06.01.2022

Tabakwerbung

Nein-Komitee bezeichnet Initiative als extrem

Das überparteiliche «Komitee gegen Werbeverbote» lehnt die Volksinitiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung» ab. Über die Initiative wird am 13. Februar abgestimmt.

Die Initiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» will nach Angaben des Komitees jede Art von Werbung für Tabakprodukte verbieten, die Kinder und Jugendliche erreichen kann. Da es kaum Orte gebe an denen sich Jugendliche nicht aufhalten, und kaum Medien, die nicht auch von Jugendlichen eingesehen werden könnten, führe die Initiative in der Praxis zu einem vollständigen Werbeverbot, argumentieren die Gegner der Initiative.

Eingriff in Wirtschaftsfreiheit

«Das ist ein unverhältnismässiger Eingriff in die verfassungsrechtlich garantierten Wirtschafts- und Informationsfreiheit», erklärte Nationalrat Philipp Kutter (Mitte/ZH) und Präsident der Schweizerischen Lauterkeitskommission, am Donnerstag an der Medienkonferenz des überparteilichen Komitees gegen Werbeverbote. Es zähle zur fundamentalen Wirtschafts- und Gewerbefreiheit, dass legale Produkte beworben werden dürfen.

«Werbung ist eine nicht zu vernachlässigende Einnahmequelle für die Medien, den Kulturbereich, Festivals, kleine Geschäfte, Kioske oder Tankstellenshops», stellte Nationalrat Damien Cottier (FDP/NE) fest. Es gehe um 11'000 direkte und indirekte Arbeitsplätzen, die eine Wertschöpfung von über 6 Milliarden Franken pro Jahr generierten.

Nationalrat Mike Egger (SVP/SG) stellte vor den Medien fest, Erwachsene seien selbst für ihre Gesundheit verantwortlich und sollten auch selbst entscheiden, welche legalen Genussmittel sie konsumierten.

Indirekter Gegenvorschlag

Auch Bundesrat und Parlament lehnen die Initiative ab und stellen ihr einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber (persoenlich.com berichtete). Werbung für Tabakprodukte und E-Zigaretten wird gemäss diesem landesweit auf Plakaten und in Kinos untersagt. Auch ein Sponsoring von internationalen Anlässen ist nicht mehr möglich. An Minderjährige dürfen keine Raucherwaren verkauft werden.

Das Nein-Komitee unterstützt das Tabakproduktegesetz. «Das neue Tabakproduktegesetz geht weit, ohne die Bevormundung durch den Staat masslos zu übertreiben», sagte Nationalrat Rocco Cattaneo FDP/TI. Damit gelinge der Spagat zwischen griffigem Jugendschutz und der Wahrung wirtschaftlicher Interessen.

Die Befürworter der Initiative, argumentieren, Tabakwerbung verleite Kinder und Jugendliche zum Rauchen. Sie verweisen auf die rund 9500 oder 14 Prozent der Todesfälle in der Schweiz, die pro Jahr auf Tabakkonsum zurückzuführen seien.

Die Befürworter kritisieren zudem, das neue Tabakproduktegesetz lasse Werbung zu, die Kinder und Jugendliche erreiche. Von den Parteien sind SP, Grüne, EVP und EDU im Initiativkomitee vertreten. Die GLP unterstützte die Initiative im Parlament mehrheitlich. (sda/cbe)


Das will die Vorlage


Die Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung (Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung)» will für Kinder und Jugendliche sichtbare Werbung für Tabakprodukte verbieten. Dies gilt beispielsweise für Plakate, für Kinos, am Kiosk, für Medien, auf Sportplätzen und auch fürs Sponsoring.

Zulässig wäre Tabakwerbung gemäss der Initiative demnach nur, wenn sie ausschliesslich für Erwachsene sichtbar ist, etwa mit Mailings, Prospekten oder mit gezielter Werbung im Internet oder in sozialen Medien.

Nach einem Ja zur Initiative müsste das Parlament die nötigen Gesetzesänderungen für das Werbeverbot innerhalb von drei Jahren erlassen. Die von der Initiative verlangte Ergänzung der Verfassung fordert zudem, dass Bund und Kantone die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen fördern müssen.

Die Befürworter

Die Initiative wurde 2019 eingereicht. Dahinter stehen die Ärzteschaft, Organisationen des Gesundheitswesens, Jugend- und Sportverbände und Parteien. Tabakwerbung verleite Kinder und Jugendliche zum Rauchen, schreiben sie und berufen sich auf Studien. Doch das neue Tabakproduktegesetz lasse Werbung nach wie vor zu, die Kinder und Jugendliche erreiche, etwa in Gratiszeitungen, an Festivals oder im Internet. Dieses Gesetz ist in den Augen der Initiantinnen und Initianten eine «Alibiübung».

Begännen Jugendliche früh mit dem Rauchen, erhöhe sich die Gefahr von gesundheitsschädlichen Folgen. Rund jeder und jede Vierte der 17-Jährigen rauche gelegentlich oder regelmässig. Rund 9500 oder 14 Prozent der Todesfälle in der Schweiz pro Jahr seien auf Tabakkonsum zurückzuführen.

Von den Parteien sind SP, Grüne, EVP und EDU im Initiativkomitee vertreten. Die GLP unterstützte die Initiative im Parlament mehrheitlich – Fraktion und Vorstand der GLP empfehlen den Delegierten ein Ja.

Die Gegner

Dem Bundesrat und dem Parlament gehen weit reichenden Werbeverbote zu weit. Mehr Jugendschutz wollen sie mit einem indirekten Gegenvorschlag zur Initiative erreichen – dem neuen Tabakproduktegesetz. Werbung für Tabakprodukte und E-Zigaretten wird demnach landesweit auf Plakaten und in Kinos untersagt. Auch ein Sponsoring von internationalen Anlässen ist nicht mehr möglich. An Minderjährige dürfen keine Raucherwaren verkauft werden.

Plakatwerbung für Tabakprodukte ist in 17 Kantonen schon heute verboten, sechs dieser Kantone lassen Tabakwerbung auch im Kino nicht zu. Noch restriktivere Werbeverbote für Tabakprodukte haben der Kanton Solothurn und das Wallis.

Hingegen wäre Tabakwerbung am Kiosk, in der Presse oder im Internet weiterhin grundsätzlich zulässig. Erlaubt wäre Tabakunternehmen auch das Sponsoring von nationalen Anlässen – es sei denn, Kinder seien das Zielpublikum. Gratismuster von Tabakwaren dürften gemäss Gegenvorschlag nicht mehr abgegeben werden. Im Radio und im Fernsehen ist Tabakwerbung übrigens schon heute verboten.

Das Tabakproduktegesetz, das mehr regelt als den Jugendschutz, kann unabhängig vom Ausgang der Abstimmung über die Initiative in Kraft treten. Bei einem Ja müsste es nachträglich angepasst werden, wie der Bundesrat schreibt. Die Referendumsfrist für das in der Herbstsession gutgeheissene Gesetz läuft bis zum 20. Januar.

Die FDP hat die Nein-Parole zur Initiative beschlossen. Im Parlament lehnten neben der FDP auch die SVP- und die Mehrheit der Mitte-Fraktion die Initiative ab. Auch der Gewerbeverband und der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse empfehlen ein Nein. (sda/cbe)



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