10.12.2003

"Man muss die Persönlichkeit des Sportlers kaufen"

Bernhard Russi vertritt nicht nur Marken, er ist selbst eine starke. Nach Jahrzehnten seines Abschieds vom Skirennsport ist der Sympathieträger noch immer den meisten Schweizern bekannt. Russi spricht im Interview mit "persönlich" über Hochs und Tiefs im Spitzensport, über Imagepflege und über Werbeverträge. "persoenlich.com" bringt einen Ausschnitt des Gesprächs:
"Man muss die Persönlichkeit des Sportlers kaufen"

Wenn ein Sportler heute Erfolg hat, braucht er einen Agenten oder einen Manager, der ihm die wirtschaftlichen Angelegenheiten abnimmt. Was bedeutet es für einen Sportler, wenn er plötzlich zu einem Wirtschaftsfaktor wird?

Es braucht einen Bösen oder einen Realisten, der dagegen hält, wenn man als Spitzensportler das Gefühl bekommt, dass die Bäume in den Himmel wachsen. Der Manager muss cool bleiben, wenn es um den Sportler herum tobt. Wenn es um die Vermarktung geht, ist es für den Sportler sehr schwer, seinen Preis einzuschätzen. Er braucht einen Manager, der vernünftig und langfristig denken kann.

Wie war es in Ihrem Fall?

Es gibt viele Möchtegern-Manager. Ich sah zu, welcher Skirennfahrer diesbezüglich Erfahrung hatte, und sprach mit Jean-Claude Killy. Er führte mich zur IMG-Gruppe, die hauptsächlich im Tennis und Golf zuhause ist. Ich achtete sehr darauf, dass ich einen Betreuer bekam, mit dem ich mich sehr gut verstand, Ian Todd, der nachträglich eine fantastische Karriere machte und heute Marketingchef von Nike International ist. Die Leute von IMG und ich zogen uns dann für drei Tage nach Andermatt zurück, wo sie mir alle möglichen Fragen über mich und meine Ansichten stellten.

Versuchte man in dieser Klausur mit IMG, ein Profil für Sie zu erarbeiten, um Sie als Werbeträger vermarktbar zu machen?

Es ging damals bereits darum, eine Brücke zu bauen zwischen meiner aktiven Rennsportzeit und dem späteren Berufsleben. Wir waren darauf aus, mich so aufzustellen, dass eine langfristige Zusammenarbeit mit Partnern sinnvoll wurde.

Inwiefern wurde Ihr Image bewusst erarbeitet?

Man darf den Sportler nicht für den Erfolg einkaufen, das ist zu risikoreich, weil sich dieser nicht immer einstellen kann. Sondern man muss die Persönlichkeit des Sportlers kaufen. Welche Persönlichkeit, welches Image man gegen aussen hat, muss man indessen zuerst herausfinden. Man findet es durch die Medien heraus.

Legen tatsächlich die Medien das Image fest, agiert man so passiv?

Natürlich basiert das Image auf dem Charakter des Menschen. Schliesslich kann man seine Art nicht langfristig verstellen. Aber die Medien suchen eine Rolle, welche eine noch vorhandene Marktlücke schliesst: Hat einer die Rolle des Sunnyboys bereits, kann es keinen zweiten geben.

Diese Marktlücke haben Sie damals sehr gut ausgefüllt.

Egal. Aber nun brauchte es keinen zweiten mehr. Eher einen, der anstösst und aufmüpfig ist, ein Rebell. Wenn einer die Tendenz dazu hat und gut in dieses Bild, in diese Marktlücke passt, dann heftet man ihm gern dieses Image an.


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