27.03.2002

LOWE FRANK, Gründer und Chef der Agentur Lowe/April 2002

Frank Lowe, Gründer und Chef der Agentur Lowe, die zum Interpublic-Network gehört, über Qualität in der Werbung, über Hirn und Bauch, über die Wichtigkeit von Visionen und Zielen – und über sein besonderes Verhältnis zur Schweiz. Interview Oliver Prange

Sind Sie eher ein Account-Mann oder eher ein Kreativer? Oder gar beides?

“Ich bin ein Account-Mann, habe mit dieser Frage allerdings ein Problem. Denn die Antwort hängt stark davon ab, wie eine Agentur organisiert ist. Ich glaube, dass jeder gute Account-Mann kreativ ist, und dass jeder gute Kreative seine Arbeit auch verkaufen kann. Zeigen Sie mir ein paar gute Kampagnen, und Sie werden überrascht sein, wie viele davon von einer Gruppe von Menschen stammen, in der die gleichen Account-Leute, die gleichen Kreativen und häufig sogar die gleichen Kunden zusammenarbeiteten. In vielen Prämierungsveranstaltungen bekommt der Account-Mann ebenfalls einen Preis. Das ist die Anerkennung dafür, dass gute Werbung nicht nur auf die Kreativabteilung zurückgeht. Nach meiner Erfahrung trägt auch der Kunde viel zur Qualität der Werbung bei. Er weiss zwar weniger über Werbung als wir, denn das ist nicht sein Hauptjob; für seine Risikobereitschaft, etwas einzukaufen und der Kreativabteilung zu vertrauen, sollte der Kunde aber gelobt werden; er sollte einen Teil des Preisruhms einheimsen.”

Heute gibt es in den grossen Agenturen den Kreativen, den Planer und den Account-Mann. Dabei ist die Rolle des Account-Manns ziemlich undurchsichtig. Er steht irgendwo zwischen dem Planer und dem Kreativen.

“Ich glaube, dass die Arbeitsteilung schlechter ist als früher. Ich denke, dass die Account-Leute abgewertet worden sind. Der Planer denkt über die Strategie nach, der Account-Mann tut das nicht mehr, obwohl er es ebenso gut könnte. Die Kreativen sind mehr und mehr auch Verkäufer ihrer Arbeit. Da frage ich mich manchmal, was der Account-Mann eigentlich tut. Trägt er nur die Taschen und kauft die Getränke? Wenn es so weitergeht, wird die Werbung insgesamt verlieren. Denn der Job des Account-Manns ist ebenso anspruchsvoll wie jener des Kreativen.”

Was soll denn eigentlich der Begriff Strategie? Geht es nicht einfach darum, eine gute Idee zu haben? Und kommt die nicht sehr oft aus dem Bauch?

“Da haben Sie Recht. Deshalb ermutige ich auch die Planer in dieser Agentur, die Marktforschung und den Firmenhintergrund anzuschauen. Wenn man dort etwas findet, dann nehmen wir es. Aber es macht keinen Sinn, während Monaten Dinge in der Marktforschung zu suchen, die dort gar nicht vorhanden sind. Ich denke da an eine Kampagne, die ich vor einigen Jahren für Heineken machte. Jedes Bier ist kühl und erfrischend. Ich gab also den Auftrag, etwas über Erfrischung zu bringen, was man noch nie gesehen hatte. Der Texter kam mit der Idee, dass Heineken Körperteile erfrischt, die andere Biere gar nicht erreichen (“Heineken refreshes the parts other beers cannot reach”). Das war eine ziemlich seltsame Idee – aber sie funktionierte. Das Beste, was ein Planer machen kann, wenn er keine Idee in der Forschung findet, ist das zuzugeben und die Sache den Kreativen zu überlassen. Vielleicht haben die ja etwas in ihrem Bauch.”



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