16.08.2002

Mediaschule

Sponsoring für Schulbücher

St. Galler Verlag findet Marktlücke.

Mit Gratis-Schulbüchern, die von Sponsoren finanziert sind, hat der St. Galler Verlag Mediaschule eine Marktlücke bei Berufs- und Mittelschulen entdeckt. Lehrer sehen im Schul-Sponsoring eine Chance, warnen aber auch vor Auswüchsen. über 200'000 Exemplare des Gratisbuchs "Mensch Kommunikation Internet" hat der Verlag seit 1999 an Schulen in der deutschen, französischen und italienischen Schweiz verteilt. Zum Lehrmittel gehören auch Internet-Sites, auf denen Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte aktuelle Informationen für den Unterricht finden.

Hauptsponsoren sind mit je 100'000 Franken die Firmen Postfinance und Amag, deren Logos als Gegenleistung auf der Titelseite des Buchs prangen. 30 weitere Unternehmen, Bundesämter und Institutionen, darunter etwa der Schweizer Hotelierverein und die Gewerkschaft SMUV, unterstützen das Lehrmittel ebenfalls. "Mensch Kommunikation Internet" entspreche den Lehrplänen, betont Mediaschule-Initiant und Herausgeber Emil Schatz, der selber an der Berufsschule in St. Gallen unterrichtet. Druck von Sponsoren auf Lerninhalte habe es nicht gegeben. Ausserdem seien Lehrer "viel zu kritisch", um ein tendenziöses Lehrmittel zu akzeptieren.

Auch der 50-seitige Werbeteil am Ende des Lehrbuchs störe niemanden, sagt Schatz. Er hat bereits neue Projekte in Arbeit: Noch im laufenden Jahr sollen "Ich und meine Gesundheit" sowie ein Steuer-Leitfaden für Berufs- und Mittelschulen angeboten werden, beide ebenfalls von Sponsoren finanziert.

Etwas kritischer beurteilt der Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH) das Schul-Sponsoring: Vor allem im Bereich der Volksschule sei Zurückhaltung nötig, heisst es in einer Broschüre des LCH mit Empfehlungen zum Sponsoring. Bei den Berufs- und Mittelschulen hingegen bestehe mehr Spielraum für Sponsoring. Sponsoring könne leicht zu Folgen führen, "welche sich mit der öffentlichen Schule und ihrem Bildungsauftrag nicht vereinbaren lassen". So könnten Sponsoren die Unabhängigkeit der Schulen- finanziell und bei den Lehrplänen -- gefährden. Keinesfalls dürfe Sponsoring die öffentliche Hand zu Budgetkürzungen verleiten.

Als negatives Beispiel nennt LCH-Präsident Beat Zemp eine gesponsorte Schüler-Agenda mit Gutscheinen von Fastfood-Lokalen, CD- und Kleiderläden. Die Verteilung einer solchen Agenda an der Volksschule im Kanton Wallis, laut Zemp "eine reine Kommerzaktion", scheiterte am Widerstand der Lehrerinnen und Lehrer. Für Zemp gibt es aber auch vorbildliches Sponsoring, zum Beispiel die Finanzierung einer neuen Mensa des Gymnasiums Liestal (Kosten: 1.3 Millionen Franken) mit Hilfe von Sponsoren oder das nationale Grossprojekt "Schulen ans Internet", welches von Swisscom unterstützt wird.


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