02.03.2017

Jahresmedienkonferenz 2016

63 Prozent weniger Gewinn für Tamedia

Das grösste Schweizer Medienhaus vermeldet einen massiven Gewinneinbruch. Der Reingewinn ist von 334 Millionen auf 122 Millionen Franken im 2016 gesunken. Auch der Umsatz ging auf etwas mehr als eine Milliarde Franken zurück.
Jahresmedienkonferenz 2016: 63 Prozent weniger Gewinn für Tamedia
Der Eingangsbereich des Verlags an der Zürcher Werdstrasse. (Bild: Keystone)

Der Medienkonzern Tamedia hat im vergangen Jahr weniger Umsatz und Gewinn gemacht. Der Gewinn schrumpfte um 63,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 122,3 Millionen Franken. Im Vorjahr hatte vor allem der Zusammenschluss von search.ch und local.ch zu einem sehr hohen Gewinn geführt.

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Als ein guter Abschluss in einem schwierigen Umfeld bezeichnete Tamedia-Verwaltungsratspräsident Pietro Supino am Donnerstag vor den Medien in Zürich das Ergebnis für das Jahr 2016. Der Umsatz von Tamedia sank um 5,5 Prozent auf etwas mehr als eine Milliarde Franken. Zu schaffen machte Tamedia vor allem der rückläufige Print-Werbemarkt. Neben diesem strukturellen Wandel hatte auch die Einstellung der Druckerei Ziegler Druck auf Ende 2015 sowie der Verkauf der Swiss Online Shopping AG (FashionFriends) Einfluss auf den Umsatz.

Das schwierige Umfeld machte sich auch beim Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) bemerkbar: Das EBITDA sank um 17,5 Prozent auf 201,0 Millionen Franken. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) nahm um 13,1 Prozent auf 113,5 Millionen Franken ab.

Einbruch des Gewinns

Der Gewinn ist im vergangenen Jahr um 63,4 Prozent auf 122,3 Millionen Franken eingebrochen. 2015 hatte die Fusion von search.ch und local.ch zu einem hohen Reingewinn von 334 Millionen Franken geführt. Ohne diesen Aufwertungsgewinn hätte der Gewinn im Jahr 2015 nur rund 119 Millionen Franken betragen – das Ergebnis 2016 liege damit etwa auf Vorjahresniveau, sagte Sandro Macciacchini, Leiter Finanzen und Personal. Die Eigenkapitalquote erreichte 73 Prozent. Dies zeige, dass Tamedia finanziell gesund dastehe, sagte Macchiachini weiter.

Betrugsfall bei Trendsales

Überdurchschnittlich stark rückläufig war der Werbemarkt für regionale Tageszeitungen. Aber auch der Werbemark für die Sonntags- und Publikumspresse war stark rückläufig. Von diesem Trend ausgenommen waren die Medien der 20-Minuten-Gruppe, die Zeitschrift «Schweizer Familie» sowie die «SonntagsZeitung», die sich der allgemeinen Entwicklung widersetzten und das Berichtsjahr im Vorjahresvergleich mit einem besseren Ergebnis abschlossen.

Erfolgreich unterwegs sei die Tamedia bei der Transformation hin zu einer digitalen Mediengruppe, sagte Tamedia-Chef Christoph Tonini. Erstmals trugen die publizistischen und kommerziellen digitalen Angebote über die Hälfte des operativen Ergebnisses von Tamedia bei. Wermutstropfen im digitalen Segment war der Betrugsfall durch den früheren Chef beim Second-Hand-Marktplatz Trendsales, wie Tonini sagte. Die negativen Effekte durch den Verkauf von FashionFriends und den Korrekturen von Trendsales belaufen sich auf 11,4 Millionen Franken.

Mehr digitale Abos

Inzwischen haben alle regionalen Tageszeitungen von Tamedia ein digitales Bezahlmodell eingeführt. Ende 2016 zählte die Tamedia rund 25’000 digitale Abonnemente regionaler Tageszeitungen. Im Verhältnis zur abonnierten Auflage liegt dieser Anteil bei gerade mal 5 Prozent. Dies sei völlig ungenügend, sagte Tonini. In den nächsten zwei bis drei Jahren soll der Anteil der digitalen Abos deutlich ausgebaut werden. Tonini sprach von einer Verdoppelung pro Jahr. Dazu wurde auch der Vertrieb digitaler Abos personell ausgebaut.

Ausgebaut werden soll auch der Video-Bereich, wie Tonini weiter sagte. Hier ging Tamedia eine Kooperation mit Goldbach ein (persoenlich.com berichtete). Ob es deshalb zu Restrukturierungen und Stellenabbau in anderen Bereichen kommt, ist unklar. Der Kostendruck bleibe hoch, sagte Tamedia-Sprecher Christoph Zimmer auf Anfrage.

Ein weiteres Projekt ist ein Pendlerradio von «20 Minuten», das ab Mai eingeführt werden soll.

Gewerkschaft fordert GAV für Drucker

In einer Stellungnahme zum Jahresabschluss von Tamedia forderte die Gewerkschaft syndicom ein Moratorium für weitere Sparmassnahmen und einen grundsätzlichen Kurswechsel: Tamedia müsse Gesamtarbeitsverträge für alle Angestellten aushandeln und sofort wieder dem GAV für die Druckindustrie beitreten. (sda/wid/cbe)


Lesen Sie dazu auch das Interview mit Tamedia-CEO Christoph Tonini.



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Kommentare

  • Hans Loos, 02.03.2017 11:09 Uhr
    Ich bin gespannt, ob auch die Familie Coninx den Gürtel enger schnallen muss. Redaktoren entlässt man, und dem Tonini streicht man von seinen Millionen ein Butterbrot.
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