Markus Ruf, Ruf Lanz steht global auf Platz drei im soeben veröffentlichten Ranking von Lürzer's Archive. Was bedeutet diese Auszeichnung für Sie persönlich?
Eine schöne Bestätigung. Es zeigt, was möglich ist, wenn eine Agentur, die mit Herzblut nach kreativen Lösungen sucht, auf Auftraggeber trifft, die den Mehrwert dieser Ideen honorieren und nicht in aufgeblähten Gremien zu Tode diskutieren.
Lürzer's Archive begleitet Sie seit 1985. Wie hat sich die Kreativbranche in diesen fast 40 Jahren verändert?
Plakativ formuliert: Früher waren die Ideen grösser und die Credits kleiner. Heute sind die Ideen kleiner und die Credits grösser. Die direkte Demokratie ist eine prima Staatsform, weil sie Kompromisse fördert und vor Radikalität schützt. Aus demselben Grund ist sie jedoch zur Beurteilung von Kreativität ungeeignet. Je grösser die Gruppe der Leute ist, die um ihre Meinung gefragt werden, desto weniger Ecken und Kanten hat am Ende das Resultat. Absicherungsmentalität ist der Tod herausragender Ideen.
Im Lürzer's Archive Ranking führen Sie als Creative Director (CD) und als Copywriter die Weltrangliste an. Wie wichtig ist es, beide Disziplinen zu beherrschen?
Wichtig für mein persönliches Wohlbefinden ist es nicht. Aber es ist eine Ehre, die auch den Texter in mir erst mal sprachlos macht. Und die ich als CD nur so erklären kann, dass ich auch nach 40 Jahren in dieser Branche sehr viel lieber gestalte als verwalte.
Lürzer's Archive gilt als besonders aussagekräftig, weil jede Kampagne nur einmal eingereicht werden kann. Wie sehen Sie das Verhältnis zu anderen Branchenauszeichnungen?
In Ihrer Frage liegt schon die halbe Antwort: Viele Award-Festivals erfinden immer mehr und immer bizarrere Subkategorien, damit dieselbe Arbeit 25- oder 30-mal eingereicht werden kann, in der Hoffnung auf einen Gewinn – was zum Beispiel in Cannes pro Einsendung eine Flasche «Château Mouton Rothschild 1er Cru» kostet. Im Gegensatz dazu kann man bei Lürzer's Archive eine Kampagne nur ein einziges Mal hochladen. Man kann sich den Erfolg also nicht erkaufen, sondern muss ihn sich buchstäblich erwerben. Mit einer Fülle guter Arbeiten.
Sie haben mir gesagt, dass die gesammelten Lürzer's Archive Magazine den letzten Agenturumzug überlebt haben. Warum schleppt man eine «gefühlte Tonne» an Magazinen mit? Ist das Ihre Inspirationsquelle oder eher Trophäensammlung?
Weder noch. Die lückenlose Lürzer's-Sammlung seit der ersten Ausgabe ist eher eine Mischung aus Wertanlage und Geschichtsschreibung: von der Antike der kreativen Werbung bis in die Neuzeit. Vielleicht vermache ich sie später einmal der ZHDK für ein nerdiges Forschungsprojekt.
Ihre ausgezeichneten Kampagnen reichen von Welti-Furrer Fine Art Transport über die VBZ, Hiltl und die Stiftung Tier im Recht bis zum Museum Haus Konstruktiv und der persönlich-Jubiläumskampagne. Was verbindet diese unterschiedlichen Projekte?
Bei aller Unterschiedlichkeit: erstens eine Idee, welche die Botschaft so überraschend verpackt, dass das übersättigte Publikum sie überhaupt hören möchte. Und zweitens eine Umsetzung, die sich nicht in grafischem Halligalli verliert, sondern im Dienst der Idee steht. Der Texter Johannes Jost, einst mein sehr geschätzter Büronachbar bei Farner Publicis, sagte schon in den 1980er-Jahren: Ideen sind wie Spermien. Es werden viele produziert, aber nur ganz wenige wirken befruchtend.
Wie reagieren Ihre Kunden auf solche internationalen Auszeichnungen?
Mit ausgesprochen herzlichen Gratulationen. Es ist ein Erfolg, der sich oft mit ihren eigenen Erfahrungen deckt. Denn die Kampagnen werden von ganz normalen Menschen – also Nichtwerbern – regelmässig für den Aushang in den eigenen vier Wänden bestellt; sei es von VBZ-Anhängern, eingefleischten Hiltl-Fans oder Kunstfreunden bei Welti-Furrer oder dem Museum Haus Konstruktiv. Gibt es ein schöneres Kompliment?
Was braucht eine Schweizer Agentur, um international erfolgreich zu sein?
Sie muss wissen, wofür sie steht und wofür nicht. Nur aus einer klaren Fokussierung entsteht Grosses. «Vier Sitze können andere besser», soll Ferry Porsche einmal gesagt haben. Sonst wäre statt des ikonischen 911ers vielleicht eine dröge Familienkutsche entstanden.