17.10.2017

Service-Public-Debatte

Bundesrat reduziert Billag auf 365 Franken im Jahr

Auf Vorschlag von Doris Leuthard hat der Bundesrat entschieden, die Radio- und Fernsehgebühren zu senken. Zudem gibt es Geld für die SDA und für den Anteil an die SRG einen Deckel: ab 2019 bei 1,2 Milliarden Franken.
Service-Public-Debatte: Bundesrat reduziert Billag auf 365 Franken im Jahr
Mit 365 Franken «einen symbolischen Franken pro Tag und Haushalt». (Bild: Keystone/ Peter Schneider)

365 Franken im Jahr oder ein Franken pro Tag: Diese Empfangsgebühr für Radio und Fernsehen müssen ab 2019 grundsätzlich alle Schweizer Haushalte bezahlen, unabhängig davon, ob sie über Empfangsgeräte verfügen.

Heute beträgt die Empfangsgebühr 451 Franken im Jahr. Bezahlen müssen sie allerdings nur Haushalte, die Empfangsgeräte besitzen. «Wir haben mit dem neuen System eine spürbare Entlastung der meisten Haushalte», erklärte Medienministerin Doris Leuthard am Mittwoch vor den Bundeshausmedien zum Bundesratsentscheid.

1,37 Milliarden Franken pro Jahr

Das neue System sei nicht nur günstiger, sondern auch gerechter, führte Leuthard aus. Bis 2022 rechnet der Bundesrat mit jährlichen Gebühreneinnahmen von rund 1,37 Milliarden Franken. Grundlage des Systemwechsels ist das geänderte Radio- und Fernsehgesetz (RTVG), das das Volk im Juni 2015 mit historisch knappem Mehr guthiess.

Ausnahmen bei der Empfangsgebühr gibt es allerdings weiterhin: Bezüger von Ergänzungsleistungen und Taubblinde sind von der Abgabe befreit. Und Haushalte ohne betriebsbereiten Radio- oder TV-Apparat und ohne digitales Empfangsgerät können auf Gesuch hin während fünf Übergangsjahren von der Abgabe befreit werden.

Wer in einem Kollektivhaushalt lebt, zum Beispiel in einem Studentenwohnheim, einem Altersheim oder einer Justizvollzugsanstalt, muss neu keine individuelle Empfangsgebühr mehr bezahlen. Dem Kollektivhaushalt werden hingegen 730 Franken im Jahr in Rechnung gestellt.

Gebühr gemäss Umsatz

Firmen sind von der Gebühr befreit, wenn sie unter 500'000 Franken Umsatz erwirtschaften. Das ist gemäss den Angaben des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) für drei Viertel aller Schweizer Unternehmen der Fall und in Leuthards Worten eine «spürbare Entlastung, namentlich für das Gewerbe».

Ist der Umsatz höher, bestimmt dieser die Höhe der Gebühr: Bis zu einer Million Umsatz werden wie bei Privathaushalten 365 Franken im Jahr fällig. Liegt der Umsatz zwischen 1 und 5 Millionen Franken, beträgt die Gebühr 910 Franken; ab einer Milliarde sind es 35'590 Franken.

Neuerungen bringt das RTVG auch für die SRG: Ihr übergibt der Bund ab 2019 einen bei 1,2 Milliarden Franken plafonierten Anteil der Abgaben. Das sind rund 40 Millionen Franken weniger als die SRG letztes Jahr erhielt. Der Plafond soll abgesehen von der Teuerungsindexierung zumindest bis 2022 unverändert bleiben. 

Mehr für Private, weniger für SRG

«Wir halten das für vertretbar», sagte Leuthard. Damit lasse sich weiterhin ein qualitativ hochstehender Service public in allen Landessprachen erbringen. Die konzessionierten privaten Radio- und TV-Stationen dagegen erhalten mehr Geld, statt 67,5 Millionen im Jahr neu 81 Millionen Franken. 

Das entspricht laut UVEK 6 Prozent der gesamten Einnahmen aus den Empfangsgebühren. Das ist der höchste Anteil, der gemäss dem RTVG möglich ist. «Damit können wir einen Beitrag leisten zur Vielfalt», gab sich die Medienministerin überzeugt. Die regionalen und lokalen Sender seien eine Ergänzung zu den nationalen Sendern.

2 Millionen Franken im Jahr sind zudem für die Nachrichtenagentur SDA vorgesehen. Mit diesem Beitrag will der Bundesrat sicherstellen, dass die lokalen und regionalen Medien auch in Zukunft Zugriff haben auf die Leistungen der SDA. Das sei ein Service für die ganze Schweiz und für alle Medien, sagte Leuthard.

Bringt die Empfangsgebühr mehr Geld ein als nötig, landet der Rest auf einem Konto des Bundes. Mit den Überschüssen will der Bundesrat ertragsschwächere Jahre kompensieren oder aber die Gebühren senken. 

Regelmässige Überprüfung

In Stein gemeisselt sind die ab 2019 geltenden 365 Franken im Jahr im Übrigen nicht. Ab 2020 will der Bundesrat zusammen mit dem Preisüberwacher die Höhe der Gebühr alle zwei Jahre überprüfen mit dem Ziel, die Tarife weiter zu senken. Leuthard verwies zudem auf die Debatten zum geplanten neuen Mediengesetz.

