Teilnehmenden am häufigsten gestellt?
Wir haben nur ein paar strategische Grundlagen vermittelt, quasi als Basis, und haben dann sehr konkret die Umsetzung auf Instagram angeschaut: 1. Welche Inhalte kann ich vermitteln, ohne direkt immer gleich «das Produkt» verkaufen zu wollen. 2. Wie kann ich das alles visuell tunen, um eine Markenkonsistenz zu gewährleisten? 3. Wie spielen Hauptaccount des Clubs und Accounts einzelner Damen zusammen. Ausserdem waren hilfreiche Tools und Apps für die Produktion und das Publishing sowie praktische Hardware wie Gimbels und ähnlichem von hohem Interesse.
Woher nehmen Sie die Zeit, ehrenamtlich solche Workshops abzuhalten?
Die Zeit muss man sich nehmen. Manchmal gibt man einfach etwas, ohne etwas zu erwarten. Das sollten wir alle mehr machen und uns gegenseitig helfen. Gerade in der Schweiz sind wir doch so super produktiv, da liegt das eigentlich drin. Ich habe das schon immer gemacht: sei das für Start-ups, Kleinstunternehmen oder Freelancer.
«Eine Agentur kommt heute nicht mehr als reiner Dienstleister aus»
War das eine einmalige Sache oder möchten Sie dies nun auch wiederholen?
Wir möchten wieder Workshops machen. Erfreulicherweise hat ja der Bundesrat jetzt auch beschlossen, dass das Sexgewerbe langsam auch wieder öffnen darf.
Haben Sie anderweitig Ideen für ähnliche Projekte?
Wir haben viele Ideen und Projekte, denn bei Die Antwort ist jeder auch Unternehmer. Unser Fokus bei unserer Agentur sind neben Kreativität und Kultur auch Daten, Apps und Tools. Hier bauen wir uns gerade ein Ökosystem zusammen. Eine Agentur kommt heute nicht mehr mit reiner Dienstleistung aus. Dieses Businessmodell hat ausgedient.
Was bleibt Ihnen von den Workshops am stärksten in Erinnerung?
Neben der Offenheit und Kompetenz der Beteiligten, besonders die grosse Dankbarkeit für unsere Geste: das sind die wahren Customer Touchpoints. Auch das grosse positive Feedback seitens Kunden, Mitarbeitern und Partner hat mich beeindruckt.
Mike Schwede hat die Fragen schriftlich beantwortet.