von Matthias Ackeret
Herr Bachmann, die Schweizer Behörden planen laut Zeitungsberichten – analog zu Deutschland – harte Einschränkungen bei der Werbung für ungesunde Nahrung (persoenlich.com berichtete). Wie konkret sind diese Pläne bereits?
Wir lesen und hören, dass beim Bund Pläne in Arbeit sind. Kommissionen oder das Parlament wurden unseres Wissens noch nicht damit bedient. Es sind aber bereits verschiedene Vorstösse hängig, die Werbung für bestimmte Nahrungsmittel regulieren wollen. So zum Beispiel ein Postulat von Nationalrätin Meret Schneider, das darauf abzielt, Werbung für Lebensmittel zu verbieten, welche nicht der Ernährungsstrategie der Schweiz entsprechen.
Was würde die Realisation dieser Pläne für die Schweizer Werbewirtschaft bedeuten?
Zuerst müssen wir die Pläne kennen. Sollten sie in die gleiche Richtung gehen, wie die Pläne der deutschen Regierung, würden sie der Schweizer Werbewirtschaft grossen Schaden zufügen. Denn treffen würde es alle, die in der Werbebranche tätig sind: die Auftraggeber, die Agenturen, die Vermarkter, die Medien und die Aussenwerbung. Jedes Teil der Wertschöpfungskette müsste damit rechnen, dass es Auftragsvolumen verliert. Das darf nicht sein. KS/CS Kommunikation Schweiz wird sich dagegen einsetzen. Und zwar überall, wo solche Gesetze und Verordnungen gemacht werden.
«Wer die Werbung bekämpft, bekämpft die Meinungsäusserungsfreiheit»
Was heisst «sich dagegen einsetzen» konkret? Planen Sie vom Verband KS/CS Kommunikation Schweiz bereits Widerstand gegen diese Pläne?
Selbstverständlich. Werbeverbote sind oft Ausdruck von politischer Hilflosigkeit und nicht von gesellschaftlichem Gestaltungswillen. Das grundlegende Problem kann nicht gelöst werden, also verbietet man die Werbung dafür. Oft werden Werbeverbote nicht auf der Grundlage evidenzbasierter Studien erlassen, sondern um bestimmte gesellschaftliche Modelle zu realisieren. Mit Werbeverboten soll die Gesellschaft zu angeblich gutem oder gesundem Handeln gelenkt werden. Das ist zutiefst undemokratisch und geht von einem Menschen aus, dem unterstellt wird, nicht in der Lage zu sein, für sich selbst zu entscheiden, und der deshalb Entscheidungen für sich besser dem Staat abtritt. Eine solche Haltung lehnen wir ab. Wer die Werbung bekämpft, bekämpft die Meinungsäusserungsfreiheit. Also ein Recht, das die Verfassung garantiert.
Die Behörden hätten lange versucht, sich mit der Lebensmittelindustrie auf Werbeeinschränkungen zu einigen. Leider sei dies misslungen. Warum sind diese Versuche gescheitert?
KS/CS Kommunikation Schweiz war nicht beteiligt und ich kann darum kein Urteil abgeben über diese Verhandlungen. Persönlich bin ich skeptisch gegenüber Selbstregulierung unter Beteiligung des Staates. Denn es besteht immer Gefahr, dass sich der Staat dieses Instruments bedient, um der Wirtschaft seine Auffassung aufzudrücken. Selbstregulierung muss unabhängig sein vom Staat. Wir haben mit der Schweizerischen Lauterkeitskommission (SLK) ein solches unabhängiges Gremium, das mit den zuständigen Branchenpartnern schon einige Selbstregulierungskonventionen erarbeitet hat (zum Beispiel Tabakwerbung, Werbung für Konsumkredite), die bestens funktionieren. Die SLK bietet ihre Dienste auch bei Fragen der Lebensmittel an.
Wie geht es nun weiter?
Wir müssen die Vorschläge des Bundes abwarten, die in die Vernehmlassung kommen oder ans Parlament geschickt werden. Diese werden wir sorgfältig analysieren. Wir werden mit den Vertreterinnen und Vertretern der betroffenen Industrie sprechen, weil wir wissen, dass dort schon sehr viel getan wird für eine gesunde Ernährung. Je nach Beurteilung werden wir mit Parlamentarierinnen und Parlamentariern Kontakt aufnehmen und sie mit Fakten und Positionen bedienen sowie die Dienste der Schweizerischen Lauterkeitskommission anbieten für eine effiziente Selbstregulierung der Branche.
Kommentare
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Ueli Custer, 09.03.2023 11:10 Uhr
Bin ich ein Kind? Und ist der Staat meine Eltern? Eine solche Bevormundung durch den Staat wäre zutiefst unschweizerisch. Es gäbe viel bessere Möglichkeiten. Zum Beispiel das Verbot, in Läden die Süssigkeiten auf dem untersten Tablar vor der Kasse in der sog. Quengelzone zu platzieren. Einfach nur die Werbung zu verbieten ist fantasielos. Schon Goethe wusste: Gift ist eine Frage des Masses. Ein Schokoriegel am Tag ist harmlos, zehn davon jeden Tag ist schädlich.