Kommerzielle Regional-TV-Sender sind durch die Konzession verpflichtet, während der Hauptsendezeit pro Woche mindestens 150 Minuten «relevante Regionalinformationen» auszustrahlen. Die zwei Sender TVO und TeleBärn haben diese Vorgabe gemäss dem Bundesamt für Kommunikation (Bakom) im letzten Jahr nicht erfüllt. Deshalb hat es gegen sie ein Aufsichtsverfahren eröffnet (persoenlich.com berichtete).
Eine Entscheidung, die in der Branche hohe Wellen schlug. André Moesch, Präsident beim Verband der Schweizer Regionalfernsehen (TeleSuisse), kritisierte in einem persoenlich.com-Blogbeitrag, dass sich das Bakom zur «Journalismus-Polizei» aufspiele und die Sender mit einem «wahrlich absurden System» kontrolliere: «Nicht die journalistische Qualität zählt dabei, nicht der Gehalt der Beiträge, nicht die Vielfalt, sondern nur – die Dauer!»
Konfrontiert mit dieser Kritik, sagt Bakom-Sprecherin Silvia Canova gegenüber persoenlich.com: «Im Hinblick auf die quantitative Mindestvorgabe hat das Bakom festgelegt, was als Information, was als regionale Information und was als relevante Information gilt. Dabei hat es sich an den gesetzlichen Bestimmungen orientiert und von wissenschaftlichen Überlegungen leiten lassen.» Aus Sicht des Bakom werde die Programmautonomie der Sender damit nicht verletzt. Es gebe keine konkreten inhaltlichen Vorgaben und auch keine Qualitätskontrolle.
Meldungen zu Corona seien relevant
Moesch schrieb unter anderem: «Als wirklich regional gilt nur, was im Konzessionsgebiet stattfindet.» Dies sei nur zum Teil richtig, sagt Canova: «Die Definition von Regionalinformation ist breiter als hier behauptet.»
Falsch sei Moeschs Kritik, dass nur als regional gezählt werden könne, wenn der Ortsname explizit genannt werde: «Der Ereignisort muss explizit erwähnt werden oder sich implizit aus dem Bericht erschliessen.» Letzteres sei der Fall, wenn der «durchschnittliche Hörer oder die Zuschauerin des Programms aufgrund des Wohnsitzes oder des Allgemeinwissens den Ereignisort ohne Weiteres bestimmen kann». Dies gelte zum Beispiel für die mittlere Rheinbrücke.
«Sogenannte ‹Bad News› sind nicht relevant und werden nicht gezählt», schreibt Moesch in seinem Blogbeitrag: «Da fielen dann auch diverse Meldungen zum Coronavirus raus, weil sie der Kontrolleur willkürlich zu Unfällen und Verbrechen, also Bad News, zählte.» Auch das ist gemäss Canova falsch: Meldungen zu Corona seien durchgängig als relevant codiert worden, wie den publizierten Studien zu entnehmen sei.
Leistungsaufträge nicht miteinander vergleichbar
René Grossenbacher, ehemaliger Verwaltungspräsident des Medienforschungsunternehmens Publicom, bemängelt die Ungleichbehandlung der Privaten und der SRG: «Für die SRG gibt es zwar auch zahlreiche Vorschriften. Genaue Vorgaben sucht man indes vergebens», schreibt er in einem NZZ-Artikel.
Bakom-Sprecherin Canova: «Der publizistische Leistungsauftrag der SRG lässt sich nicht mit demjenigen der lokal-regionalen Radio- und Fernsehveranstalter vergleichen.» Die Privaten hätten einen quantitativen Informationsauftrag. Die SRG dagegen habe einen umfassenden Leistungsauftrag für alle Sprachregionen. Zudem habe sie Querschnittsaufgaben wie die Berücksichtigung der jeweils anderen Sprachregion, Angebote für junge Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund und mit Sinnesbehinderungen. «Quantitative Vorgaben für einen derart umfassenden Leistungsauftrag eignen sich nicht», sagt Canova.
«Es ist allerdings unzutreffend, dass die SRG-Konzession keine ‹genauen› Vorgaben macht», sagt Canova. Nebst qualitativen gibt es gemäss dem Bakom auch quantitative Vorgaben, zum Beispiel zum Onlineangebot der SRG. Zudem müsse sie mindestens 50 Prozent der Einnahmen aus der Abgabe für Radio und Fernsehen für den Bereich Information aufwenden.
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17.11.2021 09:21 Uhr
16.11.2021 23:50 Uhr