09.01.2020

Dreikönigstagung 2020

«Der spontane Applaus hat mich enorm gefreut»

Ringier ist wieder Mitglied im Verband Schweizer Medien. Vor gut vier Jahren hatte der Medienkonzern den Verband im Streit verlassen. Ist der Ärger nun überwunden? CEO Marc Walder über die Gründe der Rückkehr und die Chancen der Digital-Allianz.
Dreikönigstagung 2020: «Der spontane Applaus hat mich enorm gefreut»
Es gelte, die Kräfte zu bündeln, um die gewaltigen Herausforderungen in der Medienbranche zu meistern, begründete Ringier-Konzernchef Marc Walder am Mittwoch an der Dreikönigstagung die Rückkehr zum Verlegerverband. (Bild: zVg.)
von Edith Hollenstein

Herr Walder, Sie haben für die grosse Überraschung gesorgt an der Dreikönigstagung (persoenlich.com berichtete). Behagt Ihnen die Rolle?
Mir behagt die Rolle, einen Beitrag dazu zu leisten, dass wir die medienpolitischen und medientechnischen Interessen nun wieder gemeinsam zusammen mit dem Verband Schweizer Medien vertreten werden. Denn es wird um sehr viel gehen: Einerseits steht eine – vielleicht gar historische – medienpolitische Debatte vor uns: Wie gelingt es uns, den Medienstandort Schweiz intelligent und nachhaltig stark zu erhalten? Wie soll das Verhältnis zwischen Staat und privaten Medien in Zukunft geregelt sein? Welche Rolle soll die SRG spielen? 

Ihr Lieblingsthema ist aber ein ganz anderes, korrekt?
Korrekt: Die Schweizer Digital-Allianz. Ein fundamental wichtiges, ja wegweisendes Projekt. Wir haben bisher Beachtliches erreicht: NZZ, TX Group, CH Media, Ringier und die SRG gehen Schulter an Schulter voran. Wir sehen in vielen europäischen Ländern, dass sich in der Medienindustrie digitale Allianzen bilden. Der umfassende Schulterschluss in der Schweiz ist aber einzigartig. Und: Das – bis jetzt noch freiwillige – Login ist live.

Wie ist der Erfolg bisher?
Ringier verzeichnet seit Mitte Oktober bereits über 110'000 zusätzliche Logins. Tamedia gut 80'000. NZZ gut 40'000. Wir sind super zufrieden. Digitale, journalistische Plattformen brauchen dringend diese Logins. Bei Facebook, Twitter, Spotify, Netflix, Quora, Fortnite, Instagram etc., etc. sind – selbstredend – 100 Prozent der User eingeloggt. Dorthin müssen wir kommen. Um den Usern einerseits und dem Werbemarkt andererseits die passenden Inhalte beziehungsweise die passenden Profile bieten zu können. Alles – ebenfalls selbstredend – komplett datenschutzkonform.

«Die Schweizer Medien sollen geschlossen von dieser einzigartigen Initiative profitieren»

Im Oktober ist die Login- respektive Digital-Allianz gestartet. Welchen Einfluss auf den Entscheid zum Comeback beim Verlegerverband hatte dieses Projekt?
Einen grossen. Die Schweizer Medien sollen geschlossen von dieser einzigartigen Initiative profitieren. Der Verband Schweizer Medien übernimmt hier eine tragende Rolle. Vor Weihnachten hat die Allianz zwei Informationsveranstaltungen für weitere interessierte Verlage durchgeführt: eine in der Deutschschweiz, eine in der Romandie. Wir hoffen und gehen davon aus, in Kürze weitere Medienmarken in der Allianz begrüssen zu dürfen.

Ist nun sozusagen die Trotzphase vorbei oder handelt es sich eher um die Rückkehr des verlorenen Sohns?
Ringier und der Verband waren in den vergangenen fünf Jahren in einem korrekten Austausch. Nicht zuletzt auch zu medienpolitischen Themen wie beispielsweise der indirekten Presseförderung.

Alexander Theobald wird Ringier im VSM-Präsidium vertreten. Warum nicht Sie selber?
Alexander Theobald ist einer der renommiertesten Medienmanager im deutschsprachigen Europa. Er wird neu den grossen Verlag Ringier Axel Springer Schweiz leiten, dazu agiert er als COO Ringier Schweiz. Er ist die perfekte Besetzung. 

