06.04.2020

Serie zum Coronavirus

«Grosse Sorgen bereiten mir die Freelancer»

Im Teil 15: Michael Hählen, CEO und Partner von In Flagranti sowie Präsident von Leading Swiss Agencies.
Serie zum Coronavirus: «Grosse Sorgen bereiten mir die Freelancer»
«Die Kundenbetreuung läuft top, da dürfen wir nicht klagen», sagt Michael Hählen, CEO und Partner von In Flagranti. (Bild: zVg.)
von Matthias Ackeret

Herr Hählen, Sie sind LSA-Präsident und Inhaber einer eigenen Werbeagentur. Wie fest beeinträchtigt Corona Ihren persönlichen Alltag?
Corona hat auch meinen Alltag fest im Griff. Ich stehe mit dem Gedanken an den Virus auf und trage diesen auch ins Bett. Ich bin es gewohnt, wirklich überall zu arbeiten – aber ausschliesslich im Homeoffice zu stecken, ist schon neu. Dabei komme ich mir manchmal vor wie in einem Callcenter. Diese spezielle Zeit hat auch schöne Seiten: Ich ass schon mehrmals mit meiner Partnerin zu Mittag, was wir seit Jahren nie tun konnten.

Welche Auswirkungen hat der Virus auf Ihre berufliche Tätigkeit?
Die Kundenbetreuung läuft top, da dürfen wir nicht klagen. Natürlich haben auch wir hier einen Stopp, dort eine Verschiebung. Aber es gibt demgegenüber auch Kunden, die diese Zeit für Grundsätzliches wie ihr Branding nutzen. Sollte der Lockdown den ganzen Sommer andauern, sehe ich neben den wirtschaftlichen Herausforderungen solche im Führungsbereich. Unsere Branche zeichnet eine ausgesprochene Agentur- und Teamkultur aus. Auch wenn zurzeit die Zusammengehörigkeit und die Motivation enorm sind, wird das Informelle und Persönliche allein mit «Digital Coffee Breaks», «Bier um Fünf» und so weiter nicht zu ersetzen sein. Deswegen organisieren wir bei Leading Swiss Agencies einen Open Space, in dem sich die Agenturen zu Themen wie Führung und Kultur austauschen können. Zudem kümmern wir uns beim LSA gemeinsam mit dem Bund der Public Relations Agenturen (BPRA) und spezialisierten Anwälten um spezifische Fragen der Mitglieder, vorab in den Themen Vertragsrecht, Mietrecht, Arbeitsrecht, Kurzarbeit usw.

Welche Massnahmen haben Sie in dieser schwierigen Situation getroffen?
In unserer Agentur haben wir erst ein Teamsplitting eingeführt – aber nach einer Woche komplett auf Homeoffice umgestellt. Weil wir nach «Scrum light» organisiert sind, waren bei uns Daily- und Weekly-Meetings und so weiter üblich – jetzt halt über Slack und Asana. Es ist bei uns wie in allen Agenturen, von denen ich gehört habe: Die Leute sind sehr motiviert, sehr diszipliniert und engagiert. Das gibt Mut für die kommende Zeit, denn diese wird für niemanden einfach.

Wann wird sich der Werbemarkt wieder erholen?
Natürlich gibt es Chancen: Homeoffice, Digitalisierung und neue Formen der Zusammenarbeit lernen wir im Rekordtempo. Auch ist zu beobachten, wie anpassungsfähig viele Unternehmen und Agenturen sind. Aber wenn wir zurück auf die Erfahrungen der Finanzkrise blicken, muss man mit einer langen Durststrecke rechnen. Weil jetzt der Einbruch für ganze Branchen und tausende Unternehmen so unmittelbar und einschneidend ist, werden die Etats kaum am Tag X einfach wieder hochgefahren. Bei den Agenturen wird es darauf ankommen, wie sehr sie in besonders hart betroffenen Branchen beziehungsweise deren Kunden exponiert sind. Grosse Sorgen bereiten mir die vielen Freelancer und freischaffenden Spezialisten. Trotz der zu erwartenden Stützungsmassnahmen wird es für sie besonders schwierig, bis wieder einigermassen Normalität herrscht. Ich hoffe sehr, dass nicht die ganze Branche strukturell beschädigt wird. Sonst wird es künftig noch schwieriger, den Nachwuchs für unsere tolle Branche zu motivieren.



Was bedeutet die Corona-Pandemie für die verschiedenen Akteure der Schweizer Medien- und Kommunikationsbranche? Bis auf Weiteres wird persoenlich.com jeden Tag eine betroffene Person zu Wort kommen lassen. Die ganze Serie finden Sie hier.



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