17.06.2016

UVEK

Bundesrat will Service public im Internet

Die SRG soll an die Digitalisierung angepasst werden, deshalb sollen auch reine Online-Angebote als Service public anerkannt werden, heisst es in einem am Freitag veröffentlichten Bericht. Die Sendung «The Voice» wurde wegen der hohen Kosten in Frage gestellt.
UVEK: Bundesrat will Service public im Internet

Die SRG soll weiterhin einen umfassenden Service public anbieten. Der Bundesrat will das heutige Modell nicht auf den Kopf stellen, aber an die digitale Zeit anpassen: Service public soll es auch im Internet geben.

Das Angebot müsse dort sein, wo das Publikum sei - also auch im Internet, sagte Medienministerin Doris Leuthard am Freitag vor den Medien in Bern. Vor allem junge Menschen wendeten sich zunehmend von den klassischen Medien ab. Das Ziel müsse es sein, sie zu erreichen. Der Service public sei in einer direkten Demokratie besonders wichtig.

Mittelfristig will der Bundesrat deshalb das heutige Radio- und Fernsehgesetz in ein Gesetz über elektronische Medien umwandeln. Konkrete Vorschläge wird er laut Leuthard voraussichtlich 2018 vorlegen.

Entwicklung zulassen

Heute gelten Beschränkungen für die SRG im Internet, damit diese nicht Private konkurriert. Die Herausforderung bestehe darin, dem gebührenfinanzierten Service public ausreichend Entwicklungsspielraum im Internet zuzugestehen, ohne die Möglichkeiten der privaten Zeitungsverleger einzuschränken, heisst es im Bericht. Das Gebot der Rücksichtnahme auf die Privaten dürfe aber Strukturanpassungen nicht verhindern.

Wettbewerbsverzerrungen will der Bundesrat durch ausgleichende Massnahmen abfedern, etwa bei der Werbung oder durch eine Fokussierung des Online-Angebots auf audiovisuelle Inhalte. Künftig könnten auch reine Online-Angebote als Service public anerkannt werden.

Abgrenzung von Privaten

Neben diesen mittelfristigen Änderungen soll es kurzfristige Anpassungen geben, im Rahmen der nächsten Neukonzessionierungen. Die geltenden Konzessionen laufen Ende 2017 aus. Das Ziel für die neue Periode: Die SRG soll ihre Programme und Online-Angebote noch deutlicher als bisher von kommerziellen Inhalten unterscheiden.

Im Zentrum soll weiterhin die Information stehen. Der Bundesrat geht davon aus, dass die SRG dafür mindestens die Hälfte der ihr zufliessenden Empfangsgebühren aufwendet. Information sei die Grundlage der demokratischen Meinungs- und Willensbildung, hält er fest.

Weniger ausländische Serien

Auch der Kultur und der Kulturförderung sowie der Bildung misst der Bundesrat weiterhin eine grosse Bedeutung zu. Darunter fällt sowohl die Hochkultur als auch die Volks- oder Popkultur. Die SRG soll wie bisher die schweizerische audiovisuelle Produktion fördern. Im Radio soll die Schweizer Musik weiterhin einen prominenten Platz finden.

Bei der Unterhaltung erwartet der Bundesrat mehr «Unverwechselbarkeit». Faktisch lasse sich ein Teil des heutigen Unterhaltungsangebots kaum von jenem des Privatfernsehens unterscheiden, hält er fest. Dies gelte namentlich für gewisse eingekaufte Fernsehserien und Filme. Die SRG soll deshalb ihre bisherige Praxis beim Einkauf "kritisch überprüfen".

«The Voice» in Frage gestellt

Nebst Serien und Filmen soll die SRG gewisse Spiel- und Unterhaltungsshows wie beispielsweise «The Voice» zu prüfen. Die Kosten von «The Voice» belaufen sich laut dem Bericht auf eine Million für die Lizenz und neun Millionen für die Produktion, deren Einzelheiten vertraglich fest vorgeschriebenen sind. Eine Folge kostet somit über 800'000 Franken.

Hoch sind auch die Kosten für Sport-Übertragungsrechte. Hier ist die SRG aus Sicht des Bundesrates gefordert, vermehrt Kooperationen mit anderen Veranstaltern einzugehen, um das Angebot aufrecht erhalten zu können. Leuthard gab zu bedenken, dass für Private nicht einmal die Ausstrahlung von Fussball und Tennis rentabel wäre.

