08.10.2019

Wahlen 2019

Die meiste Wahlwerbung ist «Schrott»

Seit Wochen prangen auf Plakaten und Inseraten Köpfe von Kandidierenden im Wahlkampf. Fast alle kommen gleich daher: Lächelnde Menschen, darunter ihr Name und das Partei-Logo. Zwei Werber erklären im Interview mit dem «Tages-Anzeiger», warum dies so ist.
Wahlen 2019: Die meiste Wahlwerbung ist «Schrott»
Warum alle Kandidatenplakte gleich aussehen, erklärten die beiden Gründer der Agentur PAM Advertising dem «Tages-Anzeiger». (Bild: Keystone/Walter Bieri)
von Loric Lehmann

Miro Pfister, Co-Inhaber von Pam Advertising, erklärte im Interview mit dem «Tages-Anzeiger», «die meiste Werbung ist Schrott». Klar, müsse man als Kandidat in erster Linie seinen Namen bekannt machen. Kandidatenplakate seien daher aufs Wesentliche reduziert. Keine zusätzlichen Botschaften, sondern nur Name, Bild, Parteilogo. «Und das Ganze in einem frischen Design, damit es nicht wie eine ‹Single sucht› -Anzeige aussieht.» Aber am Ende nützen jedoch «Scheitelfrisuren und Zahnpastalächeln» alleine nichts. Es brauche pointierte Abgrenzung, sagte Pfister weiter.

Parvez Sheik Fareed, ebenfalls Co-Inhaber von Pam Advertising, meint Parteiwerbung sei viel wichtiger als die Kandidatenwerbung. «Die wenigsten Wähler panaschieren, die meisten werfen Parteilisten ein.» Daher sei es wichtig, besonders in der Parteienwerbung pointiert aufzutreten. Aber warum gibt es kaum humorvolle Wahlwerbung? «Viele Politiker nehmen sich und ihre Tätigkeit todernst; hier Witz zu zeigen, ist für sie ein Kapitalverbrechen», sagt Sheik Fareed. Aber trotzdem: Wer trockenen und scharfen Humor einsetzt, sei zugänglicher, authentischer.

PAM Advertsiting hat die Kampagne «Langweilig, aber gut» der BDP entworfen (persoenlich.com berichtete). Besonders die Partei als Underdog war für die Agentur eine Herausforderung, die sie besonders reizte. Hinter dem Slogan stehe die Überlegung, dass politische Herausforderungen «unaufgeregt» und «unspektakulär» seien und aber genau kompromissfähige Lösungen zu erarbeiten, bringe am Ende Lösungen.

Die BDP hätte «die Intelligenz und die Eier», Langweiligkeit im politischen Kontext nicht als Schwäche, sondern als Stärke zu erkennen, so Sheik Fareed weiter. «Viele kriegen Schreikrämpfe, wenn sie nur schon daran denken, ein vermeintlich negatives Wort wie ‹langweilig› zu verwenden.» Die politische ­Tätigkeit an sich sei langweilig, aber das heisst nicht, dass man diese Tätigkeit auch langweilig kommunizieren müsse. Man müsse provokativ kommunizieren, um Aufmerksamkeit zu erlangen.



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Kommentare

  • Dieter Widmer, 09.10.2019 12:44 Uhr
    Ein Aspekt stimmt nicht im Artikel. Unveränderte Parteilisten gibt es immer weniger. Längst gibt es mehr veränderte Wahllisten, auf denen kräftig panaschiert wird.
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