06.07.2021

Livesystems-Verkauf

«Wir halten es wettbewerbsrechtlich für bedenklich»

Die Post hat vergangene Woche bekannt gegeben, dass sie die Firma Livesystems übernimmt. Markus Ehrle, CEO von APG und Präsident des Verbandes Aussenwerbung Schweiz (ASW), kritisiert den Kauf und den gleichzeitigen Einstieg der Post ins OOH-Geschäft.
Livesystems-Verkauf: «Wir halten es wettbewerbsrechtlich für bedenklich»
Markus Ehrle, CEO von APG und ASW-Präsident. (Bild: Keystone/Gaëtan Bally)

Herr Ehrle, was bedeutet der Einstieg der Post in die Aussenwerbung (persoenlich.com berichtete) für APG?
Ich kenne die Hintergründe für den Verkauf von Livesystems und auch die Pläne der Post nicht, aber zuerst einmal – und das ist dann schon gleich das einzig Positive – zeigt der Einstieg der staatlichen Post, dass der Out of Home Media-Markt nach wie vor sehr attraktiv ist und dass die Aussenwerbung im Kommunikationsmix der Zukunft eine ganz wichtige Rolle spielen wird. Es ist aber wohl auch so, dass sich einige Anbieter in den letzten Jahren im hart umkämpften Werbemarkt wohl etwas gar viel Umsatz zutrauten und sich in Ausschreibungen mit viel Geld Aussenwerbe-Konzessionen sicherten.

Wo sehen Sie die grössten Problempunkte durch den Einstieg eines Staatsunternehmens in diesen Markt?
Praktisch alle grossen und wichtigen Aussenwerbe-Konzessionen in der Schweiz sind im Besitz der öffentlichen Hand. In den Ausschreibungen geht es vorwiegend um die Höhe der Abgaben und Mindestgarantien. Auch Livesystems hat in der Vergangenheit in ihren gewonnenen, öffentlichen Ausschreibungen um öffentliche Konzessionen (u.a. Stadt Zug, VBZ, BLS und Post sowie PostAuto) beträchtliche Abgaben und hohe Mindestgarantien offeriert und so die Mitbewerber, teilweise auch die APG|SGA, überboten.

Und was ändert sich dadurch, wenn die Post Eigentümerin ist?
Wenn nun die von der Post übernommene Livesystems auch in Zukunft – mit den zusätzlichen Mitteln der neuen Besitzerin – das weiter tut, dann ist das ordnungspolitisch äusserst bedenklich. Denn wo führt das in Zukunft hin, wenn staatliche Betriebe mit staatlichen Garantien staatliche Verträge bewirtschaften und diese bei etwaigen Verlusten mit staatlichen Zuschüssen decken? Da entsteht ein grosses Ungleichgewicht gegenüber den Out of Home-Unternehmen, welche als «Pure Player» die ökonomischen Marktmechanismen berücksichtigen und dies bei ihren Angeboten miteinberechnen müssen.

«Der Markt ist jetzt schon extrem kompetitiv»

Aber können Sie den Schritt der Post nicht nachvollziehen ...
Ich habe ein gewisses Verständnis dafür, wenn die Post das Vermarktungsgeschäft ihrer eigenen Kanäle «insourcen» möchte. Das übrige Aussenwerbegeschäft hat aber meiner Meinung nach nichts mit dem Leistungsauftrag der Post sowie auch nichts mit dem bisher betriebenen Werbegeschäft der Post wie Mailings zu tun. Oder anders gesagt: Was hat die Vermarktung von Plakatwerbeflächen mit dem Zweck der Post gemäss Artikel 1 des Postgesetzes zu tun, worin steht, «dass das gewerbsmässige Erbringen von Postdiensten oder dass der Bevölkerung und der Wirtschaft vielfältige, preiswerte und qualitativ hochstehende Postdienste sowie die Grundversorgung mit Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs angeboten werden»?

Wie wird sich der Schweizer Markt durch diesen Einstieg verändern?
Der Markt ist jetzt schon extrem kompetitiv, deshalb dürfte sich kurzfristig wenig ändern. Alles andere wird davon abhängen, welche Ziele die Post hat und welchen Handlungsspielraum sie in der freien Marktwirtschaft erhalten wird.

Trotzdem haben Sie als Marktführer doch auch einige Berührungspunkte mit der Post. So haben Sie einen Zusammenarbeitsvertrag mit «PostAuto». Wird dies die Post künftig alleine machen?
Wir pflegen und haben mit «PostAuto» eine langjähre und sehr gute Partnerschaft. Gerade im letzten Jahr konnten wir im Rahmen einer Ausschreibung unsere Verträge langfristig erneuern.

«In den nächsten Tagen werden wir die Möglichkeiten wettbewerbsrechtlicher und branchenpolitischer Schritte besprechen»

Wird der Verband der Aussenwerbung Schweiz (ASW), den Sie präsidieren, gegen den Einstieg der Post intervenieren?
Wir haben uns bereits im Rahmen des Vorstands ausgetauscht und haben unsere Position abgestimmt. In den nächsten Tagen werden wir das weitere Vorgehen definieren und dabei die Möglichkeiten wettbewerbsrechtlicher und branchenpolitischer Schritte besprechen. 

Positiv gesprochen: Was können die privaten Anbieter was die Post nicht kann?
Der analoge und digitale OOH-Markt in der Schweiz ist äusserst innovativ, kompetitiv und zeichnet sich durch einen, auch im weltweiten Vergleich, sehr hohen Qualitätsstandard aus. Was die staatliche Post besser können soll, kann ich beim besten Willen nicht eruieren, werde das aber genau verfolgen.


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KOMMENTARE

Raphael Weber
07.07.2021 22:44 Uhr
zu Livesystems gehört auch Nau.ch wird die Post nun auch Verleger?
Kommentarfunktion wurde geschlossen

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