06.08.2019

Juicar

«Nutzerzentriertheit und Agilität sind geflügelte Worte geworden»

Die Idee für den neuen Elektromobilitäts-Dienst Juicar ist im Oyster Lab von Alpiq entstanden. Lab-Leiter Bastian Gerhard erklärt im Interview, wie er und sein 20-köpfiges Team arbeiten und sagt, welche Erkentnisse er von seiner Zeit als Innovationchef bei Zalando mitgenommen hat.
Juicar: «Nutzerzentriertheit und Agilität sind geflügelte Worte geworden»
«Wir wollen die Welt ein wenig grüner machen»: Bastian Gerhard, Leiter Oyster Lab von Alpiq und CEO von Juicar. (Bild: zVg.)
von Michèle Widmer

Herr Gerhard*, Catch a Car, Carvolution oder Sharoo – um nur einige Schweizer Autovermittlungsdienste zu nennen. Warum braucht es Juicar?
Es gibt mehrere Aspekte, die Juicar von den genannten Anbietern deutlich unterscheidet. Auf den Luxus eines Wagens, der ganz allein dir gehört, möchte natürlich niemand verzichten. Beim Kauf, Leasing oder auch anderen Abo-Anbietern mussten sich die Kunden für diesen Luxus bislang allerdings für mindestens sechs Monate an das Fahrzeug binden. Bei Juicar ist das nicht der Fall. Unsere Nutzer können innerhalb von vier Wochen ihren Vertrag anpassen oder gar beenden. Zudem kommt, dass bisherige Sharing-Modelle ausschliesslich für Grossstädter verfügbar sind. Unsere Fahrzeuge stehen ihren Nutzern rund um die Uhr zur Verfügung.

Zudem ist Juicar auf E-Mobilität spezialisiert.
Das ist der letzte wichtige Aspekt, in dem wir uns von der Konkurrenz unterscheiden. Wir haben das Ziel, Berührungsängste abzubauen und Menschen für die scheinbar immer noch neue Technologie zu begeistern – das bedeutet auch, dass wir bis zur Installation einer privaten Heimladestation E-Mobility so leicht zugänglich und praktikabel wie möglich machen.

Wie genau funktioniert das System?
Interessierte Fahrer können online zwischen drei Mobilitätspaketen wählen. Nach Vertragsunterzeichnung erhalten sie nach wenigen Tagen ein Fahrzeug vor die Haustür, das dann allein für sie verfügbar ist. In der Grundgebühr sind Versicherungen, Steuern, Reparaturen, Wartungen, je nach Modell sogar der geladene Strom enthalten. Zusätzlich fällt dann nur noch der Preis für die gefahrenen Kilometern an, der je nach Fahrzeugmodell von 0,42 bis 0,65 Franken pro Kilometer variiert. Eine Heimladestation vermieten wir gegen Aufpreis und übernehmen hierfür auch wahlweise die Installation.

«Uns hat das Engagement von Melanie Winiger für Umwelt stark beeindruckt»


Diese Woche startet die Lancierungskampagne. Wie genau sehen die Massnahmen aus?
Unsere Kampagne läuft online unter anderem auf YouTube sowie den wichtigsten sozialen Netzwerken, wie Instagram, Facebook und LinkedIn. Leidenschaftliche Gesten, verbrannte Briefe und fliegende Rosensträusse – was für die Zielgruppe dann erstmal nach dem Ende einer Romanze aussieht, wird auf der Landingpage aufgelöst.

Was sind die Ziele der Kampagne?
Juicar stellt sich vor. Es ist unsere erste Kampagne und wir wollten mit ihr das in den Vordergrund stellen, was wir am besten können: Autofahrer frei und unabhängig machen. Dass man ein Auto, um es zu fahren, nicht mehr zwangsläufig kaufen muss, wissen die meisten vielleicht. Doch auch beim Leasing drohen beim Fahrzeugwechsel nach ein oder zwei Jahren unschöne Szenen. Diese gibt es mit uns nicht.


Das Testimonial in der Kampagne ist Melanie Winiger. Warum gerade Melanie Winiger?

Wir haben jemanden gesucht, der genau die Lebensfreude und Selbstbestimmtheit verkörpert, die wir unseren Nutzern ganz ohne Kleingedrucktes oder versteckte Kosten geben wollen. Wir sind ein junges Team von Pionieren, das die Welt mit Juicar ein wenig grüner beziehungsweise besser machen möchte. Daher hat uns auch das Engagement von Melanie Winiger für Umwelt und wohltätige Zwecke stark beeindruckt.

