16.12.2023

Chris von Rohr

«Der Bad-News-Overload ist erreicht»

Chris von Rohr hat ein Buch mit dem Titel «Meh Glück!» geschrieben. Für den Rockmusiker ist sein aktuelles Werk eine Liebeserklärung ans Leben. Im Interview spricht er über das Schreiben als Ausgleich zur Musik und die Sehnsucht nach Glück und Frieden.
Chris von Rohr: «Der Bad-News-Overload ist erreicht»
«Als Blockflötengesicht herumzulaufen, ist nicht mein Ding», sagt Rockmusiker und Autor Chris von Rohr. (Bild: zVg)

Herr von Rohr, nach «Meh Dräck» kommt nun «Meh Glück». Haben Sie Ihre Lebenseinstellung geändert oder ist die weihnächtlich bedingt?
Nicht unbedingt. Das «Meh Dräck», das nebst einem bestimmten ungeschliffenen Sound für fadengraden, ehrlichen Klartext steht, brauchts hierzulande natürlich immer wieder. Trotzdem dürfen wir für unser eigenes Wohlbefinden keinesfalls das Helle, das Glückbringende und Zuversichtliche aus den Augen verlieren. Die ganze Welt sehnt sich heute nach «Meh Glück».

Ihr Buch heisst im Untertitel «Liebeserklärungen ans Leben». Sind Sie nun sanfter geworden?
Ich hatte diese Ader schon immer und schreibe auch immer wieder gerne Balladen. Dazu kommt, dass ich als Woodstock-Kind definitiv Love, Peace and Happiness im Blut habe und  gerne die Schönheiten dieser Welt besinge. Aber klar, das ganze Leben ist eine Art Seelen-Waschmaschine. Ich erlebe das immer wieder im kargen Kreta, wo der Slogan «Weniger ist mehr» greift. Man wird schnell sanft und ruhig und zu einem Stück Natur. Auch die Elternschaft macht uns feiner.

«Ich will Mut machen und den Lesern aufzeigen, was unser so kurzes Leben zu bieten hat, und zwar für jeden»

Nun war 2023 für viele ein schlechtes Jahr, vor allem geprägt durch die Welt- und Wirtschaftslage. Haben Sie dies auch so erlebt?
Auch wenn's etwas frivol tönt: Genau das Gegenteil war bei mir der Fall. Es war ein Traumjahr für mich. Auf allen Ebenen: Liebe, Beruf, Familie und Gesundheit. Natürlich bekomm ich den ganzen Weltwahnsinn mit, aber es bringt wenig, wenn wir uns von diesen ständigen Paniknews runterziehen lassen. Wir können das mit Gejammer und Gefluche nicht ändern. Genau deswegen schrieb ich dieses Buch. Ich will Mut machen und den Lesern aufzeigen, was unser so kurzes Leben zu bieten hat, und zwar für jeden.

Was läuft falsch, dass wir gerne vom Glück abkommen?
Ich glaube, das hat oft mit fehlender Dankbarkeit und einem Überangebot von digitalem Geflimmer in unseren Breitengraden zu tun. Und wenn man dann noch zu fest in die Politik und all die globalen Fehlentscheide reinschaut, kann einem das Tagesglück schon abhandenkommen. Aber als Blockflötengesicht herumzulaufen, ist nicht mein Ding. Jeder Tag zählt und die Sterne des Glücks sind unsere Herzen. Das dürfen wir uns nicht nehmen lassen. Nie!

Wie sind die Reaktionen auf Ihr lebensbejahendes Buch?
Ich staune selbst. Hätte nicht gedacht, dass es zu einem Bestseller wird und sich so lange oben in den Sachbuchcharts hält bei dieser Konkurrenz. Es zeigt jedoch auch, dass sich viele Menschen in diesen wirren Zeiten nach Glück und Frieden sehnen. Der einseitige mediale Bad-News-Overload ist definitiv erreicht.

Wie sind Sie beim Schreiben vorgegangen?
Wie bei einem Song: drei Akkorde und die Wahrheit. Ich schreibe, wie ich musiziere: rhythmisch. Schriftsteller Pedro Lenz sagte mal: «Von Rohr zu lesen, ist ein beinahe körperliches Vergnügen.» Genau das strebe ich an. Es muss swingen. Wie ich es sage, ist genauso wichtig wie der Inhalt. Dies zu erreichen, bedeutet aber auch viel Knochenarbeit und Sorgfalt. Rund 1500 Stunden für dieses Buch.

«Ich glaube, das Wichtigste war dem Leben zu vertrauen und meinen Träumen genug Beachtung und Zeit zu schenken»

Sie führen verschiedene persönliche Erlebnisse und Erkenntnisse aus Ihrem Leben auf. Was waren Ihre Wichtigsten?
Ich glaube, das Wichtigste war, dem Leben zu vertrauen und meinen Träumen genug Beachtung und Zeit zu schenken. Alles ist möglich, wenn man es mit Liebe und Hingabe tut und die Trockenstrecken durchsteht. Hermann Hesse und die Beatles gaben mir zum Glück genug Lebenskraft. Dazu natürlich das klassische Erfolgsmantra schlechthin: «Elvis, gib mir die Gelassenheit anzunehmen, was ich nicht ändern kann. Gib mir den Mut, die Dinge zu ändern, die ich verändern kann, und die Weisheit, den Unterschied zu erkennen.»

Ist Schreiben eine bessere Therapie als Musik?
Es ist der perfekte Ausgleich zur Musik für mich. Dies ist mein sechstes Buch und ich liebe dieses Buchstabenspiel. Das Leben in all seinen Nuancen bietet so viel Stoff. Trotzdem bin ich sehr froh, dass wir nächstes Jahr wieder abrocken können. 50 Jahre Krokus, das ist etwas sehr Erfreuliches und Grund zum Feiern. Das verheisst definitiv auch meh Glück.

Wie feiern Sie persönlich Weihnachten? Oder feiern Rocker keine Weihnachten?
Ich bin ein heilloser Romantiker. Den Tannenbaum, die bunten Kugeln, die Kerzen, den Stille-Nacht-Blues und den ganzen Christmas-Glitter und Glimmer liebe ich. Am allerliebsten natürlich weisse Weihnachten, darum auch dieses Buchcover. Nichts besänftigt meine Sinne und meine Seele mehr als Schnee. Da lohnt sich sogar das Frieren.


Chris von Rohr, geboren 1951 in Solothurn, ist Gründer und Bassist der Rockband Krokus und war ebenso Produzent von Gotthard und Patent Ochsner. Er ist Autor der Bücher «Hunde wollt ihr ewig rocken», «Bananenflanke», «Sternenstaub» und «Götterfunken». Sein aktuelles Buch «Meh Glück!» ist im Wörterseh Verlag erschienen.

 


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