17.02.2009

"Für eine Preisverleihung darf man sich auch mal herausputzen"

Am Donnerstag werden im Zürcher Kaufleuten zum zweiten Mal die Swiss Music Awards vergeben. Im Scheinwerferlicht werden die Musikstars stehen, die entscheidenden Fäden im Hintergrund zieht aber Executive Producer Oliver Rosa. Er hat nichts gegen Glamour, so lange die Musik im Zentrum steht: "Wir wollen nicht mit einem Promi-Aufgebot aus der Regenbogenwelt mehr Aufmerksamkeit generieren." Das Interview:
"Für eine Preisverleihung darf man sich auch mal herausputzen"

Herr Rosa, warum braucht es die Swiss Music Awards?

Wir wollen mit der Verleihung der vielseitigen Musikszene in der Schweiz Rechnung tragen. Durch die verschiedenen sprachlichen Einflüsse ist der Schweizer Musikmarkt einzigartig. Durch Preise in Deutschland oder Österreich kann dieser nicht abgebildet werden, darum braucht die Schweiz ihren eigenen Musikpreis.

Machen es nicht gerade die verschiedenen Landesprachen und Kulturkreise schwierig, einen gemeinsamen Musikpreis zu verleihen?

Es ist ohne Zweifel eine grosse Herausforderung, die Swiss Music Awards umzusetzen. Bis jetzt haben wir es aber gut geschafft, die Mehrsprachigkeit aufzunehmen. Letztes Jahr gewann mit Stress ein Vertreter aus der Romandie drei Preise, dieses Jahr haben wir neben den Schweizer Künstlern mit Nek, Silbermond und Amy Mcdonald Showacts internationale Showacts aus drei verschiedenen Sprachregionen.

Warum tritt IFPI Schweiz (Schweizer Landesgruppe der International Federation Of Producers Of Phonograms And Videograms) als Veranstalter auf? Die Aufgaben des Verbandes drehen sich ja mehr um Urheberrechte und Bekämpfung der Piraterie.

Die Themen Urheberrecht und Piraterie sind sicherlich zentral. Die Verbandsmitglieder haben aber auch diverse andere Interessen. Und als Verband der Plattenlabels ist IFPI sogar der ideale Veranstalter für die Swiss Music Awards. So ist der Musikpreis nicht auf dem Reissbrett einer Agentur entstanden, sondern aus der Musikindustrie heraus.

Der Musikmarkt Schweiz ist nicht sehr gross…

(unterbricht) Aber selbstverständlich gross genug für einen solchen Award.

Auch wenn Sie Grösse über den Umsatz definieren? Die internationalen Labels mit ihren Schweizer Ablegern haben sicher andere Finanzierungsmöglichkeiten als die kleinen, unabhängigen Schweizer Firmen.

Finanziert werden die SMA durch alle Mitglieder der IFPI Schweiz. Die Zusammenstellung der Mitglieder deckt ein breites Spektrum ab und reicht von Marktführer Universal bis zu Kleinstlabels.

Die grossen Labels verteilen also die Preise nicht unter sich?

Nein, auf keinen Fall. Das wird nur schon durch das Reglement verhindert, das einen solchen Spielraum nicht zulässt.

Die Auswahl an erfolgreichen Schweizer Musikern ist nicht riesig. Wie stellen Sie es an, dass nicht jedes Jahr die gleichen Künstler nominiert werden?

Bei den SMA 2009 ist bis auf die Kategorie "Best Album Dance National" kein Künstler nominiert, der letztes Jahr auf einen Preis hoffen durfte. Der Markt ist vielseitiger, als man auf den ersten Blick denkt. Natürlich kann man nicht ausschliessen, dass der gleiche Künstler über die Jahre mehrere Male in die Kränze kommt. Aber das ist beim wichtigsten Musikpreis der Welt -- dem Grammy -- auch nicht anders.

Welche Kriterien müssen für eine Nomination erfüllt werden?

