René Götz, seit der Verkündigung des Wechsels vom reinen Hip-Hop-Festival zu einem breiteren Genre sind mehr als vier Wochen vergangen. Es gab viel Kritik. Hat Sie das Ausmass überrascht?
Nicht die Kritik selbst, aber die Heftigkeit war schon überraschend. Vor allem die Art, wie anonym und emotional aufgeladen in sozialen Medien reagiert wurde, war intensiv. Wir schätzen es sehr, dass sich unsere Community so stark mit dem Festival identifiziert und in den Dialog tritt. In der Vergangenheit haben wir das Line-up gestaffelt kommuniziert und so einen Spannungsbogen aufgebaut. Dieses Jahr haben wir das komplette Programm auf einmal veröffentlicht. Das ist in der Branche gängig, hatte aber zur Folge, dass das Feedback auf einen Schlag kam und entsprechend konzentriert ausfiel. Trotz Öffnung bleiben wir klar im Kern: 90 Prozent der 65 Acts sind Rap- und Trap-Acts – unsere Wurzeln bleiben bestehen, ergänzt durch neue Impulse.
Besonders der R&B-Headliner Justin Timberlake stösst vielen, oft auch jüngeren Menschen aus der Hip-Hop-Community sauer auf. Besteht eine Gefahr, dass damit Fans verloren gehen?
Wir verstehen, dass Justin Timberlake polarisiert – gerade bei einem Publikum, das mit Battle-Rap und Trap sozialisiert wurde. Aber Trap und Rage sind erst in der Post-Corona-Zeit dominant geworden, davor war die Szene und auch unser Line-up viel breiter. Timberlake steht für eine Ära des Urban Pop, die weltweit Generationen geprägt hat – er passt deshalb sehr gut zu unserer Festival-DNA. Es geht darum, Qualität und Freude zurück auf die Bühne zu bringen.
Auf Instagram wird in den Kommentaren darüber zynisch gewitzelt, dass nächstes Jahr im Zuge der Konzeptöffnung wohl Helene Fischer als Headlinerin auftreten würde ...
Wir nehmen solche Kommentare mit einem Augenzwinkern zur Kenntnis. Gleichzeitig zeigen sie, wie emotional unser Publikum mit dem Festival verbunden ist – und das ist grundsätzlich positiv. Aber eben, man darf nicht vergessen: Auch früher hatten wir Acts im Line-up, die jenseits der reinen Hip-Hop-Schublade lagen. Jetzt kehren wir bewusst zu einer breiteren, freudvollen Urban-Identität zurück. Und Helene Fischer? Keine Sorge, das wird nicht passieren.
«Wir holen uns die Vielfalt bewusst zurück»
Welche Risiken sehen Sie für die etablierte Marke OAF?
Natürlich ist jede Weiterentwicklung mit Risiken verbunden, besonders wenn man eine Marke wie das OAF vor sich hat. Aber das grössere Risiko wäre gewesen, stehenzubleiben und zu glauben, dass sich das musikalische Umfeld nicht weiterentwickelt. Unser Weg war immer urban, aber «urban» ist heute viel mehr als reiner Hip-Hop. Es umfasst auch R&B, Afrobeat, Latin, Dancehall – alles Stilrichtungen, die ein urbanes Lebensgefühl transportieren. In dieser Vielfalt liegt nicht nur musikalisch, sondern auch emotional ein riesiges Potenzial.
Wie wird das Festival seine Markenidentität bewahren, während es gleichzeitig neue Zielgruppen erschliesst?
Wir gehen nicht in eine neue Richtung, sondern zurück zu einem Verständnis von Urbanität, das breiter ist als das, was wir in den vergangenen zwei, drei Jahren gelebt haben. Wenn man sich Line-ups aus der Vergangenheit anschaut, sind dort Namen wie Usher, Pharrell Williams oder auch The Weeknd zu finden. Wir holen diese Vielfalt jetzt bewusst zurück. Aber klar ist auch: Trap bleibt ein Teil des Ganzen, und die Trap-Community wird bei uns weiterhin ernst genommen und bekommt ihren Raum. Das heisst, rund 90 Prozent des gesamten Line-up dreht sich rund um Trap.
«Die Bühne lebt, sie bewegt sich, sie erzählt Geschichten»
In Ihrer Medienmitteilung sprechen Sie von einem «multisensorischen Erlebniswert»: Was ist damit gemeint?
Mit «Skyline 2.0» schaffen wir ein Festivalerlebnis, das nicht nur akustisch und visuell, sondern auch emotional immersiv ist. Die Bühne lebt, sie bewegt sich, sie erzählt Geschichten. Dazu kommen Elemente wie Lichtchoreografien, Sounddesign und dramaturgisch geführte Abläufe. Wir denken das Festival als Erlebnisraum, nicht nur als Konzertort. Unser Ziel ist, Gäste in eine Welt zu ziehen, die man nicht mehr vergisst.
Sie schreiben auch von einer begehbaren Main-Stage. Wie muss man sich das vorstellen? Wer kommt auf diese Bühne?
Die neue Main-Stage ist nicht nur eine Bühne, sondern ein immersiver Erlebnisraum. Links und rechts flankieren zwei LED-Tower das Geschehen – einer davon mit einem exklusiven Rooftop-Club. Der Zugang erfolgt über Gewinnspiele oder nach dem Prinzip: Wer zuerst kommt, feiert zuerst. Die Bühne selbst ist U-förmig angelegt und verfügt über einen Catwalk. Im sogenannten Inner Circle können Besucherinnen und Besucher inmitten der Stage Teil des Geschehens werden – nah an den Artists, mittendrin im Vibe. Auch hier gilt: First come, first served.
«Wir wollen ein Grossevent machen, das inspiriert und verbindet»
Gibt es keine Sicherheitsbedenken?
Sicherheit hat oberste Priorität. Die Architektur wurde so entwickelt, dass die Bewegungsflächen des Publikums und der Artists strikt getrennt sind. Wir haben das Konzept gemeinsam mit erfahrenen Sicherheitsprofis umgesetzt.
Das Festival scheint nun verschiedene Preissegmente anzusprechen – vom klassischen Camping bis zum Skyline Penthouse. Wie differenzieren Sie Ihre Marketingbotschaften für diese unterschiedlichen Zielgruppen?
Wir sprechen heute eine viel breitere Zielgruppe an als noch vor fünf Jahren. Und das heisst: Wir müssen unterschiedlich kommunizieren. Wer klassisch campt, sucht andere Reize als jemand, der ein VIP-Erlebnis bucht. Deshalb segmentieren wir unsere Kommunikation klar – sowohl über Social Media als auch über klassische Medien und Partner. Das Ziel bleibt aber für alle gleich: Wir wollen ein Grossevent machen, das Freude vermittelt, das inspiriert und verbindet.
Wie haben Ihre langjährigen Sponsoren und Partner auf die Neuausrichtung reagiert? Haben Sie neue Sponsoren gewinnen können, die speziell an den neuen Zielgruppen interessiert sind?
Die bisherigen Partner haben unsere Strategie sehr positiv aufgenommen. Viele sehen darin eine Chance, neue Zielgruppen zu erreichen und sich in einem emotional aufgeladenen Umfeld zu präsentieren. Und ja, Gespräche laufen – gerade weil diese Breite in der Ausrichtung für viele Marken neu und attraktiv ist.