28.03.2023

NZZ / CH Media

Aufräumarbeiten nach Hackerangriff

Nach dem Cyberangriff auf die IT-Infrastruktur der NZZ am letzten Freitag sind weiterhin mehrere Dienste der Zeitung und der mitbetroffenen Medien von CH Media beeinträchtigt. Wann eine Rückkehr zum Normalbetrieb möglich sein wird, ist noch nicht bekannt.
NZZ / CH Media: Aufräumarbeiten nach Hackerangriff
Das St. Galler Radio FM1 sendet vorübergehend vom CH-Media-Standort «Leonardo» in Zürich. (Bild: Keystone/Ennio Leanza)
von Nick Lüthi

Über die Details der Attacke schweigen die betroffenen Unternehmen. Für alle sichtbar zeigt sich hingegen der angerichtete Schaden: Notausgaben, Notsendungen, Notprogramme. Auslöser für das Ungemach bei Teilen des Medienangebots von NZZ und CH Media ist ein sogenannter Ransomware-Angriff, wie die beiden Unternehmen am letzten Freitag mitteilten. Ziel einer solchen Attacke ist es grundsätzlich, die Daten des Opfers zu verschlüsseln und dieses mit einer Lösegeldforderung zu erpressen.

Die Angreifer hatten es auf das Unternehmen NZZ abgesehen. Doch auch CH Media trägt Schaden davon. Das liegt daran, dass jene Medien, die früher zur NZZ-Gruppe gehörten, weiterhin auf Teile der NZZ-Informatik zugreifen. Das gilt insbesondere für die Radio- und TV-Sender an den Standorten St. Gallen und Luzern.

St. Galler Radio sendet aus Zürich

In einer internen Mail steht zum Ausmass des Schadens: «Der Radiobereich in St. Gallen wurde hart getroffen: Datenbanken, Studiorechner, Servicerechner und Clients wurden kompromittiert.» Der Betrieb in St. Gallen sei nicht mehr möglich gewesen. Darum sendet das Ostschweizer Radio FM1 vorübergehend aus den CH-Media-Studios in Zürich-Nord. Wie lange diese Notlösung dauere, sei unklar, heisst es aus dem Umfeld des Senders. Man gehe davon aus, dass das Radio noch mindestens diese Woche aus Zürich sendet.

Offiziell bestätigt das Unternehmen diese Angaben nicht. «Aufgrund der rollenden Entwicklung können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht weiter informieren», schreibt Joël Steiger, Leiter PR Entertainment von CH Media, auf Anfrage. Nur so viel: Das eigene IT-Team arbeite eng mit Fachleuten der NZZ, sowie externen Experten zusammen, um die Situation zu bereinigen.

Tablet als Teleprompter

Eigentlich hatten die Verantwortlichen eine Rückkehr von Radio FM1 nach St. Gallen für Mittwoch angekündigt. Inzwischen zeigte sich allerdings, dass sie zu optimistisch kalkulierten. Am Mittwoch wird nochmal aus Zürich gesendet. Nicht ganz so hart getroffen wurde das Ostschweizer Regionalfernsehen TVO. Am vergangenen Freitag musste TVO das tägliche News-Programm aus der Redaktion senden, anstatt aus dem Studio. Als Teleprompter diente dem Moderator ein Tablet. Die Schnittplätze kann TVO weiterhin benutzen, da sie vom Netz genommen wurden.

Den Sendebetrieb der nationalen Programme von CH Media, also 3+ und Co., wie auch jene Regionalsender, die nicht auf die IT-Infrastruktur der NZZ zugreifen, konnten die Redaktionen ohne Einschränkungen weiterführen.

Bei der NZZ, gegen die sich der Angriff gerichtet hatte, «stehen nach wie vor einige Systeme und Services nicht zur Verfügung», teilt eine Sprecherin mit. Die Produktion und Herausgabe der Zeitungen sei nach aktuellem Stand sichergestellt, aber aufgrund der erschwerten Produktionsprozesse seien gegebenenfalls Umfangreduktionen möglich. Auch das E-Paper werde voraussichtlich weiterhin nur eingeschränkt nutzbar sein, heisst es weiter. Tatsächlich funktioniert seit der Ausgabe vom vergangenen Samstag die Nur-Text-Darstellung der E-Paper-Artikel nicht mehr.

Auch SMD und Le Temps betroffen

Die weiterhin eingeschränkte Zeitungsproduktion wirkt sich auch auf die Schweizer Mediendatenbank aus. Wie die SMD auf ihrer Website informiert, werden derzeit 23 Titel von Aargauer Zeitung bis NZZ nicht angeliefert und lassen sich entsprechend auch nicht abrufen.

Am Rande mitbetroffen von den Folgen des Cyberangriffs war auch Le Temps. Seit Anfang Jahr steuert die NZZ die Print- und Digitalvermarktung der Westschweizer Tageszeitung. Darum kam es am Freitag vorübergehend zu Komplikationen bei der Anzeigenabwicklung, allerdings ohne Auswirkungen auf die finale Produktion, wie Le Temps in einem Artikel schreibt.



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