Die nächste Weichenstellung zu den Empfangsgebühren erfolgt aber schon in knapp einem halben Jahr. Am 4. März 2018 wird das Volk über die No-Billag-Initiative abstimmen, die die Abschaffung der Empfangsgebühren verlangt. Bundesrat und Parlament stellen sich gegen diese Initiative. Ein Gegenvorschlag der SVP für 200 Franken Gebühren im Jahr hatte im Parlament keine Chance. 

Dass der Bundesrat am selben Tag den Abstimmungstermin und die künftige Empfangsgebühr festgelegt habe (persoenlich.com berichtete), bedeute nicht den Kampagnenstart für den Urnengang, stellte Leuthard klar. Die Revision des RTVG habe der Bundesrat vor der Initiative an die Handgenommen, und der Systemwechsel brauche Vorlaufzeit. (sda/eh)



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Kommentare

  • Giuseppe Scaglione , 19.10.2017 15:25 Uhr
    @Urs Gugger: Falsch! Herr Scaglione ist nicht Betreiber eines Lokalradio-Unternehmens. Ich betreibe eine Musik-Streaming-Plattform (ganz ohne Gebühren). Mit Lokalradio hat dies überhaupt nichts zu tun. Mit welcher Absicht verbreiten Sie hier solche Fake-News?
  • Urs Gugger, 19.10.2017 14:22 Uhr
    Nachtrag; Herr Scaglione ist Betreiber eines Lokalradio-Unternehmens.
  • Kurt Favre, 18.10.2017 19:16 Uhr
    @Obrist. "Einfach gesagt, geht es um ein urdemokratisches Recht, für das zu bezahlen, das man braucht und will." Wir leben in einem Sozialstaat, falls Sie das vergessen haben. Was bedeutet, dass man für Dinge bezahlt, die andere nutzen. Ihr Verständnis von Demokratie ist falsch. Es bedeutet, dass man sich der Mehrheit fügt. Darum stimmen wir nun ab.
  • Giuseppe Scaglione, 18.10.2017 16:51 Uhr
    @Ueli Custer: Sorry, aber für das Funktionieren der Demokratie ist die SRG in der heutigen Zeit sicher nicht mehr notwendig. Würde die SRG ab morgen nicht mehr existieren, würden neue Angebote entstehen und die Schweiz würde garantiert nicht auseinander brechen. Und es leuchtet auch nicht ein, weshalb es 17 gebührenfinanzierte Radioprogramme braucht und dazu im Tessin und in der Romandie noch je 2 (!!) TV-Vollprogramme. Das ist einfach nur Grössenwahnsinn und in einer Zeit, in der private Medienhäuser den Gürtel enger schnallen müssen, eine reine Provokation. Mit Demokratie oder dem Zusammenhalt der Schweiz hat das überhaupt nichts zu tun - auch wenn dies für PR-Zwecke gut tönen mag.
  • Ueli Custert, 18.10.2017 16:19 Uhr
    @Giuseppe Scaglione: Sorry, aber du hast offensichtlich vergessen, dass die Schweiz nicht nur aus der deutschen Schweiz besteht. Nur mit dieser solidarisch von allen Einwohnern der Schweiz bezahlten Gebühren ist es möglich, in allen drei Sprachgebieten ein gleichwertiges Angebot zu haben. Das gilt ganz besonders für die italienische Schweiz und ganz speziell für Informationssendungen. Die findest du weder auf Netflix noch auf Spotify. Du beurteilst die Sache nur aus deiner ganz persönlichen Perspektive. In einer reifen Demokratie wie es die Schweiz bis jetzt mindestens war, müssen die Bürger aber das Grosse Ganze im Auge haben. Sonst können wir bald abfahren mit unserer direkten Demokratie. Zudem ist ja völlig klar, dass jede Firma dicht machen muss, wenn ihr innert kürzester Zeit drei Viertel ihrer Einnahmen wegfallen. In der Initiative steht klar und deutlich, dass die Gebühren ab dem 1.1.2019 abgeschafft sein müssen. Innert neun Monaten eine Ersatzlösung mit freiwilligen Beiträgen umzusetzen ist eine reine Illusion. Massenentlassungen wären unumgänglich. Das sind schlicht und einfach Fakten.
  • Giuseppe Scaglione , 18.10.2017 14:52 Uhr
    @Klaus Bonanomi: Sie haben das Grundproblem (noch) nicht verstanden. Ob ich Netflix, Spotify, Teleclub oder ein NZZ-Abo will, kann ich selber frei entscheiden. Vielleicht reicht mir Spotify (und ich will gar keine Filme und auch kein Sport). Vielleicht möchte ich nur Sport (und keine Musik). Bei den SRG-Gebühren ist dies ein Zwang - unabhängig davon, ob ich die Angebote überhaupt nutze. Deshalb sollte man es auch nicht Gebühren, sondern Steuern nennen. Ich verstehe, dass Sie als SRG-Mitarbeiter etwas beunruhigt sind. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass die Annahme dieser Initiative nicht automatisch den Untergang der SRG bedeuten würde. Es würde vielmehr dazu führen, dass sich die SRG selber finanzieren muss (und nicht - wie heute - automatisch Gebühren erhält). Da nicht davon auszugehen ist, dass 90% der Stimmbürger die Initiative annehmen werden, wird es somit immer noch genügend Leute geben, die weiterhin bereit sind, für die SRG-Angebote zu bezahlen. Freiwillig! Natürlich müsste die SRG gewisse Leistungen überdenken, aber wir leben ja auch nicht mehr in den 80er Jahren...Für mich persönlich ist die Freiheit das höchste Gut überhaupt. Die Bevormundungskultur gehört einer vergangenen Zeit an.
