17.12.2002

Presserat

Beschwerde gegen l'AGEFI teilweise gutgeheissen

Anhörungspflicht bei konkreten Vorwürfen.

Im Rahmen einer weit verstandenen Kommentarfreiheit ist es berufsethisch zulässig, in einem für die Leserschaft als solches erkennbaren Pamphlet verletzende pauschale Vorwürfe gegen die Gesamtheit der Gerichtsmagistraten zu veröffentlichen. Werden demgegenüber konkrete Vorwürfe gegen einen bestimmten Richter erhoben, ist dieser vor der Publikation dazu anzuhören. Auf diese Grundsätze weist der Presserat in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme hin.

Im März 2002 veröffentlichte L'AGEFI einen flammenden Kommentar mit dem Titel "Die schändliche Genfer Justiz". Darin protestierte der Chefredaktor vehement gegen die Verhaftungen eines ehemaligen Direktors der Genfer Kantonalbank und eines bekannten Immobilienpromotors. Der Kommentar polemisierte darin generell gegen die "mittelmässige, parteiische und mehrheitlich unfähige Clique" der Genfer Richter, "die auf Kosten der Allgemeinheit lebt und wenig bis nichts leistet, ausser von Zeit zu Zeit die Existenz der ihnen Anvertrauten zu zerstören". Im besonderen griff der Kommentator die beiden für den Fall verantwortlichen Untersuchungsrichter an. Die Vereinigung der Genfer Richter gelangte daraufhin an den Presserat und rügte die Verletzung elementarer berufsethischer Normen durch die Veröffentlichung der "diffamierenden" Vorwürfe gegen Richterschaft und zwei Richter. L'AGEFI wies die Beschwerde als unbegründet zurück.


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