Die Aargauer Zeitung würdigt Papst Franziskus als «Stimme, die der Welt fehlen wird». Dominik Straub hebt in seinem Kommentar die politische Dimension des verstorbenen Pontifex hervor.
«In einer Welt, die immer mehr aus den Fugen gerät, hat sich der Papst fast als einzige global gehörte Stimme gegen den Zeitgeist zur Wehr gesetzt», schreibt Straub. Franziskus habe sich konsequent gegen völkerrechtswidrige Kriege, die Dämonisierung von Migranten und die Zerstörung der Schöpfung eingesetzt.
Der Kommentator betont, dass Franziskus mit seiner Persönlichkeit auch Menschen berührt habe, «die mit Religion nicht viel anfangen können». Als «traurige Fussnote der Geschichte» bezeichnet er, dass der letzte Staatsgast des Papstes ausgerechnet US-Vizepräsident JD Vance war, der «den deprimierenden Zeitgeist, den der Papst bekämpft hat, verkörpert».
«Adiós, Francisco! Die Welt ist kälter ohne Dich», überschreibt der Blick seinen Kommentar zum Tod des Papstes. Franziskus sei ein grosser Papst gewesen, der fehlen werde.
Zwar gingen die Reformen der katholischen Kirche viel zu langsam voran, räumte Blick-Bundeshausredaktor Raphael Rauch am Montag in dem Text ein: «Franziskus konnte die Kirche nicht von heute auf morgen auf den Kopf stellen.»
Aber der Papst habe einen Prozess angestossen, der die Kirche langfristig verändern werde, so Rauch. Er habe eine heilsame Dezentralisierung eingeleitet - weniger Rom, mehr Basis. Dahinter könne kein Papst mehr zurück. Franziskus habe eine Kirche gewollt die ungemütlich ist, sich einmischt und den Schwachen, Entrechteten und Schutzlosen eine Stimme gibt.
Der Blick verwies auf die Aussage des Papstes, wonach die Wirtschaft in ihrer heutigen Form töte. Es sei nur einer von vielen Sätzen des Pontifex, die bürgerlichen Politikern in der Schweiz ebenso wenig gefallen dürften wie US-Präsident Donald Trump: Aber nichts anderes ist die Botschaft Jesu: eine einzige Provokation, den eigenen Lebensstil und die eigenen Wertvorstellungen zu hinterfragen. Und Leben und Liebe, nicht Egoismus, Hass und Hetze ins Zentrum zu stellen.
Die französischsprachige Freiburger Tageszeitung La Liberté sieht im verstorbenen Papst einen visionären und umweltbewussten Innovator. die Welt werde ihn als «einfachen, zugänglichen und - vorsichtig gesagt – innovativen» Mann in Erinnerung behalten.
Der Papst habe die prophetische Seite von Franz von Assisi gehabt und wie der Heilige aus dem 13. Jahrhundert die Kirche reparieren wollen, schrieb die Zeitung am Montag. Wie diesem sei ihm Einfachheit wichtig gewesen.
Die «Geissel» des sexuellen Missbrauchs sei Franziskus mit einem historischen Gipfel in Rom und konkreten Massnahmen frontal angegangen. Die Umsetzung lasse aber zu wünschen übrig und der Papst sei nicht so weit gegangen, die systemischen Ursachen sexueller Gewalt anzuerkennen.
Das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) würdigt Papst Franziskus als «grossen Menschenfreund» und «klare Stimme gegen die Gewalt, gegen Krieg und auch gegen die Ausbeutung von Mensch und Natur», wie Religionsredaktorin Judith Wipfler hervorhebt.
Zu seinen Verdiensten zählt das SRF besonders den «synodalen Prozess» – laut Wipfler «das grösste Reformprojekt der römisch-katholischen Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil». Der Papst habe «mehr Mitbestimmung in der Kirchenleitung» für Laien und Frauen angestossen und begonnen, «Missstände im Vatikan, in der Vatikanbank und in der Kurie auszumisten».
Mit Blick auf die Zukunft äussert Wipfler allerdings Zweifel, ob Franziskus seine Reformen kirchenrechtlich ausreichend abgesichert hat. Es bestehe die Gefahr, dass «die Uhr wieder zurückgestellt wird» – wie es nach dem «grossen Reformkonzil des 20. Jahrhunderts» bereits einmal geschehen sei.
Der Tages-Anzeiger beschreibt Papst Franziskus als Reformer, dessen Wirkung bleibend sein wird. «Was er in den letzten zwölf Jahren angestossen hat, lässt sich nicht mehr rückgängig machen», schreibt Marc Beise in seiner Analyse aus Rom.
Beise würdigt besonders die Menschlichkeit des Verstorbenen und seine Beharrlichkeit bei zentralen Themen: «Der Krieg und das Leiden der Menschen, die Arroganz der Mächtigen und die Zerstörung der Umwelt haben Papst Franziskus in seiner Amtszeit beschäftigt.» Sein bedingungsloser Pazifismus sei oft kritisiert worden, doch dem Papst sei es um «das Leid der Unschuldigen auf allen Seiten» gegangen.
Die Begegnung mit US-Vizepräsident Vance am Tag vor seinem Tod betrachtet der Autor skeptisch, sieht darin aber Franziskus' Bestreben, «immer den Menschen nahe zu sein». Mit Blick auf die Zukunft warnt Beise: «Natürlich werden die Konservativen und Reaktionäre jetzt versuchen, das Rad zurückzudrehen.»
«Franziskus war (…) kein Reformer im Sinne einer strukturellen Erneuerung der Kirche, die gerade in der westlichen Welt grosse Mühe bekundet, die zusehends entfremdeten Gläubigen zu halten», schrieb Watson-Redaktor Daniel Huber am Montag in seinem Nachruf auf den Pontifex. Die Erneuerung, die ihm am Herzen gelegen habe, habe sich eher auf den Umgang der Kirche mit den «Sündern» und insbesondere den Ärmsten bezogen.
Für Franziskus habe der Kampf gegen die weltweite Armut untrennbar mit dem Kampf gegen die Zerstörung der Umwelt zusammengehört, so Huber weiter. Von seinen Warnungen vor ökologischen Gefahren führe eine direkte Linie zu den Lehren des Franz von Assisi.
In Fragen der Lehre sei der Papst indes nahezu so konservativ wie seine beiden Vorgänger gewesen, hiess es in dem Text weiter: «Er hielt am Zölibat und am Verbot der Frauenordination fest und verglich Abtreibungen mit einem Auftragsmord.» (sda/awe/cbe)
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22.04.2025 08:54 Uhr