18.08.2004

Die Legende vom Sommerloch

Auf das Sommerloch ist in der Werbung Verlass. Regelmässig brechen zum Ferienbeginn die Ausgaben für Print-Anzeigen ein. Grund dafür: Die Auftraggeber wähnen die KonsumentInnen im Ausland und damit unerreichbar. Doch stimmt das auch? Die deutsche Bauer Media KG wollte es genau wissen und hat eine Studie zum Thema angestellt. "persoenlich.com" präsentiert die Resultate:
Die Legende vom Sommerloch

Auch wenn es für zyklisches Werbeverhalten stichhaltige Gründe gibt, beruht das Sommerloch doch auf Vorurteilen, sind die Verfasser der deutschen Studie überzeugt. Die drei häufigsten: 1. "Im Sommer verreisen die meisten Leute und sind deshalb unerreichbar für Werbung." 2. "Deswegen gibt es im Sommer weniger Konsumenten und der Umsatz bricht ein." 3. "Im Sommer werden weniger Zeitschriften konsumiert. Die Werbebotschaft erreicht weniger Zielpersonen."

Zur Verifizierung des vermuteten Zusammenhangs wurden die Detailhandelsumsätze, das monatliche Reiseverhalten sowie die monatlichen verkauften Auflagen der Publikumszeitschriften unter die Lupe genommen, und zwar sowohl im Jahr 2003, als auch das Mittel der drei Vorjahre 2000 bis 2003. Wenngleich der Einzelverkauf in Deutschland ein ungleich stärkeres Gewicht hat als im "Abo-Land" Schweiz, dürften die Grundüberlegungen der Untersuchung auch südlich des Rheins zutreffen.

Der Zyklus

Dass sich die Werbeinvestitionen in Deutschland tatsächlich zyklisch verhalten, belegen Zahlen von Nielsen Media Research:

Sommerzeit = Urlaubszeit?

Sind tatsächlich die meisten Deutschen im Sommer verreist? In der Tat verreisen 54 Prozent aller Personen, die Urlaub machen, in den Sommermonaten. Fakt ist gemäss Studie aber auch, dass diese 54 Prozent nur 28 Prozent der Gesamtbevölkerung ab 14 Jahren ausmachen. Ziehe man die Heim-Urlauber davon ab, verbieben 21 Prozent, die im Juni, Juli oder August ausser Landes sind. Mit anderen Worten: 79 Prozent der Gesamtbevölkerung (rund 51 Mio. Personen Deutsche) verreisen entweder gar nicht oder innerhalb Deutschlands. Ausserdem sei zu beachten, dass sich die rund 14 Mio. Urlauber, die ins Ausland verreisen, über die Urlaubswochen des Sommers verteilten: In dem Zeitraum Juni bis August verreisen monatlich zwischen 3.5 Mio. und 5.3 Mio. Personen ab 14 Jahren ins Ausland.

Im weiteren wird festgestellt, dass Personen, die im Juli oder August verreisen, ein unterdurchschnittliches bzw. ein durchschnittliches frei verfügbares Einkommen haben. Denn wegen der Schulferien seien das die beliebtesten Reisemonate für Familien (57 Prozent aller Urlauber) und junge Leute. Zwischen 26 Prozent und 29 Prozent der Urlauber in diesen Monaten sei jünger als 30 Jahre und hätten generell weniger Geld zur freien Verfügung als der Durchschnitt der Gesamtbevölkerung.

Gibt es ein Nachfrageloch im Sommer?

Gibt es im Lebensmitteleinzelhandel saisonale Umsatzeinbrüche, die den Rücklauf der Werbeinvestitionen im Sommer rechtfertigen? Mit Daten des Nielsen Handelspanels stellen die Studien-Verfasser fest, dass "die Nachfrage nach den wichtigsten Produkten des täglichen Bedarfs im Sommer nicht signifikant geringer als im restlichen Jahr" sei.

Auch die detaillierte Betrachtung der Kategorien "Produkte ohne saisonale Schwerpunkte", "Produkte mit Wintersaison" und "Produkte mit Sommersaison" zeige, dass es nur für bestimmte Produkte eine natürliche Saisonalität gebe. Produkte aus dem Non-Food-Bereich unterlägen dabei geringeren saisonalen Schwankungen als Produkte aus dem Food-Bereich.

Gibt es im Sommer weniger Zeitschriftenkäufe?

Die Analyseergebnisse für die Jahre 2000 bis 2003 decken sich mit jenen für Konsumgüter: Zeitschriften verkaufen sich in Deutschland gattungsunabhängig im Sommer wie in anderen Jahreszeiten, weder "Programmzeitschriften" noch "Aktuelle Zeitschriften zum Zeitgeschehen" noch "Frauenzeitschriften" sind saisonalen Schwankungen unterworfen. Dies, so die Studie, widerspreche dem Vorurteil der sommerlichen Konsumflaute.

Demgegenüber ergebe aber die Betrachtung des monatlichen Anzeigenumfangs in Publikumszeitschriften, dass in den Sommermonaten -- analog zu den Werbeinvestitionen über alle Medien -- wesentlich weniger Anzeigen geschaltet werden als im restlichen Jahr, der monetäre Werbedruck im Sommer sinke im Vergleich zum Jahresdurchschnitt um ca. 30 Prozent.

Fazit

Aufgrund der Analyse kommt der Bauer Verlag zu folgendem Schluss: Die Sommermonate bieten die besten Voraussetzungen, den Share of Advertising und den Share of Voice bei gleichbleibendem Budget signifikant zu erhöhen -- solange die Mehrzahl der Werbungtreibenden an die "Mär vom Sommerloch" glaubt. Hier bestehe die Möglichkeit, durch kluge zeitliche Strategien im immer lauter werdenden Werbekonzert mehr beachtet und gehört zu werden.

Eine besondere Chance böten Publikumszeitschriften, die sich durch ganzjährig konstante Verkäufe auszeichnen. Wer sich im Sommer gegen weniger Anzeigenkonkurrenz durchsetzen wolle, profitiere von dem geringeren monetären Werbedruck und erhöhe damit die Effizienz seiner Kommunikation.


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