25.06.2020

Serie zum Coronavirus

«Im Theater ist die Normalität noch nicht da»

Hanna Scheuring, Direktorin des Zürcher Bernhard-Theaters, hat unkonventionell auf die Krise reagiert. Wie sie in der Folge 72 unserer Serie sagt, bringt sie Claudio Zuccolini und die «Bingo-Show» ins Opernhaus.
Serie zum Coronavirus: «Im Theater ist die Normalität noch nicht da»
«Für viele Schauspieler sind die letzten Monate ein Schrecken», so Hanna Scheuring, Direktorin des Zürcher Bernhard-Theaters. (Bild: Regula Müdespacher)
von Matthias Ackeret

Frau Scheuring, «Ihr» Theater, das Bernhard-Theater, ist wegen Corona ins benachbarte Opernhaus gezogen. War das eigentlich Ihre Idee?
Ja, die Idee ist allerdings naheliegend, das Opernhaus ist ja sowas wie unsere «Mame». Im Opernhaus können wir unsere Zuschauer mit genügend Sicherheitsabstand zwischen den Stühlen empfangen. Es bleibt immer ein Stuhl leer.

Ist der Wechsel von einem klassischen Boulevard-Theater auf die Opernhausbühne schwierig?
Ich denke der Wechsel in die andere Richtung wäre schwieriger. Nein, natürlich ist das, wie wenn man mit einem Wanderer-Picknick ins Klasserestaurant wechselt. Wir geniessen die Möglichkeiten, die sich im Opernhaus bieten, natürlich sehr.

Wie reagiert «Ihr» Publikum auf die Opernhausbühne?
Natürlich fehlen die Tischchen und mit ihnen die Möglichkeit, ein Glas Wein oder ein Bier mit einem Plättli zu geniessen. Dafür geniessen sie sicher die Plüsch-Stimmung, das Gold und die Gemälde, diesen wunderbaren Bau.

«Das wird bestimmt ein unvergessliches Erlebnis»

Wie hat Moritz Leuenberger, der die «Matinée» im Bernhard-Theater moderiert, auf die Änderung reagiert?
Schmunzelnd. Natürlich sind wir alle hocherfreut, dass wir die letzte «Matinée» der Spielzeit nun doch noch durchführen können. Und dann noch in einem solchen Rahmen. Fast noch schräger allerdings ist die Aufführung der «Bingo-Show» von Anet Corti und Beat Schlatter. Die eh schon sehr spezielle Vorstellung im Rahmen des Opernhauses wird bestimmt ein unvergessliches Erlebnis.

Nun ist praktisch wieder Normalität. Gilt dies auch für das Theater?
Im Theater ist die Normalität noch nicht zurück. Wunderbar natürlich, dass wir endlich wieder spielen dürfen. Aber mit einem Sitzabstand zwischen den Zuschauerinnen und Zuschauern ist die Stimmung natürlich noch nicht wieder «normal». Wir achten sehr darauf, dass es keine Menschenansammlungen im Foyer oder bei den Toiletten gibt. Es ist eine neue Vorsicht da.

Welche Produktionen planen Sie für die zweite Jahreshälfte?
Wir werden am 25. August mit einem ganzen Monat Emil starten. Emil wäre ja im Frühling bei uns im Bernhard-Theater gewesen und ich bin überglücklich, dass wir es geschafft haben, die Vorstellungen zu verschieben. Danach planen wir das Musical «Sister Äct». Wir hoffen sehr, dass wir dieses grossartige Stück trotz den Sicherheitsvorkehrungen stemmen können.

«Wir haben zu spüren bekommen, wie sehr Theater vermisst wird»

Wie erleben Ihre Schauspieler die ganze Situation?
Für viele Schauspieler sind die letzten Monate ein Schrecken. Plötzlich wird einem der Boden unter den Füssen weggezogen. Es kann ganz schnell existenziell werden. Andererseits haben wir in den letzten Wochen auch zu spüren bekommen, wie sehr Theater vermisst wird. So viele Menschen haben mir gesagt und geschrieben, wie sehr sie sich wieder freuen ins Theater zu gehen und wie bitter sie die Abende vermisst haben.

Wohin verreisen Sie in die Ferien?
Daniel und ich werden mit dem Velo über den Lukmanier in Richtung Süden fahren. Das war schon so geplant vor Covid-19 und passt jetzt noch besser.

Was war für Sie das prägendste Erlebnis der letzten Tage?
Gestern hatten wir unsere erste Vorstellung vom Bernhard-Theater im Opernhaus. Für Claudio Zuccolini und auch für uns war das ein grosses Erlebnis. Der Moment, wo mir von zwei Bühnenarbeitern der rote Vorhang aufgehalten wurde, damit ich die Zuschauerinnen und Zuschauer begrüssen konnte, hatte schon etwas Magisches. Ein wunderbares Gefühl.



Was bedeutet die Corona-Pandemie für die verschiedenen Akteure der Schweizer Medien- und Kommunikationsbranche? Bis auf Weiteres wird persoenlich.com jeden Tag eine betroffene Person zu Wort kommen lassen. Die ganze Serie finden Sie hier.

 

 



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