Keine zusätzlichen Mittel

Allgemein erwartet der Bundesrat, dass sich der Service public als Dienst an der Gesellschaft in Zukunft «besser legitimiert und seinen Mehrwert für die Gesellschaft deutlicher aufzeigt». Wenn man Geld erhalte, sei es normal, dass man sich ein bisschen rechtfertigen müsse, erklärte Leuthard.

Die aktuellen Werbeeinschränkungen sollen vorderhand bestehen bleiben. Den Umfang der Gebührenfinanzierung will der Bundesrat ebenfalls beibehalten. Sollte der Ertrag aus den Empfangsgebühren wegen des Bevölkerungswachstums weiter zunehmen, will er eine Senkung der Gebühren prüfen. Mehr Geld soll es auch im Zusammenhang mit künftigen Angeboten im Internet nicht geben: Die SRG werde überlegen müssen, wie sie die Mittel einsetze, sagte Leuthard.

Neuerung für Private

Bei den gebührenfinanzierten Lokalradios und Regionalfernsehen will der Bundesrat präzisere Vorgaben erlassen, um regionale Informationsleistungen einzufordern. Anpassungen soll es auch bei den konzessionierten kommerziellen Lokalradios geben, die heute einen publizistischen Leistungsauftrag, aber keinen Anspruch auf Gebührenunterstützung haben. Es sei nicht mehr gerechtfertigt, dieser Veranstalterkategorie staatliche Pflichten aufzuerlegen, da die Frequenzknappheit im UKW-Band wegfalle, heisst es im Bericht. Der Bundesrat beabsichtigt, diese Anbieter von der Konzessionspflicht und dem Leistungsauftrag zu befreien.

Die Reaktionen der Verbände

Der Bericht des Bundesrates zum Service Public falle aus Sicht des Verbandes «Schweizer Medien insgesamt ernüchternd aus. Zu vergangenheitsorientiert beinhalte er nur wenige Vorschläge, wie unter den Bedingungen der Digitalisierung und der Konvergenz ein mehrheitsfähiger Service Public zu gestalten sei, heisst es in einer Medienmitteilung des Verbandes. Positiv festzuhalten sei, dass zur Klärung der Rahmenbedingungen auch aus Sicht des Bundesrates eine Revision des RTVG notwendig sei.

«Impressum», Der Berufsverband der Journalisten begrüsst, dass mindestens 50 Prozent der Gebühren für journalistische Information verwendet werden sollen Und unterstützt, dass künftig auch reine Online-Informationsmedien Gebührenanteile erhalten könnten.

Allerdings brauche es eine weitere Konkretisierung der ethischen Qualitätssicherung im Journalismus und der Mindestlohn bei gewissen privaten gebührenfinanzierten Medien müsse thematisiert werden, heisst es in einer Medienmitteilung des Journalistenverbandes. Auch «Impressum» fehlt es in dem Bericht an zukunftsweisenden Visionen.

Gar nicht zufrieden mit dem von Doris Leuthard vorgestellten Bericht ist die «Aktion Medienfreiheit» um SVP-Nationalrätin Natalie Rickli: «Wer auf eine breite Auslegeordnung hoffte, sieht sich heute bitter enttäuscht», heisst es in einer Medienmitteilung. Der Bericht des Bundesrats sei unvollständig und fokussiere einseitig auf die Erhaltung des Status quo und das weitere Vordringen der SRG in private Märkte.

Die Digitalisierung führe zu  mehr Medienvielfalt führt und das müsse zu einem Abbau der staatlichen Leistungen führen – und nicht zu einem Ausbau.

(sda/lcv)

Bild: Keystone



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Kommentare

  • Urs Thalmann, 17.06.2016 15:50 Uhr
    Dass der Mindestlohn von 4000 Franken für die ganze soziale Verantwortung von Journalisten bei privaten Radio- und TV-Anbietern im Bericht erwähnt wird aber unkritisiert bleibt, ist enttäuschend! Das müsste auch in der sda-Meldung ein Thema sein! Wie viele Berufe kennen wir, wo jemand für 4000 Franken Verantwortung übernimmt und meist ein Studium, Berufsbildung und -erfahrung mitbringt?
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