Sie wurden vor ein paar Wochen in Boston zum Präsidenten des Internationalen Presse-Instituts (IPI) gewählt. Welche Rolle spielt IPI gegenüber anderen Organisationen wie Reporters sans frontières und Comittee to protect journalists?
Das Internationale Presseinstitut, welches 1950 gegründet wurde, hat sich von Anfang an auf die Durchsetzung von Pressefreiheit konzentriert. Die beiden anderen Institute sind, soviel ich weiss, erst später entstanden. Der Unterschied liegt in der Zusammensetzung der Mitglieder. Beim IPI sind es Chefredaktoren, Verleger und führende Journalisten. Heute sind auch die elektronischen Medien miteinbezogen. Das Kernanliegen ist, die Pressefreiheit zu verteidigen und Journalisten, die in autoritär und diktatorisch geführten Staaten eingesperrt sind, frei zu bekommen.
Ein Unterschied ist, dass IPI nicht nur Regierungen, sondern auch die Arbeit der Journalisten ins Visier nimmt und allenfalls kritisiert.
Das kommt vor. Man hat dafür zu sorgen, dass es journalistische Kriterien sind, welche die Leute leiten. Wir führen auch Diskussionen über berufliche Ehrenkodexe, wobei man dabei immer sehr aufpassen muss. Das kann eine Hintertür für Zensurmassnahmen werden. Wenn man die Überwachung der Journalisten konkretisieren will, kommt sofort die Frage, wer die durchführende Instanz ist. Sind es Leute aus der Berufsgruppe oder gibt es, was eine Zeitlang bei der UNESCO Tendenz war, internationale Organisationen oder staatliche Institutionen, welche die Überwachung und Kontrolle vornehmen?
Warum fusionieren diese verschiedenen Organisationen nicht?
Solche Gespräche gibt es. Doch bei der World Association of Newspapers (WAN) steht, so habe ich den Eindruck, das kommerzielle Interesse im Vordergrund; wie bildet man eine Redaktion, so dass sie mehr einbringt? Und Reporters sans frontières ist eine ursprünglich stark frankophon ausgerichtete Organisation. Das IPI dagegen ist sehr international. Wir veranstalten Kongresse und Seminare in Ländern, die sich im politischen Übergang befinden, in welchen deshalb die Pressefreiheit eine neue Chance hat; in Russland nach der Wende, in der Türkei nach der Herrschaft der Generäle, in Taiwan zum Ärger der China-freundlichen UNO und in Nigeria nach dem Sturz der Militärregierung. Es wäre eine Verarmung für IPI und sein Kernanliegen, wenn man es mit einer anderen Organisation verschmelzen würde.
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