  • Klaus Bonanomi, 18.10.2017 14:15 Uhr
    @Giuseppe Scaglione: Ok, rechnen wir mal nach. Netflix 40 Rappen pro Tag. Spotify, für die Musik, ebenso viel. Dazu noch mindestens 50 Rappen fürs Sportangebot von Teleclub oder UPC-MySports. Und ach ja, dann auch noch ein gutes News-Angebot von NZZ oder Tagi, das kostet auch nochmals mindestens 1 Franken. Macht Minimum 2.50 pro Tag für eine Grundversorgung mit News, Musik und Unterhaltung. Dagegen ist 1 Franken pro Tag für die SRG (und die privaten, konzessionierten Radio- und TV-Sender) immer noch günstig.
  • Urs Obrist, 18.10.2017 14:13 Uhr
    Diese offenkundig nicht gerade grosszügigen Zugeständnisse wurden nur aufgrund der No-Billag-Initiative gemacht und zeigt deutlich auf, dass den SRG Supportern und davon abhängigen Politikern gehörig die Muffe saust. Einfach gesagt, geht es um ein urdemokratisches Recht, für das zu bezahlen, das man braucht und will. Demzufolge schliesse ich mich gänzlich dem Kommentar von Herrn Scaglione an. In diesem Zusammenhang würde ich eigentlich ganz gerne mal wissen, wie viele Betreibungen jährlich für die Billag ausgesprochen werden...
  • Peter Eberhard, 18.10.2017 13:48 Uhr
    Ein raffiniertes Zückerchen von Frau Leuthard zugunsten eines Nein im März. Ich verstehe aber immer noch nicht, warum auch Firmen (ab 500'000 Umsatz) diese Mediensteuer bezahlen sollen. Es sind ja Menschen, die in der Firma die SRG-Programme konsumieren, und die haben bereits privat ihren Obolus entrichtet. Also eine Doppelbesteuerung.
  • Giuseppe Scaglione , 18.10.2017 13:24 Uhr
    1 Franken pro Tag? Tönt gut. Blöd nur, dass man nicht selber darüber bestimmen kann, ob man dieses Geld für diese Art von Medien investieren will. Bei Netflix bekomme ich für 40 Rappen (!!) pro Tag unendlich viele Filme, bei Spotify für den gleichen Betrag unendlich viel Musik. Falls ich das will. Niemand zwingt mich dazu. Vielleicht möchte ich das alles ja gar nicht und für dieses Geld lieber ein NZZ-Abo lösen. Oder vielleicht möchte ich mit 400 Franken pro Jahr lieber eine Woche in die Ferien. Und genau hier liegt meiner Meinung nach der Kern der Diskussion. Wenn ich das richtig verstanden habe, geht es bei der No-Billag-Initiative nicht um die Abschaffung der SRG und auch nicht um eine grundsätzliche Abschaffung von Gebühren - auch wenn das von gewissen SRG-hörigen Politikern immer wieder behauptet wird. Es geht um die Abschaffung eines GebührenZWANGS. Das heisst noch lange nicht, dass es nicht genügend Leute geben wird, die FREIWILLIG für das SRG-Angebot bezahlen würden. Aber jeder sollte darüber selber entscheiden können. Alles andere ist weder zeitgemäss noch demokratisch. Alle, die bei der No-Billag-Diskussion den Teufel an die Wand malen und bei einer Annahme der Initiative vom Untergang der Demokratie schwafeln, sollten sich darüber mal Gedanken machen...Wäre niemand in der Schweiz bereit, freiwillig für das SRG-Angebot zu bezahlen, wäre das ohnehin ein Armutszeugnis der sonst so hoch gelobten Institution.
  • Robert Weingart, 18.10.2017 11:42 Uhr
    Die Billag muss meiner Meinung nach nicht abgeschafft werden. Wenn man sie aber reduziert, ist das okay. Es ist wichtig, dass die SRG über die Bücher geht, Sendungen und Sender grundsätzlich überprüft und dort den Sparhebel ansetzt, wo die Grundversorgung audhört. Das heisst zum Beispiel bei Sendungen wie Glanz und Gloria oder Radiosendern wie Musigwälle oder DRS 4. Letztere Angebote werden meiner Meinung nach schon gut von DRS 1 und DRS 2 abgedeckt. Diese Doppelspurigkeiten sind zu reduzieren.
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