29.06.2020

Firmen boykottieren Facebook

«Social Media müssen frei sein von Hass»

Coca-Cola schaltet weltweit für mindestens 30 Tage keine Werbung mehr auf Twitter und Facebook. Was ist mit Youtube? Und was passiert den mit freigewordenen Budgets? Matthias Schneider, Kommunikationschef von Coca-Cola Schweiz, über die Hintergründe.
Firmen boykottieren Facebook: «Social Media müssen frei sein von Hass»
Matthias Schneider ist Kommunikationschef von Coca-Cola Schweiz. (Bilder: Coca-Cola Schweiz)
von Edith Hollenstein

Herr Schneider, Coca-Cola schaltet weltweit für mindestens 30 Tage keine Social-Media-Werbung mehr. Wie sind Sie als Schweiz-Kommunikationschef davon betroffen?
Ganz direkt. Auch für uns in der Schweiz gilt dasselbe: Ab dem 1. Juli werden wir, also der Schweizer Ableger von «The Coca-Cola Company», bezahlte Werbung auf allen Social-Media-Plattformen für mindestens 30 Tage unterbrechen. Wir werden diese Zeit nutzen, um unsere Werbestandards und -richtlinien neu zu bewerten und bei Bedarf zu überarbeiten. Zudem werden wir im Detail festlegen, was wir von unseren Social-Media-Partnern zusätzlich einfordern, um ihre Plattformen von Hass, Gewalt und unangemessenen Inhalten zu befreien. Klar ist aber jetzt schon, dass wir von ihnen mehr Verantwortung, aktiveres Handeln und Transparenz erwarten. 

Coca-Colas Social-Werbeetat habe allein in den USA 2019 geschätzte 22 Millionen Dollar betragen. Wird dieses Budget reduziert oder auf welche anderen Kanäle weicht Coca-Cola stattdessen aus? Und wie machen Sie das nun in der Schweiz?
Zur Zeit prüfen wir Alternativen. Wir haben viele spannende neue Inhalte, die wir breitenwirksam kommunizieren wollen. Deshalb besteht grundsätzlich nicht die Absicht, unsere Werbebudgets zu reduzieren, sondern die entsprechenden Mittel anderweitig einzusetzen.

«Ein nicht unwesentlicher Teil unseres Marketingbudgets fliesst in die sozialen Kanäle»

Wie gross ist der Anteil am Budget für Spendings auf Facebook, Instagram und Twitter?
Wir sprechen grundsätzlich nicht über unsere Budgets. Ich stelle aber fest, dass ein nicht unwesentlicher Teil unseres Marketingbudgets in Werbung auf den sozialen Kanälen fliesst. 

Was ist eigentlich besser an Google und Youtube? Oder wird Coca Cola auch dort die Werbung aussetzen?
Auch Youtube ist von der oben genannten Massnahme betroffen.

«Wir wollen einen aktiven Beitrag für eine offene, transparente und solidarische Schweiz leisten»

Noch vor Corona und damit auch vor der Debatte um Rassismus und Polizeigewalt haben Sie in der Schweiz mit einer Aktion gegen Diskriminierung für Aufsehen gesorgt. Was für Effekte hatte das?
Diese Aktion war der Auftakt unserer auf mehrere Jahre angelegte #mitenand-Kampagne, in der wir uns für ein offen, transparente und solidarische Schweiz bekennen und einsetzen. Die Daten einer detaillierten Analyse liegen vor und sie sind besser als erwartet. So wurde der Kampagnenauftakt in unserem internen Ranking als eine der erfolgreichsten Kampagnen der vergangenen Jahre ausgezeichnet. Gründe dafür gibt es viele. So hatten etwa die Sujets einen direkten, überproportionalen Einfluss auf die Wahrnehmung und das das Konsumverhalten den Befragten.

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Damals haben Sie weitere Aktionen dazu angekündigt. Wie sind diese vom Boykott betroffen?
Seit dieser Ankündigung ist viel passiert. So setzten wir beispielsweise vor der Coronakrise Akzente zum Equal Pay Day und zum Weltfrauentag. In der ersten Phase der Coronakrise konzentrierten wir uns auf solidarische Soforthilfe für Menschen, die für uns alle da waren #mitenand Solidaritätsaktion, aber auch für Bedürftige Spende Schweizerisches Rotes Kreuz. Als aktuell letzte Aktion luden wir die Schweizerinnen und Schweizer auf ein gratis Coci ein, um zusammen mit ihnen auf ein Stück wiedergewonnene Normalität anzustossen: Das nächste Coci geht auf uns. 

Steht das alles in Zusammenhang?
Bei diesen Aktionen steht unsere Überzeugung im Vordergrund: Wir wollen einen aktiven Beitrag für eine offene, transparente und solidarische Schweiz leisten. Auch zukünftige Aktionen – und von denen sind bereits wieder einige geplant – werden in diesem Kontext stehen. Der Boykott ist eine weiterer Schritt in derselben Richtung.



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