22.05.2002

AEBI JEAN ETIENNE + GERI, Publicis/Wirz/Juni 2002

Jean Etienne Aebi ist Kreativchef bei Publicis, sein fast 15 Jahre jüngerer Bruder Geri seit einem guten Monat Chef der Wirz Werbung. Die beiden Brüder sind sich beruflich in den letzten 15 Jahren kaum begegnet – Geri Aebi leitete die Wiener GGK-Agentur. Jetzt treffen sie in Zürich als direkte Konkurrenten aufeinander – bei ihren potenziellen Kunden und nicht mehr nur einmal im Jahr auf dem Tennisplatz. So oder so pflegen sie einen permanenten Stil des Sich-auf-die-Schippe-Nehmens – weshalb auch dieses Gespräch, wo immer es persönlich wird, nicht ernst zu nehmen ist. Interview: Oliver Prange

Das heikelste Thema zwischen euch ist offenbar das Tennis.

Jean Etienne Aebi: “Es liegt ja auf der Hand, dass mein Bruder eine uneingestandene Neurose hat. Weil er als Aebi weltweit halt immer die Nummer zwei am Rücken hat. Da habe ich mir mal überlegt, dass es irgendein Feld geben sollte, wo er besser sein muss. Deshalb lasse ich ihn einmal im Jahr beim Tennis gewinnen. Diese kleine menschliche Schwäche muss man mir nachsehen.” Geri Aebi: “Der Etienne ist ein begnadeter Schönredner. Das weiss jeder, der ihn kennt. Doch wenn man ihn einmal auf dem Tennisplatz gesehen hat, weiss man, wie sehr er sich bemüht, endlich einmal zu gewinnen.” Jean Etienne Aebi: “Das ist ja genau das Thema. Es ist unglaublich anstrengend, dich gewinnen zu lassen. Du verhaust deine Schläge dauernd, also muss ich mich bemühen, noch mehr zu verhauen. Das ist wirklich anstrengend. Statt dass ich locker meinen Winner schlage, renne ich hin und her und versuche, alles zu machen, dass du den Ball noch erreichst. Aber das ist einfach ausgleichende Gerechtigkeit.” Geri Aebi: “Das ist natürlich schon deshalb absurd, weil ich jetzt 15 Jahre lang keine 2 am Rücken hatte. Bin ja auch kein Verteidiger, sondern ein Angreifer. Aber das mit Aebi gegen Aebi ist natürlich schon so. Das einzige Mal, dass wir bisher gegeneinander angetreten sind, war tatsächlich einmal im Jahr auf dem Tennisplatz. Als New Years Masters. Das hat sich zufällig so ergeben. Und wenn man sich wirklich an die Fakten hält, habe immer ich gewonnen. Nur einmal nicht, und da lag mein kranker Sohnemann auf dem Bänkchen und wimmerte.” Jean Etienne Aebi: “Überlassen wir es doch dem Leser, wer hier der Schönredner ist.”

Nun ist es durchaus möglich, dass dieser brüderliche Wettkampf woanders stattfindet, zum Beispiel in der Direktionsetage eines potenziellen Auftraggebers. Wer gewinnt dann?

Jean Etienne Aebi: “Ich bin auch da grosszügig. Geri Aebi: “Wir betrachten auch das mehr oder weniger als Spass.”

Informiert ihr euch im Beruf gegenseitig, was ihr gerade macht?

Jean Etienne Aebi: “Ich brauche doch keinen Anstoss, um auf eine schlechte Idee zu kommen.” Geri Aebi: “Unabhängig davon erfährt man ja meist, wer die anderen Agenturen sind, gegen die man antritt. Und da wird jetzt von aussen, zum Beispiel mit einem solchen Interview, natürlich enorm viel hineininterpretiert. Wir sind aber beide vom Naturell her so, dass wir gewinnen wollen, wenn wir antreten. Da hatte ich es in Österreich etwas einfacher. Dort haben wir mindestens jede zweite Präsentation gewonnen. Das wäre in der Schweiz eine fantastische Quote – hier ist der Markt härter. Mein Agentur-Motto lautete immer: We play to win. Denn neben dem Gewinnen ist auch das Spielerische wichtig. Nur solange es Spass macht, kann man gut sein. Wenn es nur noch todernst ist, wenn man immer muss und sollte, dann verliert man. Was ich mir gerne in der Schweiz erhalten möchte, ist diese Lockerheit. Das sieht Etienne im Übrigen wohl nicht sehr anders: Die zwei Komponenten Spass und Gewinnen.”



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