06.10.2025

Tages-Anzeiger

Aus Schutz vor Einschüchterung

Ein Artikel über Fangewalt im Fussball erscheint ohne Autorennamen, stattdessen ist er mit der Zeile «Redaktion Tages-Anzeiger» gezeichnet.
Tages-Anzeiger: Aus Schutz vor Einschüchterung
Der Tagi will seine Journalisten vor gewaltbereiten Fussballfans schützen. (Bild: Keystone/Alessandro Della Bella)

Am Samstag publizierte der Tages-Anzeiger einen Artikel mit dem Titel «Leidenschaft, Stolz – und Angst in der eigenen Stadt: Wie es ist, heute GC-Fan zu sein». Darin beschreibt die Zeitung, wie Anhänger der Grasshoppers um ihre Sicherheit fürchten. Mehrere von ihnen berichten anonym von gewalttätigen Übergriffen wegen ihrer Vereinszugehörigkeit. 

Der Artikel ist nicht wie gewohnt mit den Namen der verantwortlichen Journalistinnen und Journalisten gezeichnet. Stattdessen ist «Redaktion Tages-Anzeiger» in der Autorenzeile aufgeführt. In einer Box «in eigener Sache» erklärt die Chefredaktion, dass auf eine Namensnennung verzichtet worden ist.

«In der Vergangenheit haben Recherchen über rivalisierende und teilweise gewaltbereite Fussballfans auch zu Einschüchterungsversuchen gegenüber unseren Journalistinnen und Journalisten geführt», begründet die Chefredaktion den Entscheid. Es gehe darum, die «Autorinnen und Autoren vor bedrohlichen Situationen zu schützen». Dies werde aber die Zeitung nicht daran hindern, «über das zu berichten, was wir nach journalistischen Kriterien relevant finden». (spo)


Kommentar wird gesendet...

KOMMENTARE

Andreas Gossweiler
06.10.2025 20:19 Uhr
Das ist unfassbar. Wir dürfen als Gesellschaft nicht akzeptieren, dass eine Szene so gewalttätig vorgeht, dass Journalisten ihre Artikel nur noch anonym publizieren können. Ich will mich damit nicht abfinden. Vielleicht ist es aber auch eine Folge davon, dass Sportjournalisten seit vielen Jahren dazu tendieren, die Gewalttaten der Fussballfans zu verniedlichen. Jetzt ist für alle klar, wohin das führt. Es ist ähnlich wie mit dem russischen Regime: Man hat so lange versucht, die gewalttätige Tendenz zu beschönigen, bis offener Krieg ausbrach. Es ist höchste Zeit, dass wir uns als Gesellschaft überlegen, was unternommen werden muss, um diese Fussballgewalt zu stoppen. So geht es nicht weiter.
Kommentarfunktion wurde geschlossen
persönlich Exemplar
Neues Heft ist da
Die neue «persönlich»-Ausgabe ist da - jetzt Probe-Exemplar bestellen.
Neue Podcast-Folge: Jetzt reinhören