Herr Jost, Sie sind jetzt seit drei Jahren Präsident von Promarca. Was hat sich in dieser Zeit verändert?
In den letzten Jahren hat sich der Markt geöffnet, und wichtige politische, wirtschaftliche und rechtliche Reformschritte sind in Diskussion oder Vorbereitung: Cassis-de-Dijon-Prinzip, Agrarfreihandelsabkommen, Annäherung an EU-Recht, Verschärfung des Wettbewerbsrechts, um nur einige zu nennen. Auch hat sich der Einzelhandel in der Schweiz gewaltig verändert. Jahrzehntelang hat sich wenig bewegt, oder nur auf sehr tiefem Niveau. Inzwischen sind ausländische Konkurrenten gekommen und zum Teil schon wieder gegangen. Kleinere Akteure sind von der Bildfläche verschwunden, auf der andern Seite werden Einkaufskooperationen von europäischem Format geschmiedet. Die Migros hat Markenprodukte ins Sortiment aufgenommen. Das wäre noch vor wenigen Jahren unvorstellbar gewesen.
Markenartikel bei Migros ist per definitonem eigentlich ein Tabubruch. Welche Erfahrungen hat die Promarca damit gemacht?
Markenhersteller sind darauf angewiesen, dass ihre Produkte weit verbreitet sind. Die Verfügbarkeit der Marke ist wichtig. Deshalb ist es begrüssenswert, dass Migros nun auch Markenprodukte aufnimmt. Die Chancen im kleinen Schweizer Markt sind dann einfach besser. Beachtlich ist aber auch, dass der Einstieg der Migros zu einem Wachstum im Gesamtmarkt führte. Besonders augenfällig war das beim Baby Food, wo der Markt ja begrenzt und die Zahl der Neugeborenen konstant oder sogar ein wenig rückläufig ist. Dennoch wuchs dieser Markt, als die Migros einstieg. Die Konkurrenz und die breitere Verteilung der Produkte führten zu einer Marktbelebung. Das war die eine Lektion. Die andere war: Der Konkurrent wird aufgeweckt. Coop hat in der Zwischenzeit die Hausaufgaben sehr gut gemacht. Derzeit ist Coop im Aufwind.
Haben Sie deswegen bei der Migros eine Verunsicherung festgestellt?
Es stellt sich dort wohl immer die Frage, wie authentisch die Migros denn sein will. Je mehr Markenprodukte sie ins Sortiment aufnimmt, umso vergleichbarer wird sie mit anderen Einzelhändlern, womit der Preiskampf an Wichtigkeit gewinnt. Die Migros hat sich nie hundertprozentig auf einen Weg festgelegt. Jetzt ist man wohl in einer Besinnungsphase mehr Markenprodukte oder mehr Eigenmarken, kundengerechteres Angebot oder Unverwechselbarkeit?