18.06.2020

Die Zeit

«Der Wolf in der Surselva wäre ein Thema»

Die Schweiz-Ausgabe der Zeit erscheint am Donnerstag erstmals mit der Seite «Alles ausser Zürich». Warum setzt das Blatt den Fokus neu auf regionale Themen? Matthias Daum über den Teufel, Tessiner und Töfflärm im Toggenburg.
Die Zeit: «Der Wolf in der Surselva wäre ein Thema»

Herr Daum, ist wegen Corona sogar bei der «Zeit» die Landliebe ausgebrochen?
Wir hegen bei der Zeit seit Jahren eine innige Liebe für die unterschiedlichen Regionen der Schweiz. Ich bin ja, durchaus bewusst, der einzige Zürcher in unserer Schweizer Redaktion. Meine Kolleginnen Barbara Achermann und Sarah Jäggi wohnen in Basel beziehungsweise Olten und bringen dadurch immer wieder Geschichten aus diesen Ecken des Landes ins Blatt. Nun wollen wir unsere regionale Berichterstattung noch stärker ausbauen – auch, weil dies einem immer wieder geäusserten Wunsche unserer Leserinnen und Leser entspricht. 

Warum haben Sie die letzten Jahre zu wenig aus den Regionen der Schweiz berichtet?
Es gibt hinterher immer tausend Erklärungen, weshalb man etwas nicht gemacht hat. Aber entscheidend ist doch, dass wir die Berichterstattung aus den Regionen jetzt intensivieren werden – unter anderem mit einer wöchentlichen Fotokolumne, die unsere Bildchefin Amélie Schneider kuratiert. Sie hat vier Fotografinnen und Fotografen aus allen Landesteilen ausgesucht, die für uns im wöchentlichen Turnus aus ihren Regionen berichten. Den Auftakt machen Eva Lauterlein aus Vevey, Karla Voleau aus Lausanne, Benjamin Manser aus Bischofszell und Adrian Moser aus Bern.

ZEIT_SCHWEIZ_REDAKTION

Wann sind Sie persönlich letztmals an einen Ort jenseits der Deutschschweizer Medienhauptstadt gereist?
Während des Corona-Lockdowns war ich tatsächlich sehr sesshaft. Aber im Mai zog es mich aus Zürich raus.

An welchen Ort?
Ich war eine Woche lang in einem Bauerndorf im Bündner Rheinwald in den Ferien. Da kommt man mit den Leuten ins Gespräch – im Volg, der Metzgerei, der Sennerei oder auf der Strasse – und schnappt auch die eine oder andere Idee für eine Geschichte auf. Zum Beispiel, dass man sich auf der Nordseite des San Bernardino während der Corona-Krise nicht vor den Deutschschweizern gefürchtet hat, sondern vor den Tessinern, die sich nicht von der Shoppingtour nach Norden haben abhalten lassen. 

Sie wollen über die «wichtigsten, überraschendsten und umstrittensten Ereignisse jenseits der Medienhauptstadt berichten», wie Sie in einer Mitteilung ankündigen. Bei so vielen Superlativen: Was für Ereignisse meinen Sie konkret? Können Sie mindestens sechs davon nennen?
Ich werde den Teufel tun und Ihnen alle unsere Ideen verraten! Aber der Streit um den Wolf in der Surselva wäre ein Thema, das auf unsere neue Seite passen würde. Oder der Konflikt in der Migros Freiburg. Oder die Geschichte, die wir diese Woche im Blatt haben: der Kampf des Tessins gegen eines seiner Tourismus-Symbole – die Palme.

ZEIT_ALLES AUSSER ZUERICH

Es soll zudem eine Postleitzahl-Kolumne geben.
Ja, wir werden in dieser Postleitzahl-Spalte jede Woche eine Geschichte aus einer Gemeinde der Schweiz erzählen. Nah an den Menschen dran, und so erzählt, dass sich alle unsere Leserinnen und Leser angesprochen fühlen. Den Auftakt macht Hemberg, ein Ort im Toggenburg, wo sich der Bauer Ueli Knöpfel gegen den grauenhaft lärmigen Töff-Verkehr vor seinem Hof ärgert. Als Velofahrer bin ich natürlich völlig auf seiner Seite.

 

Das Interview wurde schriftlich geführt.  


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