Mit Ringier trat 2015 auch Ringier Axel Springer Schweiz (RASCH) aus. Ist mit Theobald im VSM-Präsidium nun RASCH auch wieder beigetreten?
Selbstverständlich. 

«Es wird um viel gehen. Politisch, genauso wie technologisch»

Was, welches Versprechen oder welches Angebot, hat den Ausschlag gegeben, dass Ringier nun dem Verband Schweizer Medien wieder beigetreten ist?
Gemeinsam sind wir stärker. Und wie gesagt, es wird um viel gehen. Politisch, genauso wie technologisch.

Was für Reaktionen haben Sie an der Dreikönigstagung auf Ihren Entscheid bekommen?
Ausnahmslos positive. Der spontane Applaus in der Halle hat mich enorm gefreut.

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In welchen Themen haben Sie den Eindruck, dass der Verband Schweizer Medien in den Jahren seit Ihrem Austritt 2015 konstruktiver und innovativer geworden ist?
Ringier war nicht dabei und sollte deshalb auch nicht darüber urteilen.

Damals war ja Admeira Auslöser der heftigen Differenzen. Rückblickend gesehen: Was würden Sie in diesem Zusammenhang nicht mehr so machen?
Die Frage ist müssig – man entscheidet immer im Wissen des Hier und Jetzt. Admeira war und ist getragen von dem Ziel, den Schweizer Medien- und Werbemarkt zu stärken. Übrigens, die entstandenen Differenzen hatten auch ihr Gutes: Sie haben die Relevanz, aber auch das Ausmass der Herausforderungen ins öffentliche Interesse gerückt.

Was erhoffen Sie sich nun von der erneuten Verbandsmitgliedschaft?
Eine Stärkung des Medienstandortes Schweiz. Nicht mehr und nicht weniger. 



Marc Walder hat die Fragen schriftlich beantwortet. 

 



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Kommentare

  • Schweizer Digital-Allianz, 10.01.2020 11:08 Uhr
    Die Schweizer Digital-Allianz berücksichtigt sowohl die Schweizer Datenschutzgesetzgebung (das geltende sowie das revidierte DSG) als auch die EU-DSGVO. Sämtliche Personendaten, welche bei einem Login erfasst werden, werden nur zu den Zwecken verwendet, welche transparent in den jeweiligen Datenschutzbestimmungen der Digital-Allianz-Partner festgehalten sind. Wünscht ein Kunde, dass seine Personendaten nicht zu Werbezwecken und zur Personalisierung bearbeitet werden, ist dies jederzeit möglich. Diese Vorgehensweise entspricht nicht nur der geltenden Datenschutz-Gesetzgebung, sondern auch der zukünftigen. Jeder Kunde bestimmt somit selbst, wer wann welche Personendaten zu welchen Zwecken bearbeitet. Registrierte Nutzerinnen und Nutzer helfen den Medienunternehmen, Inhalte personalisieren zu können. Zum einen Werbeinhalte, welche besser auf die Interessen der User abgestimmt werden können. Zum anderen, einen Teil der journalistischen Inhalte, z.B. so wie wir es von Netflix und anderen digitalen Angeboten kennen, also in Form von Vorschlägen für weitere relevante Inhalte. Das verspricht die Digital-Allianz nicht nur, sondern wir arbeiten mit Hochdruck daran. Wie gesagt: Alles entlang der heute und zukünftig geltenden Datenschutzbestimmungen. Und alles basierend auf der Zustimmung der User zur Datennutzung.
  • Beat Fux, 08.01.2020 22:10 Uhr
    Was gerne beim Thema Login-Allianz verschwiegen wird: Der Bund arbeitet derzeit am neuen Datenschutzgesetz (E-DSG), das sich an der EU-DSGVO anlehnt. Etappe I (Bearbeitung durch Behörden) ist seit Ende 2018 in Kraft. Etappe II, die die Privaten betrifft, also auch alle Medienunternehmen, tritt voraussichtlich im 2020 in Kraft. Die grossen Medienhäuser sind bemüht, davor noch möglichst viele Personen zu einem Login nach altem Gesetz zu angeln. Sie versprechen den Registrierten einen Nutzen (kuratierte Inhalte), den sie nicht einhalten werden. Es geht einzig um die Profilierung für den Werbemarkt.
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