10.05.2000

Messestandort Schweiz im Umbruch

Urs A. Ingold, Managing Director Reed Messen (Schweiz) AG, über die Zukunft der Schweizer Messen

Die Schweizer Messen, aus föderalistischen Strukturen gewachsen, verändern sich heute ebenso rasch wie die Banken, die Industrie und die Dienstleistungswirtschaft. Wer glaubte, eine Messe müsse immer die gleiche Messe bleiben, muss sich heute des besseren belehren lassen: Die Messe Basel, nach eigener Aussage die "Mutter aller Messen", greift über auf die Messe Zürich. Wie die letzten Wochen gezeigt haben, müssen die Messestandorte Bern und Luzern zurückstecken, wenn "Basel" die Termine setzt.

Der Messestandort Schweiz ist im Umbruch, weil die Schweizer Wirtschaft im Umbruch ist. Es sind eine ganze Reihe von Vorgängen, die gleichzeitig ab-laufen und die Unruhe in einem wichtigen Markt, wie dem Messemarkt, vergrössert. Kleine Messestandorte werden unwichtiger und weniger rentabel, weil die regionale Wirtschaft an Bedeutung verliert zugunsten der nationalen und internationalen Wirtschaft. Daraus resultiert eine Konzentration der Standorte, denn die zahlenden Aussteller wollen nicht viele Messen besuchen, sondern nur die besten. Absinkende Industriezweige verlieren das Interesse an kleinen und regionalen Messen. Die überlebenden Firmen konzentrieren sich auf grosse nationale und internationale Messen, weil dort auch die Kundschaft kommt. Aufsteigende Industrie- und Dienstleistungszweige suchen den besten Messestandort mit den besten Dienstleistungen. Zweitklassige Messestandorte haben keine Chance mehr.

Was ist wichtig? Parallelmessen, die sich gegenseitig konkurrenzieren, werden immer mehr der Vergangenheit angehören. Wer international mit Fachmessen in einer Branche erfolgreich ist, wird früher oder später auch die nationalen Fachmessen gewinnen. Die Messeanbieter setzen Mitarbeiter mit Branchen-Knowhow und Messe-Knowhow ein. Erst dann werden die Aussteller sich zufrieden fühlen. Die Zeit der herkömmlichen Ausstellungs-"Künstler" geht zu Ende zugunsten der Ausstellungs-"Techniker", die ihren Job, der auch ein Beruf sein kann, rund um die Uhr beherrschen.

Die nationalen Messen müssen sich, gerade in der Schweiz, gegen internationale Messen behaupten. Was bisher national gut war, muss in Zukunft nicht unbedingt genügend sein. Die Messlatten sind höher gelegt: international. In der Praxis bedeutet dies: Wer die internationalen Erfolgsmessen und deren Praxis kennt, wird auch national erfolgreich sein. Das gilt vor allem in einem Land wie der Schweiz, das zwei Seelen hat, die nationale und die internationale. Technologie wird sich durchsetzen. Es betrifft den Aufbau einer Messe, deren Durchführung und die Messebilanz. Die Messen des neuen Jahrhunderts werden gleichsam durchsichtig, denn Veranstalter wie Besucher wollen wissen, was sie erhalten. Wer früher "blind" auf eine Messe ging, in der Hoffnung, dort wichtige Kunden zu treffen, verlangt heute Termine. Die notwendige Infrastruktur steht zur Verfügung; sie wird sich durchsetzen.



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