Mit welchem Marketingbudget starten Sie?
Das Budget für unsere erste Kampagne liegt im fünfstelligen Bereich.




Juicar ist aus dem Innovationslab von Alpiq entstanden. Was heisst das genau für das Unternehmen? Hat es länger Zeit, selbsttragend zu sein?

Das bedeutet erstmal einmal, dass wir uns als Team einen sicheren Raum schaffen konnten, in dem wir Ideen und Modelle entwickeln. Als Projekt funktioniert Juicar völlig autark. Das gilt auch für mögliche kommende Projekte. Grundsätzlich können wir dadurch jedes mögliche Thema angehen und die Geschäftsleitung zum gegebenem Zeitpunkt mit ins Boot holen, um sie zu Fans unserer Ideen zu machen.

«Geht es um On-Demand-Modelle können wir in der Schweiz mit einer deutlich geringeren Skepsis als in Deutschland arbeiten»

Sie leiten das Oyster Lab von Alpiq seit zwei Jahren. Welche spannenden Projekte beschäftigen Sie sonst noch, abseits von Juicar?
Wir beschäftigen uns mit Problemen, denen Endkunden im Kontext einer «Smart City» gegenüberstehen. Aktuelle Themen sind hier unter anderem intelligente Energie-Versorgung oder dezentrale Energieversorgung durch Privathaushalte. Unser grösstes Augenmerk liegt jedoch auf Elektromobilität, Juicar und der Weiterentwicklung des Projekts. Der wichtigste Teil unseres Teams ist dabei der Nutzer selbst. So arbeiten wir auch an einer Möglichkeit, die abonnierten Fahrzeuge noch effizienter von mehreren Parteien an den jeweiligen Standorten zu nutzen. Alle Projekte im Oyster Lab haben aber eines gemein: Es werden Technologien verwendet und gefördert, die einen positiven Effekt auf unsere Natur haben.

Wie gross ist Ihr Team zurzeit, wie viele Personen sind für Juicar tätig?
Im Projekt Juicar sind aktuell zirka 20 Personen involviert. Ob Software- oder Produktentwickler, Ingenieure oder Kreative – das Team ist international und differenziert aufgestellt.

Zuvor haben Sie das Innovationslab von Zalando gegründet und geleitet. Ist die Schweiz gleich innovativ wie Deutschland?
Geht es speziell um On-Demand-Modelle können wir in der Schweiz mit einer deutlich geringeren Skepsis als in Deutschland arbeiten. Viele Vorreiter auf diesem Gebiet kommen aus der Schweiz. Schaut man sich aber die Zahlen betreffend der genutzten E-Fahrzeuge an, nehmen sich die Nachbarn nicht viel. Der Anteil der Fahrzeuge steigt hier zwar gleichermassen, die absolute Anzahl der E-Autos ist aber auch gleichermassen klein.

Welches sind die wichtigen Learnings, die Sie aus dieser Zeit mitnehmen konnten?
Nutzerzentriertheit und Agilität sind zu geflügelten Worten in allen Branchen geworden. Ich lernte, was diese Begriffe im Kern ausmachen, wie man sie beim Start eines Projektes von Beginn lebt und auch, welche enormen Vorteile sie beim Bauen einer Plattform bedeuten.



* Bastian Gerhard leitet das Oyster Lab von Aliq und hat das eMobilitäts-Start-up Juicar mitgegründet. Davor arbeitete der 40-Jährige vier Jahre lang beim Onlineshopping-Dienst Zalando und baute dort unter anderem das Tech Innovation Lab auf.


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Kommentare

  • André Bühler, 07.08.2019 06:48 Uhr
    Schön und gut die E-Mobility Hipe. Doch kann mir mal jemand erklären, wie der Bedarf an Strom abgesichert wird, wenn dieser Boom so weitergeht? Mit AKW's, was ja wohl niemand ernsthaft möchte. Das einzig Wahre wäre die Energie mit Wasserstoff. Da müsste man (Staat, Industrie und Allgemeinheit) investieren. Denn Wasserstoff hinterlässt NULL Abfall. Ist wohl mal eine Überlegung, ein Bericht oder sogar eine Kampagne wert, oder? André Bühler
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