15.03.2019

SWA-Jahresmeeting

Dem Sensenmann ins Auge geschaut

Steter Wandel als Überlebensstrategie: Was heisst das fürs Marketing? Unter dem Motto «Transform or Die?» präsentierten am Werbemarkt-Treffen vom Donnerstag in Zürich-Oerlikon drei Referenten ihre Strategien für den Wandel. Verblüfft hatte einer.
SWA-Jahresmeeting: Dem Sensenmann ins Auge geschaut
Dennis Lück als personifizierte Allegorie des Todes: Über 300 Leute kamen am Donnerstag zum Jahresmeeting des Schweizer Werbe-Auftraggeberverbands (SWA) im Stage One in Zürich-Oerlikon. (Bilder: Adrian Bitzi)
von Edith Hollenstein

Noch kein einziger der rund 300 Stühle war besetzt, da wurde im Eingangsbereich bereits getuschelt. Dennis Lück, Kreativchef der Zürcher Kommunikationsagentur Jung von Matt/Limmat, werde eine Performance liefern, die man auf keinen Fall verpassen solle. Lück war als letzter Referent an der Reihe. Dass er für seinen Vortrag von Kopf bis Fuss schwarz kostümiert und mit einer Sichel in der Hand auf die Bühne trat, dürfte den meisten Besuchern noch eine Weile in Erinnerung bleiben.

«Für Sie nicht überraschend: Der Tod spricht Hochdeutsch», tönt es unter der Sensenmann-Kutte hervor in Richtung Publikum. Lück war vom Seiteneingang her auf die Bühne gekommen, um seinen Vortrag zu «Transform or Die?» zu beginnen. Lück sagt, ihn habe an diesem Motto das Fragezeichen gestört. Es sei «das Symbol der geistig Schwachen» und gehöre hier nicht hin. Vielmehr müsse das Motto abgeändert werden, in: «Die. And transform!» – sprich, man müsse zuerst sterben, um sich tatsächlich radikal wandeln zu können.

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Daraufhin präsentierte der als aussergewöhnlich umtriebig bekannte Werber «sechs steile Thesen» zur Frage, was alles aus der Werbebranche zwecks Transformation umgebracht werden müsste. Darunter etwa die Götter. Begriffe wie Werbe-Guru, Werbe-Star oder Marketing-Gott seien Unsinn. Solche Branchen-Götter brauche es keine mehr. «Ich finde, die Götter müssen sterben», so Lück. Denn heute verlaufe vieles weniger hierarchisch. Es brauche darum keine Kreativ-Direktoren mehr, sondern Creative-Moderatoren.

Weiter sollen nach Lück auch die Idioten sterben müssen. Idioten seien diejenigen, die sich dem Neuen und Unbekannten verweigerten – der Digitalisierung und den Daten etwa. Dies solle man besser als Chance sehen, denn Firmen müssten messen, was ihre Mitarbeiter oder ihre Kunden tun und diese Daten nicht für sich behalten, sondern diese extern weitergeben.

Lebensfreude kommt per Bier zurück

Zudem sei in der Werbebranche eine neue Kultur von Nöten: Dazu müsse eine «kreative Transformation» stattfinden. «Das neue Branchen-Manifest muss auf Bier-Etiketten gedruckt werden. So ist sichergestellt, dass es alle Agentur-Mitarbeitenden mindestens zwei Mal am Tag lesen», meint Lück. Ob er dabei schelmisch lacht, können die Besucher nicht sehen. Sein Gesicht ist noch immer unter der schwarzen Kapuze versteckt. Und zum Inhalt des Manifests – das sei ganz einfach: «Weniger Skill, mehr Spirit, das ist wichtig», so Lück.

Bevor der personifizierte Tod seine Lebensfreude im Bier beim anschliessenden Stehdinner wiederfand, schloss er sein Referat mit einem Ratschlag an die Werbeauftraggeber im Publikum: «Halten Sie sich Folgendes vor Augen: Sterben und sterben lassen ist etwas Gutes.»

Trends seien meist absehbar

Vor Lück referierten Christoph Baron, Global Head of Media bei Sanofi in Frankfurt, und Patrick Dixon, Futurist und Chairman Global Change Ltd in London. Baron zeigte auf, wie sich der Mensch künftig immer stärker mit den Maschinen verbinden wird. «Wir werden nicht einfach nur mit dem Netz verbunden sein, sondern Teil des Netzes werden», so Baron. Er wies darauf hin, dass der Mensch damit überfordert sein wird. «Wir werden diese zunehmende Verschmelzung jedoch gar nicht so stark merken.»

Baron

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Dixon sprach davon, dass Trends meist absehbar seien, und ein Blick in andere Länder zeige meist gut, was kommen wird. Die schwierige Frage sei nur, wann genau – zu welchem Zeitpunkt – etwas wichtig werden wird. Oftmals sei es so, dass für einen Durchbruch in einer Gesellschaft zuerst genug Vertrauen aufgebaut werden müsse. Dixon sagt: «Die grösste Herausforderung für Firmen es, dieses Vertrauen aufzubauen.» Auch er hatte einen Ratschlag an die Marketing-Experten bereit: «Versichern Sie sich, dass sie wirklich gute Experten haben für Themen, die Sie zu wenig gut verstehen. Und wagen Sie etwas, probieren Sie aus: Spielen Sie und haben Sie Spass».



Gilles Marchand überraschend zu Besuch

Als «Überraschungsgast» trat Gilles Marchand auf. Der SRG-Generaldirektor, der anschliessend gleich weiterreiste zum Abschiedsfest von SRF-Direktor Ruedi Matter, sprach unter anderem über Medien-Nutzungsformen der Zukunft: «Youtube wird für die SRG-TV-Produkte von Morgen sehr wichtig werden, genauso Smart-Devices.» Zudem machte er deutlich, dass es für die SRG mittelfristig wichtig werden wird, dass sie Onlinewerbung machen kann, und vielleicht irgendwann auch zielgruppenspezifische TV-Werbung.



Weitere Bilder vom SWA-Jahresmeeting finden Sie in unserer Fotogalerie.

 

 



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