03.01.2002

"Die Schweizer Zeitungspreise sind zu tief"

Die Neue Zürcher Zeitung hat auf Anfang Jahr ihre Kioskpreise erhöht. "persoenlich.com" wollte von Verlagsleiter Tobias Trevisan (Bild) u.a. wissen, ob auf diese Weise die NZZ am Sonntag quersubventioniert werden soll. Das Interview:
"Die Schweizer Zeitungspreise sind zu tief"

Die NZZ kostet am Kiosk ab heute statt Fr. 2.20 plötzlich Fr. 2.50. Wollen Sie so die NZZ am Sonntag quersubventionieren, welche Abonnenten des Stammblatts bis Ende Jahr umsonst erhalten?

(Lacht) Nein, dieser Zusammenhang ist absurd. Bei unserer Preiserhöhung handelt es sich lediglich um eine routinemässige, periodische Anpassung. Einzelverkaufspreise werden ja – im Gegensatz zu den Abonnentspreisen – nicht jährlich an die Teuerung angeglichen. Wissen Sie, am Kiosk ist auch das "Handling" wichtig. Preise wie beispielsweise Fr. 2.35 sind sehr umständlich zum Bezahlen. Darauf müssen wir bei unseren Anpassungen Rücksicht nehmen.

Sie begründen die Preissteigerung in Ihrer Mitteilung an die Leserschaft mit dem Inseraterückgang im vergangenen Jahr. Die Novemberzahlen von Media Focus weisen einen kumulierten Rückgang des Werbevolumens von 2.8 Prozent aus. Ihr Aufschlag beträgt dagegen satte 13 Prozent.

Die Zahl von Media Focus bezieht sich auf den gesamten Werbemarkt. Bei den Tageszeitungen sieht das anders aus. Die NZZ befindet sich mit einem kumulierten Rückgang von 11.4 Prozent leicht unter dem Branchendurchschnitt, der bei rund zwölf Prozent liegt.

Sie geben als weiteren Grund für Ihre Preiserhöhung "höhere Beschaffungs- und Logistikkosten" an. Was bedeutet das?

Gemeint ist die allgemeine Teuerung, die sich in eben diesen Posten niederschlägt. Die sind denn auch der eigentliche Grund für die Hebung der Verkaufspreise. Wobei der grösste Kostenfaktor natürlich die Löhne sind.

Drittens führen Sie an, die redaktionelle Leistung sei gesteigert worden. – Inwiefern?

In den letzten drei Jahren sind der Veranstaltungsführer Ticket sowie zahlreiche Beilagen hinzugekommen, zudem wurde der Börsenteil ausgebaut. Damit erhält der Leser deutlich mehr. Insgesamt besteht in der Schweiz einfach ein Ungleichgewicht zwischen den Erlösen aus Leser- und Inseratemarkt. Die Anzeigen haben ein zu grosses Gewicht, die Zeitung müsste teurer verkauft werden. Im Abonnement kostet eine Ausgabe Fr. 1.20 – dafür kriegen Sie noch nicht mal einen Kaffee. Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt da nicht.

Ob sich das wirtschaftliche Klima sehr bald verbessert, ist derzeit nicht abzusehen. Wann erwartet uns denn die nächste Preiserhöhung?

Preisstrategien sind langfristig angelegt und werden nicht an kurzfristige konjunkturelle Schwankungen angepasst. Zudem ist die Situation bei der NZZ so, dass wir uns auf ein längerfristiges Überwintern einstellen könnten.

Trotzdem: Wo liegt Ihrer Ansicht nach die Schmerzgrenze beim Einzelverkauf? Anders gefragt: Wieviel darf eine NZZ am Kiosk maximal kosten?

Unsere Kioskspreise sind verglichen mit den Abonnementspreisen bereits hoch. Studien zur Preiselastizität im Einzelverkauf haben wir im Gegensatz zum Abonnement noch keine angestellt. Sie müssen sehen, dass der Einzelverkaufsanteil an der Gesamtauflage bei uns lediglich fünf Prozent beträgt.

Den Auslandpreis haben Sie faktisch gesenkt: von vier Mark (€ 2.05) auf € 2. Weshalb?

Da wir im gesamten Euro-Raum mit demselben Einzelverkaufspreis arbeiten wollen, mussten wir uns auf einen Durchschnittspreis festlegen, der in Deutschland zu einer leichten Preisreduktion geführt hat.

Und bei der NZZ am Sonntag? Halten Sie da am Zielpreis von Fr. 3.50 fest (vgl. "persoenlich.com"-Interview vom Oktober: https://www.persoenlich.com/news/show_news.cfm?newsid=12685)?

Ja, der Preis ist weiterhin so vorgesehen. Wir orientieren uns weniger an der fünf Franken teuren Weltwoche, als an der Sonntagspresse.

(Interview: Alain Egli).


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