Mediacontrol, das Institut, welches die offizielle Schweizer Hitparade ermittelt, schickt der Academy eine Liste der erfolgreichsten Künstler in der jeweiligen Kategorie. Jedes Academy-Mitglied -- 60 Vertreter aus den Bereichen Musik, Entertainment und Medien -- wählt dann einzeln aus der Liste seine drei Favoriten aus. Aus dieser Wahl gehen schliesslich die Nominierten hervor. Für die Ermittlung der Sieger zählen dann drei Faktoren: Verkaufszahlen, Publikumsvoting und Jury-Stimme. Diese Jury besteht aus neun Musikjournalisten aus allen Landesteilen.

Warum nominieren Sie internationale Stars? Es ist ja eher unwahrscheinlich, dass diese bei der Award Show persönlich dabei sind.

85 Prozent der Musik, die in der Schweiz gekauft wird, stammt von internationalen Künstlern. Trotzdem legen wir den Fokus bei den SMA auf das heimische Schaffen. Sechs von zehn Awards werden an Schweizer Musiker verliehen. Ausblenden können und wollen wir die ausländischen Musiker aber nicht. Wir wollen den Schweizer Markt so abbilden, wie er ist.

Versuchen Sie mit Show-Auftritten von internationalen Stars und einem strikten Dresscode den Rang eines Glamour-Events zu erreichen?

Unsere Stars sind die Musiker. Wir wollen nicht mit einem Promi-Aufgebot aus der Regenbogenwelt mehr Aufmerksamkeit generieren. Unsere Show-Acts sind bekannt genug, um ein grosses Interesse auf sich zu ziehen. Gegen Glamour haben wir aber nichts. Und für eine Preisverleihung darf man sich auch mal herausputzen.

Wie etabliert sind die SMA schon beim Publikum bzw. bei den Musikern?

Aus der Künstlerecke hatten wir nach der ersten Austragung im letzten Jahr sehr gute Rückmeldungen. Es wird allgemein geschätzt, dass die SMA gute Leistungen würdigen. Wenn ich den Presse-Output und die Anzahl akkreditierter Journalisten betrachte, schliesse ich auch auf ein beachtliches Interesse der Öffentlichkeit. Wir wollen aber lieber langsam wachsen, als künstlich etwas aufzublasen.

Sind die Sponsoren auch so geduldig?

Langsames Wachstum bedeutet nicht, dass man nicht auf einem gewissen Niveau starten kann. Unsere Medienpartner sind jeweils führend in ihrem Segment, so z. Bsp. 20 Minuten bei den Gratiszeitungen, DRS 3 bei den Radios oder tilllate bei den Nightlife-Portalen. Was die Kommunikationsleistung betrifft, haben wir also mit einem starken Paket begonnen. Neu kommt jetzt die zeitversetzte TV-Übertragung auf ProSieben dazu.

Erleichtert die TV-Präsenz die Sponsorensuche?

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es einem Sponsor nicht darum geht, dass der Firmenname so oft wie möglich zu sehen ist oder genannt wird. Es wird mit feinerer Klinge operiert. Für Orange ging es zum Beispiel darum, den Brand glaubhaft über die Musik zu vermitteln. Sponsoring ist keine reine Quantitätsfrage, eine wichtige Rolle spielt auch die Qualität des Engagements. Aber das Kultursponsoring ist ein kompetitives Feld, gerade in der jetzigen Wirtschaftslage. Wer einem Partner ein starkes Produkt unterbreiten kann, hat gute Chancen.

Abschlussfrage: Warum werden die SMA langfristig erfolgreich sein?

Weil das Konzept aus der Musikindustrie heraus entstanden ist und damit die nötige Kompetenz vorhanden ist. Weil der Kontakt zu den Musikern über die Plattenlabels direkt stattfinden kann. Und weil das Bedürfnis nach einem solchen Preis besteht.

(Interview: Stefan Wyss)


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