27.12.2020

Das war 2020

«Kurzarbeit hilft den Agenturen sehr»

Gestrichene Budgets, kurzfristig umgekrempelte oder gar eingestampfte Kampagnen: LSA-Geschäftsführerin Catherine Purgly schildert die Stimmung der Werber. Sie vermutet, dass deren Büros künftig umgenutzt werden – als kreative Hotspots etwa.
Das war 2020: «Kurzarbeit hilft den Agenturen sehr»
Diese Krise werde die Agenturen länger stark beschäftigen, sagt Catherine Purgly, Geschäftsführerin des Verbandes der führenden Schweizer Kommunikationsagenturen Leading Swiss Agencies (LSA). (Bild: zVg., Grafik: Corinne Lüthi)
von Edith Hollenstein

Frau Purgly, war 2020 ein verlorenes Jahr für die Schweizer Kommunikationsagenturen?
Als verloren würde ich das Jahr nicht bezeichnen. Aber es war natürlich in jeder Hinsicht ein aussergewöhnliches und turbulentes Jahr. Während des Shutdowns im Frühling konnten Projekte und Kampagnen zum Teil nicht durchgeführt werden oder sie wurden verschoben. Wir stellten fest, dass die Agenturen je nach Portfolio sehr unterschiedlich betroffen waren von der Pandemie. Ausschlaggebend war hier nicht die Positionierung einer Agentur. Es war schlicht eine Frage von Glück oder Pech. 

Als LSA-Geschäftsführerin sind Sie direkt am Puls: Wie ist aktuell die Stimmung in den Agenturen?
Es herrscht vorsichtiger Optimismus. Eine Krise bietet immer auch Chancen. Die digitale Transformation etwa hat sich nochmals beschleunigt. Die Umstellung auf Homeoffice, auf dezentrales oder hybrides Arbeiten hat sich bei den Agenturen gut eingespielt. Auch nach der Pandemie dürften diese neuen Zusammenarbeitsformen zum Teil erhalten bleiben. Das kann dazu führen, dass Büroräume eine andere Bedeutung erhalten werden – als kreative Hotspots etwa. 

Zu hören sind jedoch auch andere Töne: Mussten die Agenturen Mitarbeitende entlassen?
Dass einzelne Agenturen Leute entlassen mussten, kann in  einer Krise nie ausgeschlossen werden. Die meisten haben jedoch Kurzarbeit in Anspruch genommen. Das half, Arbeitsplätze zu einem grossen Teil zu erhalten. 

«Gewisse Kampagnenmassnahmen oder -sujets mussten kurzfristig eingestampft oder umgestaltet werden»

Sie sagen, die meisten Arbeitsplätze bleiben erhalten. Gibt es Zahlen, die das belegen?
Nein, wir haben keine Detailzahlen. Aber mir sind keine Entlassungen bekannt – wie gesagt: Das Instrument der Kurzarbeit hilft den Agenturen sehr. Ob es nächstes Jahr gleich weitergeht, wird sich zeigen.

Sie haben es angesprochen: Kampagnen wurden gestrichen oder verschoben. Können Sie da Beispiele geben?
In vielen Branchen wurden Kampagnen verschoben, die später nachgeholt oder ganz gestrichen wurden. Die Firmen mussten ihre Angebote und Dienstleistungen je nachdem rasch ändern und ihre Kunden darüber informieren. Das führte dazu, dass gewisse Kampagnenmassnahmen oder -sujets kurzfristig eingestampft oder umgestaltet werden mussten.

In den letzten Jahren kam es in der Agenturbranche immer wieder zu Fusionen. Hat die Pandemie diese Entwicklung beschleunigt?
Wir sehen in diesem Jahr keinen Anstieg an Agenturfusionen. Alle bekannten Fusionen hätten auch ohne die Krise stattgefunden.

Hat die Pandemie im Gegenteil diese Entwicklung eher gebremst?
Das würde ich nicht sagen, denn die Auswirkungen von Corona werden noch lange andauern – bestimmt bis 2021 und 2022. Was dann passieren wird, kann ich nicht voraussehen.

«Bei der Luxusgüterindustrie war der Rückgang massiv»

Sie haben eingangs gesagt, dass die Agenturen sehr unterschiedlich stark betroffen sind. Naturgemäss traf es vor allem die Eventbranche und welche sonst noch?
Das hängt vom Kundenportfolio ab. Eine Agentur, die eine Fluggesellschaft betreut, musste sicher Budgetkürzungen hinnehmen. Gelitten haben aber die Gastronomie und alle Geschäfte, welche während des Lockdowns geschlossen werden mussten. Zudem haben wir einen massiven Rückgang der Luxusgüterindustrie gesehen und folglich ist auch die Werbung in diesem Bereich zurückgegangen. 

Gilt das auch für Digitalagenturen?
Laut unserem jährlichen Branchenindikator, den wir gerade in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Werbe-Auftraggeberverband SWA aufbereiten und Anfang nächstes Jahr publizieren werden, haben Digital- und Content-Marketing-Kampagnen in diesem Jahr zugelegt. Somit war es für Agenturen mit Kunden, die auf diese Weise werben, sicher eher einfacher im Jahr 2020 als für andere. Wenn Agenturen aber auch Kunden aus den vorher genannten Sektoren betreuen, waren auch sie betroffen.

Neben Digital- und Content-Marketing: Welche anderen Mediengattungen haben zugelegt? Print und TV ebenfalls, denn dort wurden in diesem Jahr sehr stark steigende Einschaltquoten registriert?
Nein, so kurzfristig haben gesteigerte Einschaltquoten keinen Einfluss auf die Mediaplanung. Bei Print konnten die Abo-Titel sicherlich etwas zulegen. Gelitten haben während des Lockdowns aber auch alle Titel mit einem hohen Kioskanteil wie auch die Pendlerpresse. Die TV-Sender hatten vor allem auch während des Lockdowns höhere Einschaltquoten, welche sich aber aufgrund der gesunkenen Nachfrage nicht in höhere Investitionen umsetzen liessen. Die aktuelle Mediennutzung ist aber bereits wieder eher auf dem Vor-Corona-Niveau.

Mit Blick in die Zukunft: Was wird 2021 für ein Jahr werden?
Für die Agenturen ist es sehr schwierig, verlässlich zu planen, denn bei vielen Auftraggebern herrscht noch grosse Unsicherheit, wie sich 2021 entwickeln wird. Je nach Verlauf der Krise wird sich zeigen, wann in Bezug auf die Werbebudgets eine Entspannung eintreten wird.

Und Sie selbst: Wie werden Sie das Jahr ausklingen lassen?
Ich denke, ich werde bis zum Jahresende viel in der Natur unterwegs sein und viel Energie tanken, um mit Zuversicht ins neue Jahr zu starten.

 


In der Serie «Das war 2020» greifen wir die grossen Themen des Jahres in kompakter Form nochmals auf. Hier finden Sie die Übersicht.



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