04.05.2005

GURTNER RETO, Touristiker/April 2005

Weisse Arena: Reto Gurtner hat gegenüber anderen Ferienorten der Schweiz einen Vorteil. Er kontrolliert die Weisse Arena in Flims/Laax – vom Bergbahnunternehmen über Sportgeschäfte bis zu eigenen Hotels. Auf diese Weise kann er schneller handeln und die Wertschöpfungskette weiter ausbauen. Der umtriebige Touristiker sagt “persönlich”, mit welchen Marketingideen er jetzt vermehrt internationale Gäste in sein Gebiet holen will. Interview: Oliver Prange Fotos: Marc Wetli

Der Schweizer Tourismus steckt in einer Krise, die nicht nur konjunkturell, sondern auch strukturell bedingt ist. Wo sehen Sie die grossen Probleme?

“Bis in die Achtzigerjahre erlebten wir einen enormen Boom im Tourismus. Dieser war in der Schweiz stark geprägt durch den Zweitwohnungsbau. Bei unseren Tourismusstrukturen handelt es sich immer noch um Selbsthilfeorganisationen wie vor zwanzig oder dreissig Jahren. Wir haben eine Struktur der Klein- und Kleinstunternehmen, die organisch gewachsen ist. All dies hat sich kaum verändert. Aber der Konsument hat sich radikal verändert. Wir haben versucht, die Entwicklung mit der Raumplanung zu steuern. Dabei wurden sehr enge Rahmenbedingungen gesetzt. Vor zehn Jahren gab es im Kanton Graubünden noch eine Initiative ‘Schnee ohne Kanonen’. In der gleichen Zeit hat uns das Ausland gewaltig überholt. Das Hauptproblem ist aber der Zweitwohnungsbau. Das Verhältnis zwischen kommerziellen und ‘kalten Betten’, wie wir das nennen, stimmt in der Schweiz nicht mehr.”

Warum sind wir denn stehen geblieben?

“Das liegt an den hohen Landpreisen. In der Schweiz konnten sich die Leute Zweitwohnungen leisten. Da das Land knapp ist, führte das zu so hohen Landpreisen, dass niemand mehr kommerzielle Betten bauen konnte. Verschärft wurde das noch mit den Reglementierungen durch die Lex Friedrich und die Lex Koller. Man konnte praktisch nur an Schweizer verkaufen. Ein Schweizer, der für eine Wohnung bis zu einer Million Franken bezahlen kann, ist nicht darauf angewiesen, diese Wohnung zu vermieten. Er will es nicht, und er muss es auch nicht.”

Ist der Ferienwohnungsbau für die Tourismusindustrie ein Vor- oder ein Nachteil?

“Das ist immer eine Frage der Verhältnismässigkeit. Wir haben hier in Flims/Laax 25000 Betten. Davon sind 21000 in Ferienwohnungen. Von diesen 21000 Betten werden 80 Prozent nicht vermietet. Die Besitzer benützen ihre Ferienwohnung oder ihr Ferienhaus für Wochenendausflüge. So können sie jederzeit kommen und sind nicht abhängig von der Auslastung der Hotels.”



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