08.02.2012

Landmann Valentin/Januar 2012

Der Zürcher Strafverteidiger und Buchautor Valentin Landmann gilt als einer der schillerndsten, aber auch brillantesten Strafverteidiger des Landes. Bevor er in der Causa Hildebrand aktiv wurde, verteidigte er die beiden ehemaligen Sozialarbeiterinnen Wyler und Zopfi vor Bundesgericht und erzielte für die Hells Angels gegen die Bundesanwaltschaft einen De-facto-Freispruch. Doch die Frage bleibt: Wie viel Whistleblowing ist erlaubt?

Herr Landmann, Sie sind als Anwalt des Thurgauer SVP-Grossrates und Rechtsanwalts Hermann Lei selbst in den Fall Hildebrand involviert. Mussten Sie sich das antun?

Sie sehen, ich trete wirklich in jeden Fettnapf hinein, der sich vor mir öffnet (lacht). Beim Fall Hildebrand handelt es sich jedenfalls um eine juristisch hochinteressante Angelegenheit. Zuerst stellt sich die grundsätzliche Frage, was ein Nationalbankpräsident darf und was nicht und ob diese Reglemente öffentlich oder geheim sein sollen. Bis vor Kurzem waren sie das nicht, was ich aufgrund des öffentlichen Interesses als ungeheuerlich betrachte. Der zweite Aspekt ist für mich noch viel interessanter: Wie soll Whistleblowing gehandhabt werden? Wir haben einerseits Interesse an einem funktionierenden Geheimnisschutz, gleichzeitig sollte dieser bei Missständen, die von öffentlichem Interesse sind und ansonsten totgeschwiegen würden, durchbrochen werden können. Für diesen Fall müsste man die Voraussetzungen endlich gesetzlich regeln. Nach Artikel 162 des Strafgesetzbuches dürfen gestohlene Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse nicht weiterverbreitet werden. Dies trifft nach meiner Meinung aber nicht auf das Bankengesetz zu. Ansonsten würde sich jeder Journalist, der die Kontoauszüge der Familie Hildebrand verwendet oder publiziert hat, strafbar machen.

Was man auch Ihrem Mandanten, Herrn Lei, vorwirft?…

Herr Lei hat in dieser Funktion nicht als Anwalt gehandelt, sondern ist als ehemaliger Schulkollege dem Ansinnen des Bank-Sarasin-Mitarbeiters Reto T. nachgekommen und hat einen Kontakt zu Christoph Blocher hergestellt. Herr Lei ist als pointierter SVP-Politiker in dieser Affäre das ideale Opfer, auf das man ohne Not einprügeln kann. Damit lenkt man aber von den eigentlichen Problemen dieses Falles ab. Interessant ist ja auch, dass durch den Einbezug von Christoph Blocher, dessen Handeln völlig korrekt war, der Fall eine politische Dimension bekommen hat und aus Hildebrand einen Heiligen machte. Wäre Herr Blocher Nationalbankpräsident und seine Tochter hätte vom gemeinsamen Konto aus Devisengeschäfte getätigt, sähe die Sache ganz anders aus.

Trotzdem: Der Bank-Sarasin-Mitarbeiter fühlt sich heute von Ihrem Mandanten hinter-gangen, weil er mit «seinen» Akten auch noch die Weltwoche kontaktierte. Deswegen hat er jetzt Klage eingereicht.

Hermann Lei hat, wie er auch der Staatsanwalt gegenüber detailliert ausgeführt hat, immer auf Wunsch und in Absprache mit Reto T. gehandelt. Das ist auch einleuchtend, da sich Aberdutzende von Telefonkontakten und viele persönliche Treffen in der entscheidenden Zeit ergeben haben. Reto T. war bei Christoph Blocher dabei, und als Hermann Lei zu sehr zögerte, suchte er einen anderen Politiker und den Blick auf. Es war aber ein andauerndes Hin und Her und nicht gradlinig.


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