11.07.2008

Schweizer Kinos

Leere Säle während der EM

Verleiher verzichteten weitgehend auf Lancierung neuer Filme.

Die EURO 2008 - ein Freudenfest? Was für Fussballfans, Bierproduzenten und Kebabstände gilt, tönt wie ein Hohn in den Ohren der Kinobetreiber. Viele schlossen oder beklagten leere Säle. Andere nutzten die Gelegenheit, um zu renovieren. "Endlich ist die EURO vorbei", bringt Suzanne Schweizer, Geschäftsführerin vom Basler Kultkino, die Stimmung der Kinobetreiber auf den Punkt. Weil zwei Kinos inmitten der Fanmeile waren, musste sie zwei Säle während der Europameisterschaft schliessen. Die fünf anderen Kinoräume blieben offen.

"Es wäre allerdings besser gewesen, wenn wir diese auch gleich geschlossen hätten", sagt Schweizer gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. "Bei gewissen Filmen war der Saal komplett leer", beklagt Schweizer. Besonders schlimm sei es an den Spieltagen in Basel gewesen. Schweizer vermutet, dass die Fussballuninteressierten gleich in die Ferien geflüchtet seien und darum niemand den Weg in die Kinos gefunden habe. "Kulturelle Anlässe hatten es generell schwer sich dem Medienhype um die EURO zu entziehen", sagt Schweizer. Völlig überraschend kam das nicht. Schweizer hat mit diesem Szenario gerechnet. Das Kultkino blieb vor allem darum geöffnet, weil es die Kundschaft nicht vergraulen wollte.

Der Kinobetreiber Quinnie in Bern reagierte kreativ auf die Umtriebe durch das Fussballturnier. Er nutzte die Zeit, um drei von sechs Kinos zu renovieren, wie Geschäftsführerin Elisabeth Marti sagt. Damit sei allen gedient gewesen: "Wir hatten keine leeren Säle durch die Lärmbelastung, die Kinos erstrahlen nun in neuem Glanz und die Mitarbeiter konnten am Abend in Ruhe die Spiele sehen", sagt Marti. Die anderen drei Säle seien mehr oder weniger normal besetzt gewesen, bemerkt Marti. Gut gelaufen sei "Sex and the City". "Da waren wohl einige Leute auf der Suche nach einer fussballfreien Zeit", vermutet Marti. Erschwerend für die Kinos sei auch das Verhalten der Verleiher. Diese verzichteten weitgehend auf die Lancierung neuer Filme während der Europameisterschaft.

Nur wenige Anpassungen nahm das Arthouse Kino in Zürich vor. Sechs Kinos blieben offen, nur eines legte eine EURO-Pause ein, weil der Lärm an der Fanmeile zu gross war. "Wir bereuen nicht, dass wir die anderen sechs Kinos offen hielten", sagt Geschäftsführerin Annette Bleichenbacher. Es habe gute und schlechte Tage geben, allerdings sei dies normal. Das Kinogeschäft sei generell sehr schwankend. Bezüglich der Europameisterschaft ist Bleichenbacher einzig aufgefallen, dass die Spieltage in Zürich einen enormen Effekt auf das Kundeninteresse hatten. "Da hatten wir jeweils nur sehr wenige Besucher", sagt sie. An den anderen Tagen habe wie üblich vor allem das Wetter die Nachfrage bestimmt. Dieses sei den Kinobetreibern vor allem anfangs des Turniers entgegengekommen, als es häufig regnete.

Dass die Besucherzahlen nicht zusammenbrachen, hängt laut Bleichenbacher auch damit zusammen, dass der grösste Kinobetreiber der Schweiz, die Kitag, den Grossteil der Kinos während des Turniers schloss. Ursprünglich wollte die Kitag während des Turniers gar alle Kinos schliessen. Sie hielt aber einige Kinos wie das Abaton in Zürich oder das Cinedome in St. Gallen trotzdem offen. Zur Frage, ob dieser Entscheid richtig war, wollte die Kitag keine Stellung nehmen. (Roger Braun, SDA)


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