16.10.2000

"Bis hier und nicht weiter!"

SF DRS-Chefredaktor Filippo Leutenegger (Bild) ist letzte Woche in die Schusslinie des Tages-Anzeigers geraten. Konkret wird ihm vorgeworfen, zunehmend unter den Einfluss der SVP zu geraten. Gegenüber "persoenlich.com" nimmt Leutenegger Stellung zu den Beschuldigungen. Das Interview:
"Bis hier und nicht weiter!"

Der Tages-Anzeiger wirft Ihnen vor, in Ihrer Funktion als Fernseh-Chefredaktor zunehmend unter den Einfluss der SVP zu geraten.

Es ist der schwerstmögliche Vorwurf, den man einem Chefredaktor machen kann. Das Ganze ist eine niederträchtige Unterstellung, Thesenjournalismus in Reinkultur. Es gibt weder Beweise, noch Belege noch Zitate, sondern bloss reine Verdächtigungen. Die hätten mal besser ihren gesunden Menschenverstand spielen lassen sollen. Es kann doch niemand glauben, dass ich mich in den letzten 20 Jahren in meiner Arbeit konstant verstellt habe.

Warum lassen Sie sich dann so provozieren?

Ich bin es gewohnt, im Kreuzfeuer der Kritik zu stehen. Das gehört zum Job und stört mich normalerweise nicht. Wenn aber eine Zeitung meine Integrität als Berufsmann anzweifelt, dann ist das schwerwiegend. Und dann muss ich sagen: bis hier und nicht weiter!

Konkret wird Ihnen vorgeworfen, Druckversuche der SVP an Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterzugeben und die Partei in Ihren Sendungen immer mehr zu bevorteilen.

Unsinn! Jeder, der mit mir arbeitet, weiss ganz genau, dass ich niemals irgendwelchem Druck von wem auch immer nachgeben würde.

"Jedes Mal, wenn wir etwas über die SVP recherchieren, kommt innert Kürze ein Telefon vom Chef", wird ein TV-Redaktor vom Tages-Anzeiger zitiert. Offenbar ruft die Partei sofort bei Ihnen an.

Eine Unterstellung aus der untersten Schublade! Angebliche Recherchegespräche, irgendwelche ungenannte Quellen, sprich nicht überprüfbare Quellen – das ist doch kein Journalismus, hat nichts mehr mit dem Handwerk eines Journalisten zu tun.

Was für Reaktionen haben Sie aus Politikerkreisen erhalten? Durch Ihre Jahre als Arena-Dompteur haben Sie ja viele persönliche Freundschaften mit Politikern aller Couleur geschlossen.

Nicht viel. Die meisten wissen, dass ich mich selber wehren muss – und auch kann.

Für heute haben Sie aufgrund der Vorwürfe sogar eine Mitarbeitersitzung anberaumt. Was werden Sie dort sagen?

Wenn man mir in meiner Funktion als Chefredaktor vorwirft, nicht mehr unabhängig zu sein, muss es für mich ein Erstes sein, meine Mitarbeiter zu informieren. Normalerweise kommentiere ich keine Medienvorgänge über meine Person. Wenn man jedoch meine berufliche Integrität anzweifelt, dann muss ich reagieren. Es handelt sich um eine interne Veranstaltung – mehr dazu sage ich nicht.


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